Marie Bauer feierte am Freitag in Rügheim ihren 90. Geburtstag. Am 3. Oktober 1924 wurde sie in Schlesien im Ort Liebenau, dem heutigen Lubnów, geboren.
Sie war das vierte von neun Kindern des Waldarbeiters Johann Klyscz und seiner Frau Agnes. Bereits im Alter von 15 Jahren arbeitete die Jubilarin auf landwirtschaftlichen Höfen zunächst in Magdeburg, später dann in Halberstadt. Mit den jüngeren Geschwistern kam die Mutter während des Zweiten Weltkrieges als Flüchtling nach Rügheim. Sobald Marie davon erfuhr, zog auch sie im Jahr 1945 in den Ort. Gleich am zweiten Tag nach ihrer Ankunft fand sie Arbeit in der Küche der Gastwirtschaft Gerner. Dort lernte sie beim Tanz ihren Mann Alfons Bauer kennen. 1949 wurde geheiratet. Die Eheleute betrieben zusammen eine kleine Landwirtschaft; die Söhne Theo und Edgar wurden geboren. Nach der Schließung der Gastwirtschaft Gerner im Jahr 1977, wechselte Marie Bauer in die Küche der Gastwirtschaft Reuther, wo sie fast 40 Jahre lang Essen zubereitete. Auch wenn sie dadurch sonntags meist aus dem Haus war – hungern musste ihr Mann zuhause nicht. „Ich habe ihm immer Essen aus der Gastwirtschaft gebracht“, sagt die rüstige Seniorin. Inzwischen hat auch die Gastwirtschaft Reuther zu – sonst würde Marie Bauer wohl dort immer noch in der Küche stehen. Doch für die langjährige Mitarbeiterin wurden die Töpfe noch einmal hervorgeholt und Marie Bauer und ihre Gäste bekocht.
Für Hobbys, Vereine oder gar Urlaub war keine Zeit, „ich habe immer nur geschafft“, sagt Marie Bauer, „das war ich so gewohnt. Was anderes habe ich ja gar nicht gekannt.“ Zufrieden ist sie trotzdem mit ihrem langen Leben.
Seit ihr Mann 1995 starb, lebt sie allein. Zu ihrem Sohn Edgar nach Kleinsteinach will sie aber vorerst noch nicht ziehen. „Die wollen mich zwar haben“, sagt sie, „aber noch bin ich selbstständig und mache meine Arbeit.“ In Rügheim habe sie viele gute Nachbarn und Bekannte. Auch ihren großen Garten, den sie noch selbst bewirtschaftet, möchte Marie Bauer nicht missen. Und zum „Reuther“ zieht es sie auch noch immer für ein paar Stunden in der Woche – den Grill putzen, auf dem jeden Sonntag die Bratwürste brutzeln. „Da habe ich jemanden zum Unterhalten und erfahre, was los ist.“
Stolz ist die 90-Jährige auf ihre drei Enkel und die drei Urenkel, die alle zur Feier gekommen sind. Auch über die Glückwünsche, die der stellvertretende Bürgermeister Reinhold Giebfried für die Stadt Hofheim überbrachte, und das Ständchen des Posaunenchores Rügheim freute sich die Jubilarin.