Viele junge Eltern sind im Haßfurter Stadtteil Augsfeld unzufrieden. Der Grund: Im Kindergarten des Ortes gibt es nicht genug Plätze für ihren Nachwuchs. So könnte es passieren, dass sie ihre Kleinen nach Haßfurt bringen müssen. Doch manche junge Familien sehen darin eine Gefahr für die Dorfgemeinschaft.
Zunächst hatten sich die Augsfelder, die für mehr Kindergartenplätze im eigenen Ort kämpfen, darüber gefreut, dass der Haßfurter Stadtrat in der vergangenen Woche nicht im Rathaus tagte, sondern in der Stadthalle – ein Zeichen dafür, dass ein kontroverses Thema für eine große Zahl an Zuhörern sorgen würde. In größerer Zahl saßen sie in der Sitzung im Publikum. Zu ihrer Enttäuschung mussten sie dann aber feststellen, dass zwar das große Thema, die Frage nach einem Museum mit Werken von Herman de Vries in Haßfurt, ausführlich besprochen wurde, ihr eigenes Anliegen aber schnell abgehandelt war. Die Bedarfsplanung für die Kinderbetreuung nahm in der Sitzung nur wenige Minuten ein. Stadtrat Jürgen Kehrlein fragte noch nach, ob es denn keine Möglichkeit eines Anbaus in Augsfeld gebe, Bürgermeister Günther Werner gab zur Antwort, dafür gebe es keinen Platz.
Einige Augsfelder Mütter, die sich dieser Tage mit einem Reporter des Haßfurter Tagblatts trafen, sehen das allerdings anders. Ihrer Ansicht nach gibt es durchaus Möglichkeiten, in Augsfeld weitere Kindergartenplätze zu schaffen. Als Beispiel nennen sie einen großen Spielplatz, der auf städtischem Grund steht und direkt an den Kindergarten angrenzt, lediglich mit einer Mauer dazwischen. Nur auf einem Bruchteil der für einen Spielplatz ohnehin recht großen Fläche stehen Spielgeräte. Der Rest des Platzes, der aus einer weitläufigen Rasenfläche besteht, bleibt weitgehend ungenutzt. Eltern von Augsfelder Kindern sehen demnach die Möglichkeit, den Spielplatz zu verkleinern und dafür einen Container aufzustellen, um den Kindergarten zu vergrößern.
Doch was fänden die Eltern so schlimm daran, wenn sie ihre Kinder nach Haßfurt bringen müssten? Schließlich gibt es in manchen Kommunen auch Ortsteile, die gar keinen Kindergarten haben, so dass alle Kinder in einen anderen Ort gebracht werden müssen. „Unsere Kinder sollen zusammen aufwachsen“, ist die Forderung der Augsfelder Kinder. Dadurch, dass der Ort zwar einen Kindergarten hat, dieser aber zu klein ist, kann es passieren, das Kinder in der gleichen Nachbarschaft aufwachsen, aber in unterschiedliche Kindergärten gehen.
„Ich hatte die Hoffnung, dadurch Anschluss in Augsfeld zu finden“, erzählt Nadja Vollert. Als Zugezogene mit einem kleinen Kind hat sie wenig Möglichkeiten, raus zu gehen und Freundschaft mit den Menschen aus der Nachbarschaft zu schließen. Da wäre die Begegnung mit anderen Paaren, deren Kinder den gleichen Kindergarten besuchen, eine der wenigen Gelegenheiten, Kontakte zu knüpfen.
Ähnlich geht es Daniela Friedrich. Ihr Mann ist Augsfelder, doch sie selbst ist zugezogen. Ihr altes soziales Umfeld lebt rund 45 Kilometer entfernt. „Ich kenne hier niemanden“, sagt sie. Jetzt fürchtet sie, dass sich ihre Hoffnung, über den Kindergarten Kontakt zu anderen jungen Familien zu bekommen, nicht erfüllen könnte. Auch Cornelia Ströhlein ärgert sich: „Vor zwei Jahren haben wir ein Haus nahe dem Kindergarten gekauft“, erzählt sie. „Damals hab ich gedacht, das wäre perfekt.“ Doch nun sieht es so aus, als würde ihr Kind, wie auch viele andere aus dem Ort, keinen Kindergartenplatz bekommen.
25 Kindergartenplätze und zwölf Krippenplätze hat Augsfeld derzeit zu bieten. Mehr Krippenplätze fordern die jungen Mütter nicht – hier würden sie akzeptieren, für einen gewissen Zeitraum ihren Nachwuchs nach Haßfurt bringen zu müssen. Aber sobald es um einen richtigen Kindergartenplatz ist, wäre es den Eltern schon wichtig, im eigenen Ort zu bleiben. Dafür, so berichten sie, wären in Augsfeld etwa doppelt so viele Kindergartenplätze nötig.
Besonders unangenehm ist die Situation auch für Katharina Schäfer. „Das ältere Geschwisterkind ist schon drin“, erzählt sie. Sollte sie nun für ihr zweites Kind keinen Platz in Augsfeld bekommen, müssten sie und ihr Mann ihre beiden Kinder auch noch täglich in unterschiedliche Kindergärten bringen. Und damit ist Familie Schäfer kein Einzelfall. Auch in anderen Fällen könnten Geschwisterkinder am Ende in verschiedenen Kindergärten landen.
Ein Lösungsvorschlag der Stadt wäre, den Kindergarten am Gries weiter zu betreiben. Dieser sollte eigentlich geschlossen werden, doch nun steht im Raum, ihn für die Augsfelder Kinder geöffnet zu lassen. Dafür stünden allerdings einige Arbeiten in dem mittlerweile recht alten Gebäude an. Neben der Heizung müssten auch viele Spielgeräte erneuert werden.
Doch für viele junge Eltern aus Augsfeld ist das keine zufriedenstellende Lösung. „Wir wollen unsere Kinder zusammen haben“, sagen sie. „Wir werden von der Stadt immer wieder vertröstet“, ärgert sich Sabrina Mützel. Ihr Kind ist noch etwas jünger, für sie steht erst im kommenden Jahr die Frage an, ob ihr Kind einen Platz in Augsfeld bekommt. Hoffnung macht sie sich aber kaum.
Dabei habe es bereits mehrere Treffen zwischen Eltern, den Verantwortlichen der Stadt und der Kindergartenleitung gegeben. Bei diesen hatte es verschiedene Lösungsvorschläge zu einer räumlichen Erweiterung in Augsfeld gegen. Neben dem Vorschlag, einen Container auf dem Spielplatzgelände aufzustellen, was nach Angaben der Mütter auch die Kindergartenleitung unterstützen würde, war auch das Pfarrheim als Ausweichlösung im Gespräch. Doch von der Stadt seien sie meistens enttäuscht worden, erzählen die Eltern dem Haßfurter Tagblatt. So sei in Briefen, die sie nach den Treffen von der Verwaltung erhalten haben, oft nur auf das Thema Krippenplätze eingegangen worden. Dabei gehe es den Eltern vor allem um den Kindergarten.
„Ich möchte schon seit einem Jahr wieder arbeiten“, beschwert sich Jessica Ehrentraut. Vorerst war das nicht möglich. Jetzt hat sie für ihr Kind in Haßfurt einen Platz in einer Tagesstätte gefunden, so dass sie zumindest mit einem Jahr Verspätung wieder in den Beruf einsteigen kann. Dass sie nun für ein Jahr ihr Kind in die Kreisstadt bringen muss, ist für sie akzeptabel. „Aber ich wäre schon froh, wenn es danach einen Kindergartenplatz in Augsfeld gäbe.“
So lange einige Augsfelder Kinder Plätze im örtlichen Kindergarten bekommen und andere nicht, sehen die Eltern die Gefahr, dass manche später in eine Außenseiterrolle gedrängt werden, wenn sie später zusammen in eine Schulklasse kommen. Denn dann würde jemand, der nicht schon mit den anderen im Kindergarten war, als Unbekannter in eine bestehende Gruppe eindringen – gerade in diesem Alter oft eine schwierige Situation.
Als weiteres Problem nennen die Mütter im Gespräch mit der Heimatzeitung den Sprit und die Zeit, die es sie kosten würde, ihre Kinder täglich nach Haßfurt zu bringen. Pro Fahrt mag das nicht viel sein, aufs Jahr hochgerechnet hingegen schon. Auch Fahrgemeinschaften ließen sich kaum bilden, da nur wenige Kindersitze gleichzeitig in ein Fahrzeug passen. Das Hauptproblem sehen die Augsfelder allerdings immer noch darin, dass die Dorfgemeinschaft darunter leiden könnte. „Freundschaften werden fürs Leben geknüpft“, sagen die sechs jungen Mütter im Gespräch mit der Heimatzeitung.