Sie ist eine von vier Rosenarten, aus denen Rosenöl gewonnen werden kann. Schon die Römer haben sie angebaut, um Parfum und Rosenessig zu gewinnen. Sie ist die Urmutter für Hunderte andere Rosenarten. Die Wissenschaft kennt sie als "Rosa gallica", ihr weniger schöner deutscher Name ist Essigrose. Sie wächst laut einer Pressemitteilung an vielen Orten auf dem Kasernengelände in Ebern, wo sich auch das Institut für Biodiversitätsinformation (IfBI) befindet.
Wanzen, das sind Insekten. Sie sind weltweit verbreitet, es gibt über 40 000 Arten. Um die 3000 findet man in Europa. Sie leben als Parasiten in menschlichen Betten, wo sie gern deren Blut saugen, eigentlich sind sie aber Pflanzensaftsauger. Von der berüchtigten Bettwanze haben viele schon gehört, die Art "Excentricus planicornis" galt in Deutschland als ausgestorben, bis man sie als eine der mehr als 7000 verschiedenen Arten auf den Panzerfluren in Ebern entdeckte.
Rosi mag am liebsten Essigrosen
Dort verpasste man ihr auch ihren wunderschönen deutschen Namen. Aus Wirtspflanze und Aussehen ergab sich zusammengefasst die "Essigrosen-Dickfühlerweichwanze" – der Einfachheit wegen auch kurz "Rosi" genannt.
Für einige Zeit hatte es so ausgesehen, als ob aus dem Panzerübungsgelände in Ebern ein Eldorado für den Offroad-Motorradsport werden sollte. Klaus Mandery kämpfte lange darum, das zu verhindern. Es gelang ihm, das Gebiet in all seiner Herrlichkeit zu erhalten.
Die Stadt Ebern als Eigentümer gewährt ihm dort die Freiheit, ungehindert Forschung betreiben zu können. 2011 zog das IfBI in die Räume der ehemaligen Kaserne ein. Im selben Jahr entdeckte Mandery die kleine Wanze am Waldsaum. Schritt für Schritt ergaben sich die Voraussetzungen, ein Forschungsprojekt auf den Weg zu bringen und sich beim Bundesprogramm "Biologische Vielfalt" des Bundesamts für Naturschutz zu bewerben.
Uni Würzburg forscht in Ebern mit
Seit 2011 wird in dessen Rahmen die Umsetzung der nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt finanziell gefördert. "Rettet Rosi, Art- und Lebensraumerhaltung: Säume-Vielfalt rund um die Essigrosen-Dickfühlerweichwanze" heißt das Verbundvorhaben, für das Mandery im Februar einen Förderbescheid über 749 744 Euro erhielt.
Mit im Verbund ist die Universität Würzburg. Vor kurzem fand am IfBI die offizielle Eröffnung des Projektes statt. Mandery und Projektmanagerin Carolin Sommer freuten sich, neben Bürgermeister Jürgen Hennemann und einer stattlichen Anzahl von ausgewiesenen Biodiversitätsexperten auch die Würzburger Professoren Jochen Krauß und Thomas Schmitt vom Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie begrüßen zu dürfen.
Krauß forscht über die Ökologie der Lebensgemeinschaften, Schmitt befasst sich mit der chemischen Kommunikation von Insekten und der chemischen Interaktion von Pflanzen und Tieren. Das passt genau für "Rosi" und ihre Essigrose.
Viele Fragen, aber kaum Antworten
Bereits in diesem Jahr entstehen in Ebern zwei Bachelorarbeiten, die sich mit der Erforschung der Lebensweise und mit den Habitat-Ansprüchen der Wanze beschäftigen. Eine Dissertation wird ab dem nächsten Jahr ortsübergreifend die Erfassung der Artenvielfalt im Saum wissenschaftlich begleiten. Das IfBI wird Vorträge und Exkursionen anbieten, die Öffentlichkeitsarbeit leisten und eine Website erstellen, auf der die gewonnenen Ergebnisse mitgeteilt werden.
Denn Fragen gibt es viele, Antworten noch so gut wie keine. Wie findet die Wanze zu ihrer Wirtspflanze, was hat die Wirtin an Proteinen und Zuckern in ihrem Leitungssystem, das genau diesem Tierchen mundet und zum Lebensunterhalt dient? Geht "Rosi" nur nach dem Geruch, der sich am Tag und in der Nacht stark unterscheidet? Könnte sie auch auf andere Rosen hereinfallen und würde dort verhungern und verdursten?
Mandery schätzt den Bestand in Ebern auf maximal 100 Tiere. Entsprechend vorsichtig sollte man sich beim Beobachten und Untersuchen verhalten, um die Population nicht ungewollt zu verringern. Schnell muss es außerdem gehen, denn die Wanze lebt nach dem Schlüpfen nicht viel länger als vier Wochen.
Von 22. bis 24. Mai wird das IfBI "Tage der Saumvielfalt" mit Vorträgen und Seminaren veranstalten, um zu informieren und in der Öffentlichkeit das Verständnis für die Notwendigkeit solcher Forschungsvorhaben zu wecken.

