Für die CSU in Unterfranken ist der Ausgang der Wahl zum Europaparlament sehr unbefriedigend. Denn Barbara Becker (Wiesenbronn) hat den Einzug verpasst. „Mit dem Wahlergebnis im Landkreis bin ich zufrieden, aber bayernweit und bundesweit bin ich enttäuscht“, sagte der Kreisvorsitzende Steffen Vogel (MdL) am Sonntagabend. „Eine Stimme für Unterfranken fehlt jetzt“, lautete sein Fazit. „Die SPD hat zugelegt, das liegt wahrscheinlich am deutschen Spitzenkandidaten“, glaubte Vogel. „Die Leute in Deutschland wählen eben lieber einen Deutschen als einen Luxemburger“. Er vergleicht dieses Wahlverhalten auch mit den Erfahrungen im eigenen Heimatlandkreis und dem Ausgang der letzten Landratswahlen: „Da sehen sie ja auch, dass die Maroldsweisacher eher Schneider gewählt haben, die Sander eher Ruß. Die Leute wählen eben lieber jemanden aus ihrer Nähe.“
Auch Landrat Wilhelm Schneider bedauerte die Verluste der CSU, stellte aber auf der anderen Seite fest: „In Deutschland gab es diesmal eine höhere Wahlbeteiligung als bei der letzten Europawahl. Das ist auf jeden Fall positiv für die Demokratie.“ Den Einzug europakritischer oder rechtspopulistischer Parteien wie AfD und NPD bedauert er hingegen: „Jetzt muss sich zeigen, was im Rest von Europa passiert ist.“ Dass Barbara Becker es nicht ins Europaparlament geschafft hat, findet er bedauerlich. „Das ist schlecht für Unterfranken“ sagte er. Bisher saß Anja Weisgerber im EU-Parlament. Barbara Becker hätte ihr dort als unterfränkische CSU-Vertreterin folgen sollen.
Im Gegensatz zu Bundestags- und Landtagswahlen gibt es bei der Europawahl keine Möglichkeit, jemanden als Direktkandidaten ins Parlament zu bringen, was zählt ist allein der Listenplatz. „Es lag nicht an Barbara Beckers persönlichem Wahlkampf“, meinte Schneider. „Und grade für sie ist es jetzt sehr ärgerlich, dass sie nach diesem intensiven Wahlkampf nicht ins Parlament kommt.“ Nun hofft der Landrat auf den Einzug von Monika Hohlmeier, denn dann wäre die fränkische CSU zumindest noch mit einer Oberfränkin in Brüssel vertreten.
Doch es gibt noch eine Unterfränkin im Europaparlament: Kerstin Westphal (Schweinfurt) von der SPD gelang der Wiedereinzug, ihre Partei hat sogar kräftig zugelegt. SPD-Kreisvorsitzender Wolfgang Brühl findet es erfreulich, dass sich seine Partei „wieder stabilisiert hat“ und stellt einen Zusammenhang fest: „Man sieht: Je höher die Wahlbeteiligung ist, desto besser schneidet die SPD ab.“ Er freut sich, dass sich zumindest in Deutschland die europafreundlichen Parteien durchgesetzt haben, wie er sagt. Das schlechte Abschneiden der CSU führt er darauf zurück, dass es von ihr „kein klares Bekenntnis zu Europa“ gegeben habe. Zudem freut er sich darüber, dass die Wahlbeteiligung in Deutschland wieder gestiegen ist. „Negativ finde ich dagegen, dass jetzt schon Parteien mit circa 0,5 Prozent der Stimmen ein Sitz kriegen“, beklagt Brühl, „Das schwächt Deutschland“. Besonders unglücklich ist er darüber, dass nach dem Fall der 3-Prozent-Hürde nun auch die NPD in Brüssel und Straßburg vertreten sein wird. Der „rechte Mob“ sende ein falsches Signal, findet Brühl.
Auch Matthias Lewin von den Grünen ist unzufrieden mit dem guten Abschneiden von europafeindlichen Parteien. „Dass die AfD so gut abgeschnitten hat, finde ich schockierend, auch bei mir zuhause in Knetzgau“, sagte er. Aus seiner Sicht spiegelt der Ausgang der Europawahl auch die letzten Ergebnisse bei Bundestags- und Landtagswahlen wieder. „Die Bedeutung der Wahl war vielen nicht bewusst“, glaubt Lewin. So findet er, die Wahlbeteiligung sei zwar nicht so gering wie befürchtet, aber dennoch zu klein, wenn man bedenke, wie wichtig die Wahl sei.
Besonders enttäuscht über das Abschneiden der eigenen Partei ist man bei den Freien Wählern. Diese blieben im Landkreis unter 5 Prozent, Deutschlandweit kommen sie gerade mal auf 1,6 Prozent.
„Ich habe mehr erwartet. Aber das zeigt, dass die Stärke der Freien Wähler vor allem bei der Kommunalpolitik liegt“, sagte der stellvertretende Landrat Oskar Ebert. Auch zu den Ergebnissen anderer Partei äußert er sich: „Die AfD hat sicher mit ihrem Anti-Europa-Kurs viele Stimmen aus dem rechten Lager geholt. Auch mir gefällt nicht alles an Europa, vieles dort geht sehr schwerfällig. Aber nur dagegen bringt auch nichts!“ Zum sehr guten Wahlergebnis der SPD meint er: „Die SPD hat sicher mit ihrem Spitzenkandidaten gepunktet.“
Peter Klein, der Kreisvorsitzende der Freien Wähler, ist positiv überrascht von der Wahlbeteiligung, findet aber dennoch, es müsste eigentlich mehr sein. „Ich habe ja bei uns selbst mit ausgezählt, da waren es gerade mal 20 Prozent“, klage er. Das schlechte Abschneiden seiner eigenen Partei bezeichnet er als „eine Katastrophe“. „Man sieht eben, dass wir im Rest von Deutschland lange nicht so gut aufgestellt sind, wie in Bayern“, resümiert er.
Dagegen freut er sich, dass es „mit den Rechten nicht ganz so gekommen“ sei, wie befürchtet.