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HASSFURT: Prominenz in der Provinz

HASSFURT

Prominenz in der Provinz

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    Kurz vor 16 Uhr: Beim Gang durch Haßfurt weist nichts auf den Besuch eines Ministerpräsidenten hin – lediglich vereinzelte Schilder rund um das Alte Rathaus kündigen den Auftritt von Roland Koch an. „Eins, zwei, drei, Test“, hört man eine Stimme über die Boxen, die am Marktplatz aufgestellt sind – ein CSU-Mitglied bemüht sich, den richtigen Klang des Mikrofons einzustellen. Unterdessen sind ein paar junge Unionskollegen damit beschäftigt, einen Infostand und eine Hüpfburg für die Kinder aufzubauen.

    Der Besucherandrang hält sich in Grenzen, lediglich ein paar Gäste des Imbissstandes am Marktplatz beobachten das Geschehen – die meisten Haßfurter schlendern schlichtweg am CSU-Stand vorbei. In der Stadt ist von Aufregung nichts zu spüren, auch über die etwa ein halbes Dutzend Polizeibeamten wundert sich niemand. „Ich wusste nicht einmal, dass Roland Koch heute kommt“, gesteht eine 45-jährige Familienmutter, „ich bin nur zufällig hier, weil die Kindern mit den Füßen im Wasserbassin am Marktplatz plätschern wollten.“ Sie will aber auch nicht bis zur Ankunft des hessischen Ministerpräsidenten bleiben.

    16.30 Uhr: Aus dem Inneren des Rathauses klingen vertraute Klänge – die Schülerband „Foobar“ spielt sich ein und covert gerade „Maria“ von Santana. „Wir haben schon öfter bei CSU-Anlässen gespielt und wurden auch dieses Mal gefragt“, erklärt ein Bandmitglied. „Einfach so, nicht weil wir der Partei nahe stehen.“

    Am Eingang zum Alten Rathaus stehen mittlerweile ein paar Polizeibeamte und zwei Security-Posten – die Haßfurter allerdings interessieren sich mehr für die Eisdielen in der Altstadt als für den Ministerpräsidenten. „Hallo, hallo, hört man mich draußen auch?“, plärrt es aus dem Mikrofon – die richtige Lautstärke des Mikrofons bereitet noch Schwierigkeiten. Den wenigen Kindern in der Hüpfburg ist das völlig egal, sie haben ihren Spaß. Der wichtig aussehende Security am Eingang durchsucht derweil die Taschen aller Besucher, die einen Blick ins Alte Rathaus werfen wollen. Der Saal, der etwa 130 Bürgern Platz bietet, ist aber noch wie ausgestorben.

    17 Uhr: In einer halben Stunde soll Roland Koch seinen großen Auftritt haben, doch von Anspannung ist selbst bei den Sicherheitsbeamten nichts zu spüren. „Bitte die Tomaten und die faulen Eier aus den Taschen nehmen“, flachst ein Angestellter mit den größtenteils älteren Herrschaften, die das Alte Rathaus ganz allmählich füllen. „Mein Messer hab ich heute zum Glück zu Hause gelassen“, antwortet ein Rentner keck.

    Mittlerweile ist auch Steffen Vogel, der CSU-Listenkandidat, eingetroffen – seinem Engagement ist der hohe Besuch zu verdanken. Wie auch Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär trägt er einen schicken Nadelstreifenanzug und begrüßt jedes Mitglied am Eingang persönlich.

    Unterdessen macht sich eine ältere Dame der Frauen-Union beliebt und verteilt fleißig Eis. Anspannung ist auch jetzt niemandem anzumerken. „Bei uns geht es immer so locker zu“, verrät Petra Lettang, die Leiterin des Kulturamtes Haßfurt, „und Roland Koch ist ja ein Medienprofi, der weiß wie der Hase läuft.“

    17.35 Uhr: Der Medienprofi lässt sich durch den CSU-Ortsvorsitzenden Wolfgang Hömer entschuldigen – er wird „etwas später“ eintreffen. Die Blaskapelle, die sich seit ein paar Minuten vor dem Alten Rathaus die Luft aus den Lungen presst, hat somit noch ein wenig Vorbereitungszeit und die Schülerband „Foobar“ die Chance, sich einem größeren Publikum vorzustellen – der Saal ist mittlerweile zu drei Vierteln gefüllt.

    Die Band gibt alles, spielt aktuelle Popsongs und Klassiker wie „Son of a preacher man“, um den Senioren einzuheizen – vergebene Liebesmüh': Die Rentner bleiben stoisch und das Klatschen setzt spät ein. Vor der Tür spielt die Blaskapelle munter und die Leute holen sich Getränkenachschub: „Man weiß ja nicht, wie lange der Alte noch braucht“, sagt eine gereizte Dame, die die Musik der Schülerband als „Lärm“ empfindet – es läuft das richtige Konzert für die falschen Leute.

    18.06 Uhr: Wolfgang Hömer tritt erneut vors Mikrofon und kündigt den Auftritt von Roland Koch an: „In ein paar Minuten geht es jetzt wirklich los.“ Und tatsächlich, wenig später trifft das Auto des Ministerpräsidenten am Alten Rathaus ein. Profihaft gibt er noch kurze Statements für Hörfunk und Fernsehen, dann begleiten ihn Bodyguards ins Gebäude – beklatscht vom Haßfurter Publikum.

    Um kurz vor halb sieben beginnt Koch mit seiner Rede. Unterbrochen nur von gelegentlichem Beifall, wenn er erzählt, dass „ein starkes Bayern nur unter Führung einer starken CSU möglich ist“. Nach über einer Stunde verlässt der Starpolitiker die Haßfurter Provinzbühne wieder – unter starkem, wenn auch nicht überschwänglichem Jubel.

    Anschließend das übliche Prozedere: Geschenkübergabe, Dank und Eintrag ins Goldene Buch der Stadt. Und nachdem auch Steffen Vogel auf seine Kosten kam, indem er am Mikrofon scherzhaft „vom zweitschönsten Bundesland – also Hessen“ und „den etwa 700 Besuchern“ sprach, löste sich die Veranstaltung um zirka 19.45 Uhr langsam auf und die 150 Senioren gingen ihre Wege. 

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