Wenn an diesem Freitag in London die Olympischen Sommerspiele eröffnet werden, dann schwingt dabei für einen Hofheimer ganz automatisch eine ganz besondere Erinnerung mit. Hans Först hatte 1972, im Jahr der Olympischen Spiele in München, die Ehre, als 24-Jähriger zusammen mit zwei weiteren Sportkameraden des TV Hofheim das olympische Feuer von Augsfeld nach Haßfurt zu tragen. Auch wenn es nur eineinhalb Kilometer waren, die sich die drei Fackelläufer teilten, war es für sie doch ein einmaliges Erlebnis. „Irgendwie hatte ich das Gefühl, einen Teil zur Olympiade beizutragen“, sagt Hans Först.
Fast genau 40 Jahre ist das jetzt her, doch vergessen hat der 64-jährige Hofheimer diesen Lauf im Morgengrauen nicht. Er wird es wohl auch nicht mehr. Erst im Jahr zuvor hatte der junge Mann damals sein Studium zum Sportlehrer beendet. In seiner Familie war Sport schon immer ein großes Thema gewesen. Seine Eltern und Geschwister waren Athleten. Hans Först selbst war bereits Mitglied beim TV Hofheim, als er noch ein Kind war. Im olympischen Jahr 1972 trainierte er die Leichtathleten des TV und beaufsichtigte das Kinderturnen. Da war es für ihn ganz klar, dass er bereit war, die Fackel mit dem olympischen Feuer mit zu tragen. Solch eine Chance bietet sich einem nur einmal.
Von München nach Kiel
Die XX. Olympischen Sommerspiele in München begannen am 26. August 1972 und endeten am 11. September. Am Tag der Eröffnung kam das Feuer, das Ende Juli 1972 in Olympia in Griechenland entzündet worden war, im Münchner Olympiastadion an. Durch acht Länder, 5532 Kilometer weit war es getragen worden. Doch damit war die Reise des olympischen Feuers noch nicht zu Ende. Denn neben München gab es 1972 weitere olympische Wettkampfstätten in Deutschland, an denen ebenfalls das olympische Feuer brennen sollte: neben Nürnberg und Augsburg auch die Stadt Kiel. Dort fanden die Segelwettbewerbe statt. Am 28. August traf das olympische Feuer in Kiel-Schilksee ein. Der Abschnitt des Fackellaufs zwischen Augsfeld und Haßfurt war ein Teil dieses Fackellaufs von München nach Kiel.
Die Hofheimer Hans Först, dessen (verstorbener) Bruder Anton Först sowie Steffen Brendel zählten zu den 5917 Fackelträgern, die für die Olympischen Spiele 1972 unterwegs waren. Sie waren frühmorgens dran, berichtet Hans Först. „Um 4.30 Uhr kam das Feuer aus Richtung Zeil in Augsfeld an.“ Dann trugen die drei Hofheimer das Feuer sofort weiter Richtung Haßfurt. Ihre Fackel, die abwechselnd in den Händen hielten, hatten sie bereits zuvor erhalten. „Es gab einen Begleitwagen, der vorausfuhr und die Fackeln austeilte“, erinnert sich Hans Först.
6700 Exemplare der olympischen Fackel hatte die Firma Krupp aus Edelstahl gefertigt. Die Läuferteams, die auf den Teilstrecken unterwegs waren, durften die Fackeln behalten, ebenso das Shirt, das jeder Fackelläufer anhatte. Die Fackel, die die TV-Läufer aus Hofheim trugen, ist im Besitz der Familie Först geblieben, sagt Hans Först und zeigt sie. Sie sieht aus, als wäre sie erst gestern im Einsatz gewesen. Mattsilbern glänzt das Metall. 75 Zentimeter misst die Fackel laut Hersteller und wiegt 1,35 Kilogramm. Auf der oberen Abdeckschale sind das Spiralemblem sowie die Olympischen Ringe eingraviert. Auf dem Handrohr steht in Gravurschrift: „München 1972 Spiele der XX. Olympiade.“ Am oberen Ende der Fackel sind noch die Spuren zu sehen, die das Feuer vor 40 Jahren auf dem Metall hinterlassen hat.
Delegation des TV Hofheim
Während des Fackellaufs 1972 befand sich im Handrohr eine Gaskartusche, erklärt Hans Först. Sie speiste die Flamme, die entlang der Wegstrecke jeweils von einer Fackel zur nächsten übergeben wurde – von Olympia bis zu den Wettkampfstätten in Deutschland. Am Ortsschild von Haßfurt, das damals auf Höhe des heutigen BMW-Autohauses in der Zeiler Straße stand, warteten die drei Läufer, die die Flamme übernahmen, schildert Hans Först. Zuschauer habe es am Wegrand keine gegeben, dazu war es wohl zu früh am Tag. Doch als sie in Augsfeld losgelaufen sind, da hätten schon ein paar Dorfbewohner dabeigestanden. Zudem war eine kleine Delegation aus Hofheim, hauptsächlich vom TV, mitgereist.
Die Olympischen Spiele waren für Hans Först auch vor diesem Ereignis von Interesse – schon allein, weil er selbst passionierter Sportler war. Doch seit 1972 betrachtet er die Wettkämpfe nochmals mit anderen Augen, bestätigt er. Soweit es ihre Zeit erlaubt, schauen er und seine Frau Elisabeth die alle vier Jahre ausgetragenen Disziplinen, vor allem Leichtathletik und Volleyball, was Hans Först selbst spielt, an – im Fernsehen. Live vor Ort waren sie noch nicht. „Damals dabei gewesen zu sein – das war's“, sagt Hans Först rückblickend, ganz im Sinne des olympischen Gedankens.
ONLINE-TIPP
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