Angesichts der jüngsten Enthüllungen von Verbrechen aus dem rechtsradikalen Umfeld sei Achtsamkeit in der heutigen Zeit mehr denn je geboten. Dies sagte Hofheims Bürgermeister Wolfgang Borst anlässlich der Enthüllung des Gedenksteines zur Erinnerung an die jüdischen Mitbürger aus Lendershausen.
Bereits am Volkstrauertag habe er darauf hingewiesen, dass Gedenktage nicht nur Tage für die Toten, sondern vor allem für die Lebenden wichtig seien. Dies gelte auch für die Symbolik des Gedenksteines. Gerade die Jüngeren, die die Gräuel des Dritten Reiches nicht persönlich erlebt hätten, solle der Stein zum Nachdenken auffordern. „Wie war es möglich, dass so viel Unmenschlichkeit auch bei uns, in einer ländlichen, homogenen Gesellschaft, stattfinden konnte?“, müsse man sich angesichts des Mahnmals fragen.
Wir alle seien gefordert, so Borst, dass sich die menschenverachtende Sichtweise des Nationalsozialismus nicht mehr wiederholen könne. Dazu bedürfe es Symbolen der Mahnung und Erinnerung, die uns auffordern, Toleranz zu üben und Frieden zu erhalten. Der Gedenkstein in Lendershausen sei ein solch wichtiges Symbol. Es erhalte die Erinnerung an die ehemaligen jüdischen Mitbürger, sei zugleich aber kraftvolles Mahnmal für unsere Verantwortung in der Gegenwart.
Borst sprach seinen Dank an Pfarrer Matthias Westerhoff und Jochen Oppenheimer aus, die die Anregung für den Gedenkstein gegeben hatten. Er dankte auch den Hofheimer Hausärzten, die neben der Stadt Hofheim zur Finanzierung des Steines beigetragen hatten.
Die Stadträte Barbara Goschenhofer und Gerd Scheller verlasen die Inschrift der auf dem Gedenkstein angebrachten Tafel. Darauf wird in kurzen Worten der Geschichte der jüdischen Gemeinde in Lendershausen gedacht. Und es sind die Namen der Juden zu lesen, die durch die Nationalsozialisten ums Leben kamen.
Während seiner Amtszeit in der Evangelischen Kirchengemeinde konnte Pfarrer Westerhoff vom Pfarrhof aus den Ostgiebel der ehemaligen Synagoge sehen. Die Begegnung mit diesem stummen Nachbarn habe ihn zur Spurensuche angeregt, sagte Westerhoff. Der Sohn eines jüdischen Geschäftsmannes aus Hofheim, Jochen Oppenheimer, habe schließlich den Anstoß dazu gegeben, sich um die Aufstellung des Gedenksteines zu bemühen.
Oppenheimer, ein Bruder der in Hofheim lebenden Ester Thomsen, war aus Lissabon angereist. Seine jüdischen Vorfahren stammen aus Aidhausen. Sein Anliegen sei es, dass in allen Gemeinden, in denen Juden gelebt haben, Gedenksteine errichtet werden, sagte er. In Burgpreppach habe er dies bereits auf einem eigenen Grundstück getan. Früher hätten in den fränkischen Dörfern nicht zwei, sondern drei Religionen gelebt. Seit vielen Jahrhunderten hätten die Juden dazugehört, sagte er.
Musikalisch umrahmt wurde die Feierstunde mit konzertanter Klezmermusik, gespielt von Heinrich Goschenhofer (Geige), Fabian Gräfe (Klarinette) und Hermann Gräfe (Gitarre).