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HASSFURT: Eisdiele Lazzarin schließt nach fast 60 Jahren

HASSFURT

Eisdiele Lazzarin schließt nach fast 60 Jahren

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    Barbara und Gianni Lazzarin schließen in diesem Herbst ihre Eisdiele in Haßfurt und gehen zurück nach Italien.
    Barbara und Gianni Lazzarin schließen in diesem Herbst ihre Eisdiele in Haßfurt und gehen zurück nach Italien. Foto: Wolfgang Sandler

    Lazzarin ist Kult. Die Eisdiele gehört seit Menschengedenken in Haßfurt zur Innenstadt wie die Waffel zum Eis. Inzwischen sind 56 Jahre seit der Eröffnung vergangen, 57 sollen es aber nicht werden, denn nach beinahe sechs Jahrzehnten wird die Eisdiele Lazzarin in diesem Herbst geschlossen, ein Stück Haßfurter Tradition wird damit enden.

    Es fällt ihnen sichtlich schwer. Gianni Lazzarin und seine Frau Barbara haben den Entschluss gefasst, Haßfurt zu verlassen und zurück nach Italien zu gehen. „Es ist für mich sehr schmerzlich, von hier wegzugehen“, sagt Gianni. Er denkt an viele Freundschaften, die sich in den langen Jahren in der Kreisstadt entwickelt und gefestigt haben. Er war schließlich gerade drei Jahre alt, als er nach Haßfurt kam. „Wir haben uns hier immer wohlgefühlt, wie daheim“, aber es sei nun an der Zeit, etwas anderes zu tun.

    Das Geheimnis von gutem Eis

    „Es muss eine Wende her“, stellt auch Barbara Lazzarin fest. Ihr Mann ist im August 60 Jahre alt geworden. Die Gesundheit hat in den langen Jahren der Arbeit in der Gastronomie gelitten. „Manchmal habe ich 20 Stunden am Tag gearbeitet“, erzählt Gianni. Seine Frau erklärt, warum ihr Ehemann so Schindluder mit seiner Gesundheit getrieben hat. „Er wollte halt alles selber machen.“ Nicht zuletzt wegen des Familienrezeptes für das Eis, das gehütet wird wie die Geheimformel bei Coca Cola.

    „Bei uns wird das Eis noch so gemacht wie vor 50 Jahren.“

    Gianni Lazzarin

    So geheim sei das gar nicht, winkt Gianni ab. Das eigentliche Geheimnis für sein leckeres Eis sei: „Frisches Obst und natürliche Sachen.“ Bei Lazzarin werde das Gelato noch so gemacht wie vor 50 Jahren. „Qualität ist unser Rezept“, verrät er schmunzelnd. Weniger Qualität blieb dagegen für das Privatleben. „Viele Jahre musste ich auf vieles verzichten“, blickt Gianni zurück, „ich habe von der Familie wenig gehabt.“ Die Gastronomie sei eben ein Full-Time-Job. Und seine Frau ergänzt: „Wir haben auch schwere Zeiten gehabt, aber es ist immer weitergegangen.“ Jetzt sei es aber soweit, sich ein bisschen mehr Zeit für sich selbst zu gönnen.

    Familie Lazzarin sucht zur Zeit einen Nachfolger, der das Eiscafé in ihrem Sinne weiterführt.
    Familie Lazzarin sucht zur Zeit einen Nachfolger, der das Eiscafé in ihrem Sinne weiterführt. Foto: Wolfgang Sandler

    Es gibt aber noch andere Gründe, warum die Lazzarins zurück in die Dolomiten gehen. Beide Töchter haben andere Ziele und wollen die Eisdiele nicht übernehmen, Giannis Mutter und Barbaras Eltern sind in Italien und einem fortgeschrittenen Alter. Zudem werde es immer schwieriger, in der Gastronomie Leute zu finden, die von März bis Oktober arbeiten möchten und auf die man sich verlassen kann. Genau wie für seine Stammgäste bricht Gianni hier eine Lanze für seine bisherigen Angestellten, aber es werde eben schwer, hier verlässlichen Nachwuchs zu finden. Dies sei aber nicht sein alleiniges Problem. „Vielen Freunden von mir, die auch eine Eisdiele haben, geht es ähnlich.“

    Zudem falle es traditionellen kleinen Eisdielen schwer, im Konkurrenzkampf gegen die sich ausbreitenden Ketten zu bestehen. Und noch ein Grund hat zum Entschluss, Haßfurt zu verlassen, beigetragen. „Es waren nicht alle Leute zu uns so freundlich wie unsere Gäste und die meisten Haßfurter.“ Tiefer will sich Gianni nicht in die Karten blicken lassen, diejenigen wüssten schon, dass sie ihm das Leben schwer gemacht haben, meint er vielsagend.

    Nach drei Jahren Kult

    Auch der Beginn der Ära Lazzarin in Haßfurt vor 57 Jahren war nicht gleich so vielversprechend. Warum überhaupt Deutschland? Gianni stellt die Frage, um sie gleich zu beantworten. „Damals gab es in den Bergen kaum Arbeit. Tourismus war noch nicht so. Und es gab immer schon eine große Eiskultur.“ Zum Beweis dafür zeigt er auf ein Schwarz-Weiß-Foto, das in der Eisdiele hängt. Es zeigt seinen Vater Graziano mit einem Eiswägelchen, mit dem Lazzarin senior dereinst an der ligurischen Küste seine Leckereien verkaufte.

    Die Eisdiele Lazzarin verfügt in der Unteren Hauptstraße in Haßfurt auch über ein Straßencafé.
    Die Eisdiele Lazzarin verfügt in der Unteren Hauptstraße in Haßfurt auch über ein Straßencafé. Foto: Wolfgang Sandler

    Später leitete Graziano mit Ehefrau Valentina eine große Eisdiele in Konstanz. Dort schien die Zukunft der Familie zu liegen, doch ein anderer schnappte den Job weg und die Familie musste weiter suchen. Freunde aus dem Heimatdorf hatten sich in Schweinfurt niedergelassen und in Erfahrung gebracht, dass in der Haßfurter Hauptstraße ein kleiner Laden, der bereits unter deutscher Ägide als Eisdiele betrieben werde, übernommen werden könnte. Am Anfang seien seine Eltern nicht begeistert gewesen. Das Haßfurt von damals hatte auch nur geringe Ähnlichkeit mit dem Haßfurt von heute, das Leben spielte sich hauptsächlich zwischen den beiden Stadttürmen ab. Die Lazzarins versuchten es dennoch. „Das erste Jahr war nicht so toll“, erinnert sich Gianni, „das zweite war gut, im dritten war die Eisdiele schon zum Treffpunkt in Haßfurt geworden.“

    Seine Eltern seien auch sehr schnell recht beliebt gewesen in der Stadt. Und so habe sich eine inzwischen 57-jährige Liaison daraus entwickelt – die nun endet. „Ich höre hier auf, aber ich höre nicht auf zu arbeiten“, blickt Gianni voraus. Er werde sich nun erst einmal zwei Monate Auszeit gönnen und dann vieles von dem aufarbeiten, wozu er früher nicht kam. Und dann? „Ich habe die Möglichkeit, in Italien etwas Normales zu arbeiten – nicht mehr Vollzeit wie in der Gastronomie.“

    Eine Ära endet: Bald werden sich die Türen der Eisdiele Lazzarin in der Haßfurter Hauptstraße für immer schließen.
    Eine Ära endet: Bald werden sich die Türen der Eisdiele Lazzarin in der Haßfurter Hauptstraße für immer schließen. Foto: Wolfgang Sandler

    Nachfolger gesucht

    Darum werde es wohl auch nicht leicht werden, einen Nachfolger zu finden, „der die Eisdiele so weiterführt, wie wir es gemacht haben, und der unsere Kunden mit der gleiche Qualität verwöhnt“, ist Gianni Lazzarin nicht gerade allerbester Hoffnung. „Aber wir versuchen es“, sagen er und seine Frau Barbara. Die übrigens genauso „vorbelastet“ ist wie er. Ihre Eltern besaßen nämlich ebenfalls eine Eisdiele – allerdings in Krefeld. Kennengelernt haben sie sich deshalb nicht in Deutschland, sondern in Italien. Und dorthin werden sie nun auch zurückkehren. Aber der Abschied von Haßfurt wird nicht endgültig sein. „Wir werden immer wieder hierherkommen, wo wir uns stets wohlgefühlt haben“, verspricht Barbara Lazzarin. Und auch ihre Freunde aus Haßfurt seien stets bei ihnen in den Dolomiten herzlich willkommen.

    An ihrem Entschluss, die Eisdiele Lazzarin in Haßfurt zu schließen werde jedoch nicht mehr gerüttelt. „Ich habe seit 47 Jahren keinen Frühling und keinen Sommer mehr in meiner Heimat erleben dürfen“, sinniert Gianni Lazzarin, immer nur den Winter. Das habe inzwischen fast dazu geführt, dass er keinen Schnee mehr sehen möchte und die Freude am Skifahren trotz wundervoller Skigebiete in der Umgebung fast vollständig verloren hat. Vielleicht wird sie ja zurückkehren, wenn er erst wieder längere Zeit an einem Stück in seiner italienischen Heimat gelebt haben wird.

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