Dienstag, dritter September, 11 Uhr: "Wie schön, dass Du geboren bist", sang inbrünstig eine Gratulantenschar in Haßfurt. Herbert Mittelhäuser, gemütlich auf der Hollywoodbank schaukelnd, erwiderte im Solo: "Wie schön, dass ich geboren bin, ich danke meinem Hergott, für die hundert Jahr". Es war schon außergewöhnlich, was der Zweite Landrat des Landkreises Haßberge Michael Ziegler und Haßfurts erster Bürgermeister Günther Werner hier erlebten.
So außergewöhnlich wie die Lebensumstände des Jubilars: Mittelhäuser wohnt alleine in seiner Wohnung, filtert sich des Morgens seinen Kaffee, fährt mit dem Elektrogefährt in die Innenstadt und überlegt, was er sich zu Mittag warm macht. Freiheit genießen und doch hervorragend behütet sein. Dieses Glück ist Mittelhäuser hold. Er weiß es zu schätzen, dankt für die Fürsorge seiner Verwandten mit Humor, Schlagfertigkeit und großer Energie.
All dies hat er auch gebraucht in seinem Leben. In Hamburg geboren, führten ihn Kriegsereignisse in den Sailershäuser Wald, wo er von amerikanischen Panzern beschossen wurde. Sein linker Arm musste amputiert werden. Haßfurt wurde sein Zuhause. Erst recht, als er die Witwe Gretel Ganzinger kennenlernte. Mit der Mutter zweier Kinder trat Mittelhäuser 1946 vor den Traualtar, ein Jahr später erblickte Tochter Ursel das Licht der Welt. Leider musste er seine Frau schon nach 25 Ehejahren zu Grabe tragen. 1972 läuteten zum zweiten Mal die Hochzeitsglocken, er ehelichte Barbara Schaffer, eine Witwe mit Sohn.
Ein Signal für "Mir geht's gut"
Ein eigener Garten auf der Amonshöh, mit selbst ausgehobenem Teich wurde ihr zweites Zuhause. Viele Tiere hielten sie dort. Später dann wurde Barbara bettlägerig, Herbert übernahm Tag und Nacht die Pflege. Über viele Jahre hinweg, bis auch sie vor sieben Jahren verstarb.
Seitdem lebt er alleine, aber wohlbehütet in seiner Wohnung. Um sieben Uhr läßt er das Telefon zweimal läuten, das Signal für "Mir geht es gut." Mehrmals täglich schaut die Nichte Christa vorbei, zweimal wöchentlich telefoniert er mit seiner Tochter, die in Clarksville/Tennessee wohnt und regelmäßig mit ihrem Mann zur Geburtstagsfeier in ihre alte Heimat zurückkehrt.
Noch in Hamburg wohnend absolvierte er eine Ausbildung als Kaufmann, arbeitete nach dem Krieg zunächst beim Landratsamt Haßfurt und wechselte 1951 zu Kugel Fischer nach Schweinfurt. Dort blieb er bis zur Verrentung 1983. Er war Mitbegründer des VdK in Haßfurt, sang im Gesangsverein Frohsinn Tenor und war rund 40 Jahre lang Manager und Übungsleiter des Versehrtensportvereins Haßfurt. Einer seiner größten Wünsche zum Geburtstag wurde um 18 Uhr erfüllt: Der evangelische Posaunenchor spielte mehrere Lieder, Auftakt zu einem gemütlichen Abendplausch in trauter Runde.

