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"Ohne die hätte ich es nie geschafft"

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"Ohne die hätte ich es nie geschafft"

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    Harry Müller sucht die Selbstständigkeit, hat aber keinen Meistertitel. Theoretisch stellt dies seit letztem Jahr kein Problem mehr dar, doch praktisch
hatte er einige hohe Hürden zu überwinden. Das Landratsamt half ihm dabei.
    Harry Müller sucht die Selbstständigkeit, hat aber keinen Meistertitel. Theoretisch stellt dies seit letztem Jahr kein Problem mehr dar, doch praktisch hatte er einige hohe Hürden zu überwinden. Das Landratsamt half ihm dabei. Foto: FOTO BENJAMIN MARX

    "Man weiß ja nicht, wie das mit dem Baugewerbe weitergeht", sagt Harry Müller aus Knetzgau. Seit mehr als zehn Jahren arbeitet er auf dem Bau, unter anderem als Vorarbeiter beim Bau der Mainbrücke bei Limbach, verantwortlich für rund 20 Arbeiter. Schon lange, bevor seine Firma Insolvenz anmeldete, war er skeptisch. Öffentliche Aufträge wurden selten, oft war er "auf Montage", zum Beispiel in Braunschweig. Weit weg von zu Hause.

    "Da hatte ich mir ein großes Haus gebaut und unter der Woche war ich dann doch nur im Container und meine Freundin war alleine", erzählt er. So reifte in ihm der Entschluss, sich ein eigenes Standbein zu schaffen. Der gelernte Gerüstbauer beantragte eine Ausnahmegenehmigung. Bei einem Eignungstest musste er beweisen, dass er über dieselben Kenntnisse verfügte wie ein Gerüstbau-Meister.

    Mit dieser Genehmigung begann er, seinen Traum in die Tat umzusetzen. Während der letzten fünf Jahre baute er seinen "Gerüst- und Schalungsverleih" auf und aus. Jeder Cent Gewinn wanderte sofort in neue Investitionen. Unter der Woche arbeitete er auf dem Bau, am Samstag kümmerte er sich um sein eigenes Unternehmen. Mit Erfolg. Jetzt hat er in Zeil ein 2000 Quadratmeter großes Grundstück gekauft, auf dem bis August eine Halle für sein Unternehmen entstehen wird.

    Der Haken an der Sache: "Zum Auskommen reicht der Gerüstbau nicht. Die Aufträge schwanken saisonal und man hat auch nur an einigen Tagen in der Woche zu tun", sagt Müller. Also stand fest: Ohne zusätzliche Dienstleistungen würde er sich nie ganz selbstständig machen können.

    Auf der Suche nach einer Lösung für sein Problem besuchte er ein Existenzgründer-Seminar des Landratsamtes Haßberge, das Helmut Hey leitete. "Die beste Entscheidung meines Lebens", kommentiert Müller. Er erkundigte sich bei der Handwerkskammer, ob er auch Maurer- und Betonarbeiten anbieten dürfe. Denn in diesem Zweig arbeitet er für seine Firma schließlich bereits seit über zehn Jahren. Die ersten Auskünfte bei der Handwerkskammer gaben ihm Auftrieb. "Es hieß, ich bräuchte da jetzt keinen Meistertitel mehr, sondern müsste nur nachweisen, dass ich ausreichend Erfahrung auf dem Gebiet habe", sagte er. Für ihn kein Problem.

    Sein Arbeitgeber bescheinigte ihm nicht nur, dass er viele Jahre Berufserfahrung hat und seit seiner Lehre auf dem Bau die Maurer- und Betonarbeiten ausführt, sondern auch, dass er als Vorarbeiter eine leitende Funktion innehat und dass er aufgrund dieser Funktion auch mit den betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Belangen vertraut ist.

    "Der Sachbearbeiter hat mir gegenüber gemeint, er geht davon aus, dass es mit diesen Bestätigungen kein Problem ist", so Müller. Doch da täuschte er sich. Sein Antrag wurde von der Handwerkskammer dann doch abgelehnt. Begründung: Unter "leitender Funktion" sei zu verstehen, dass er eine Filiale seiner Firma gegründet oder geschlossen habe, hieß es.

    "Das ist ein Witz", ärgerte sich Müller über den Bescheid. "Ich arbeite für einen großen Konzern, da kann ich doch keine Entscheidungen über Filialen treffen, das macht die Geschäftsführung und die werden das ja keinen Vorarbeiter entscheiden lassen."

    Er sprach mit der Handwerkskammer und man bot ihm einen Kompromiss an. Er sollte einige Seminare belegen, um Kenntnisse - ähnlich denen eines Meisters - zu erwerben, dann könne man seinen Antrag genehmigen. Aber: Zum einen waren mit den Seminaren hohe Kosten verbunden, zum anderen hätte Müller seinen Gerüstbau ruhen lassen müssen, um ein Jahr lang an den Samstagen die geforderten Seminare machen zu können. Für seinen noch jungen Teilzeit-Betrieb hätte eine so lange Pause das Aus bedeuten können.

    Müller ging im Landratsamt zu Helmut Hey und fragte ihn um Rat. "Er setzte sich sofort für mich ein, telefonierte bis hinauf zur Regierung von Unterfranken", lobt Müller den für ihn überraschenden Einsatz des Landratsamtes. "Generell ist es in Ordnung, wenn es hohe Anforderungen gibt", sagt Müller. "Ich würde ja auch wollen, dass mein Haus jemand baut, der Ahnung hat, aber ich hatte ja alle Nachweise vorliegen."

    Durch den Einsatz des Landratsamtes wurde er von der Regierung von Unterfranken in Würzburg gehört. "Die haben meine Unterlagen und meinen Fall geprüft und schließlich zugesagt, meinen Antrag zu genehmigen", sagt Müller. Einzige Voraussetzung: Zuvor muss er zwei Rechts-Seminare zur Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen bei der Handwerkskammer absolvieren. Dann steht seinem Wunsch, zusätzlich noch Maurer- und Betonarbeiten anzubieten, künftig nichts mehr im Wege.

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