Vive la France“: Die Leidenschaft für das Nachbarland Frankreich hat Felix Reuther (25) aus Knetzgau für ein Jahr in die französische Hafenstadt Marseille verschlagen. Seine Zeit als Au-pair und den Einsatz als „Volunteer“ bei der Fußball-Europameisterschaft schildert Felix wie folgt:

„Bonjour Frankreich“ hieß es für mich vor knapp einem Jahr. Ich hatte nach meinem Besuch der Realschule Haßfurt eine Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker absolviert, im Anschluss den Bundesfreiwilligendienst beim BRK in Haßfurt geleistet und danach am Bayernkolleg in Schweinfurt mein Abitur nachgeholt. Genau wie viele andere Abiturienten stand ich vor der Frage: „Abitur – und dann“? Ich habe mich für eine Auszeit als Au-pair in einer französischen Familie entschieden. Und da ich Meer und Strand liebe, hatte ich mich für einen Aufenthalt in der Kulturhauptstadt Europas 2013 beworben und wurde auch genommen.
Familienalltag inklusive
Ich ging relativ entspannt an die ganze Sache ran, hatte aber schon sehr bald feststellen müssen: „Drei Kinder in einer französischen Familie mit einer alleinerziehenden Mutter zu „bespaßen“ ist nicht so einfach“: Das Frühstück für die Kinder vorbereiten, sie zur Schule begleiten, nach Schulschluss wieder abholen, am Nachmittag Hausaufgaben überwachen, am Abend das „dîner“ kochen und sie schließlich ins Bett bringen, war alles andere als ein Spaziergang.

Mit den zwei Jungen im Alter von sieben und zehn Jahren sowie dem Mädchen im Alter von acht Jahren die jeweilige Freizeitbeschäftigung organisieren und aufpassen, dass sie sich nicht die Köpfe einschlagen, gehörte bald zu meinem Alltagsritual in der Gastfamilie. Drei Mal in der Woche besuchte ich noch eine Sprachschule um mein Französisch zu verbessern. Es war eine sehr schöne Zeit, in der ich viele internationale Freundschaften geschlossen habe und ein ganz anderes Leben führen konnte als in Deutschland.
Jetzt sind die Tage in Frankreich gezählt, und die Krönung hat bereits am 10. Juni mit dem Beginn der Europameisterschaft begonnen. Dort bin ich als „Volunteer“ im Bereich „Ticketing“ im Einsatz. Mein Arbeitsplatz ist das 67 000 Zuschauer fassende Stade Vélodrome, in dem „Olympique Marseille“ seine Heimspiele in der Ligue 1 austrägt.

Auf der Homepage der UEFA bin ich auf die Tätigkeit als Freiwilliger während der EM aufmerksam geworden, da ich eine Möglichkeit suchte, die vier Gruppenspiele und ein Viertel- sowie Halbfinale kostenlos zu sehen. Nach einem halbstündigen Vorstellungsgespräch im Dezember wurde ich schließlich aus 2500 Bewerbern ausgewählt und bin nun mit 750 anderen „Volunteers“ für den reibungslosen Ablauf der Spiele in Marseille verantwortlich.
Alle Freiwilligen sind in 15 verschiedenen Tätigkeitsgruppen eingeteilt.
Ich bin für den Bereich „Ticketing“ tätig, in dem es verschiedene Aufgaben gibt: Gekleidet im gesponserten Adidas Outfit kontrolliere ich Sitzplätze, drucke Tickets für die Kunden aus, kontrolliere Tickets am Stadioneingang oder zeige den Zuschauern ihre jeweiligen Sitzplätze im Stadion.

„Superbe“ Atmosphäre
Die Atmosphäre während der Spiele ist einfach „superbe“, vor allem wenn die Nationalhymne des jeweiligen Landes gespielt wird.
Lebhaft bleibt die Begegnung England gegen Russland in Erinnerung, bei der es leider in den Tagen zuvor und nach dem Spiel zu teilweise heftigen Ausschreitungen in der Stadt kam. Jetzt, da Deutschland sein Viertelfinalspiel am Samstagabend gewonnen hat, kann ich bei meinem letzten Einsatz in Marseille beim Halbfinale am 7. Juli schon ein bisschen Heimat schnuppern und mit Neuer, Müller und Co. hoffentlich (!) den Finaleinzug feiern.
„Au revoir Marseille“ sage ich mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Ich habe sehr viele interessante Leute in dieser Stadt getroffen und das französische Leben in vollen Zügen genossen. Jetzt freue ich mich aber auch auf meine Familie und Freunde zuhause.“