60 Kilometer fuhr das Tier von Würzburg aus als blinder Passagier im kochend heißen Motorraum des Autos von Reinhold Albrecht mit. Die Fahrt hätte übel für sie ausgehen können, wenn der Fahrer den „Schwarzfahrer“ nicht rechtzeitig bemerkt hätte.
Ohne etwas von dem blinden Passagier zu ahnen, war Albrecht im Würzburger Stadtteil Rottenbauer in seinen Audi gestiegen. „Ich wollte in Haßfurt Steine für unseren Garten holen,“ sagt er. Nach 60 Kilometern fuhr er auf der Autobahn A 70 am Parkplatz „Steinsäcker“ bei Theres (Lkr. Haßberge) ab – und bemerkte: „Aus meinem Motorraum tropfte Flüssigkeit auf den Asphalt“. Beunruhigt öffnete Albrecht die Motorhaube – und entdeckte dann unter Schläuchen, Kabeln und heißem Metall ein ölverschmiertes „Wollknäuel“. Es war das Kätzchen, das verschüchtert – um der Hitze auszuweichen – ängstlich in einer Ecke des Motorraums kauerte.

„Ich dachte zuerst, es sei ein Marder“, sagt er. Es war nicht einfach, das völlig verschreckte Tier aus seinem Versteck zu locken. Der Autofahrer handelte richtig und rief die Polizei an. Dann wagte sich die leicht angesengte Katze doch ins Freie. Die eintreffende Streife der Autobahnpolizei Werneck kümmerte sich bis zum Eintreffen des örtlichen Tierschutzvereines rührend um das verängstigte Tier.
„Die Katze hatte Glück“, freut sich Britta Merkel, die Vorsitzende der Tierinitiative Haßberge. Die Initiative nahm die Katze in ihre Obhut. „Bis auf eine kleine verschmorte Stelle am Köpfchen blieb sie wie durch ein Wunder unversehrt.“ Inzwischen ist das Kätzchen ein kleiner Medienstar, nach dem sich Presse, Funk und Fernsehen erkundigen – und hofft, nach Hause zurückkehren zu können.
„Wir hatten die Katze zuvor schon hier bei uns in der Straße gesehen,“ sagt Reinhold Albrecht im Würzburger Stadtteil Rottenbauer. Dies legt den Schluss nahe, dass sie aus der Umgebung kommt – wenn sie nicht ein herrenloser Straßenstreuner ist. Am Abend zuvor hatte er sein Auto am Haus abgestellt. Auf der Suche nach etwas Wärme war die Katze dann wohl unter die Motorhaube gekrochen.

Reinhold Albrecht hofft, dass sich der Besitzer findet und seine Katze wiederbekommt. Notfalls will er selbst ein paar Bilder von der kleinen Katze aufhängen, um den Besitzer aufmerksam zu machen, sagte er am Karfreitag bei unserem Anruf.
Bei der Tierinitiative hat sich bis Freitagmittag jedenfalls niemand gemeldet, der die kleine Katze wiederhaben wollte. „Wir haben aber zwei Interessenten, die sie nehmen würden,“ sagt die Vorsitzende Britta Merkel. „Und zwar so bald wie möglich.“ Da es an einer Kennzeichnung der Katzendame fehlt, gestaltet sich eine Rückvermittlung leider schwierig.
Dies ist nicht das einzige Tierschicksal, das die Initiative aktuell beschäftigt. Auf dem gleichen Parkplatz „Steinsäcker“ hatte erst am vergangen Sonntag ein Autofahrer bei einer Rast die Tierschutzinitiative Haßberge angerufen. Er hatte auf dem Parkplatz „Steinsäcker“ an der A70 bei Theres einen Hund gefunden, der dort einfach mit einem Strick angebunden zurückgelassen worden war.
„Löffelchen“, wie der Hund kurzerhand getauft wurde, teilt offenbar das Schicksal tausender Tiere die jedes Jahr zu Beginn der Ferienzeiten ausgesetzt werden. „Wer sich ein Tier zulegt, trägt die Verantwortung – auch während der Urlaubszeit“, sagt Britta Merkel von der TI Haßberge. „Tiere sind keine Wegwerfware, die ich „entsorgen“ kann, sobald sie meiner Urlaubsplanung im Weg stehen.“

Das Aussetzen von Tieren ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Ordnungswidrigkeit, die mit bis zu 25.000 Euro bestraft werden kann. Die Tierschutzinitiative Haßberge will Anzeige gegen Unbekannt erstatten und bittet um Mithilfe. Wer kennt den Hund und weiß, wer der Besitzer des Tieres ist? Hinweise ( die auf Wunsch gerne vertraulich behandelt werden ) werden unter der Tel. (0 95 27) 6 07 90 15 entgegen genommen. Merkels Appell: „Bevor Sie einem Tier ein Zuhause geben überlegen Sie bitte genau, ob Sie der Verantwortung gewachsen sind. Ein tierischer Freund ist etwas wunderbares, aber man übernimmt für das Lebewesen eine Sorgfaltspflicht – für viele Jahre und in allen Lebenslagen.“