Diese Äußerung von Landrätin Pauli kann der angeblich belauschte Sebastian von Rotenhan allerdings nicht nachvollziehen. In einem Gespräch mit dieser Zeitung betonte der CSU-Abgeordnete aus Rentweinsdorf am Donnerstag erneut, dass er "zu 100 Prozent nicht ausspioniert" worden sei. Warum Pauli solche Informationen verbreite, könne er nicht nachvollziehen.
Zugleich geht von Rotenhan zu Pauli auf Distanz. Er sei mit ihr zwar einig in der Forderung, dass "wir einen neuen Ministerpräsidenten brauchen". Es sei mit Händen zu greifen, wie Stoibers Ansehen von Tag zu Tag schwinde, sagte Sebastian von Rotenhan. Es sei an der Zeit, dass der Ministerpräsident endlich erkläre, er höre auf und verzichte auf seine Spitzenkandidatur bei der nächsten Landtagswahl im Jahr 2008. Allerdings würde er nie diesen Weg beschreiten, den Pauli in den vergangenen Tagen gegangen sei.
Nichts hält von Rotenhan auch von der Forderung Paulis nach einer Mitgliederbefragung innerhalb der CSU. Eine solche Urwahl sei in der Satzung der Partei überhaupt nicht vorgesehen. Daher müsste erst eine Satzungsänderung herbeigeführt werden, erklärte von Rotenhan. Er persönlich sei aber strikt gegen Schnellschüsse gerade bei Satzungsänderungen. Wenn eine Partei ihre Satzung ändere, dann sollte dies ein langsam gewachsener Prozess und nicht aus einem kurzfristigen Aktionismus entwachsen sein.
Landrat Rudolf Handwerker, der dieser Tage in der "Süddeutschen Zeitung" als einer der angeblichen CSU-Rebellen aus dem Norden ausgerufen worden war, wiederholte am Donnerstag seine ablehnende Haltung gegenüber einer Mitgliederbefragung. Er sehe derzeit keinen anderen geeigneten Kandidaten in der CSU außer Edmund Stoiber. "Stoiber ist in der derzeitigen Personalsituation der beste Mann", sagte Handwerker. Im übrigen sei er grundsätzlich gegen eine Urwahl, wobei er die Meinung von Franz-Josef Strauß teile, der einmal gesagt habe "vox populi, vox rindvieh". Überhaupt verstehe er die "überzogene Aufregung" um die Kandidatur Stoibers nicht. Innerhalb der CSU sei keine Unruhe zu spüren, dies sei eher von außen hereingetragen.
Auch der andere CSU-Landtagsabgeordnete aus dem Stimmkreis Haßberge Rhön-Grabfeld, Bernd Weiß, spricht sich bei der Frage, wer die bayerischen Christsozialen als Spitzenkandidat in die nächste Landtagswahl führen soll, strikt gegen eine Mitgliederbefragung aus. "Davon halte ich überhaupt nichts", sagte MdL Bernd Weiß dieser Zeitung. Eine derartige Befragung sei allenfalls sinnvoll, "wenn es darum geht, zwischen zwei Kandidaten auszuwählen". Dies sei aber nicht der Fall. Denn: "Es gibt keinen anderen Kandidaten", sagte der Parlamentarier aus dem Mellrichstädter Stadtteil Bahra.
Im Gegensatz zu Rudolf Handwerker hat sich der Rhön-Grabfeld-Landrat Thomas Habermann hingegen für eine Mitgliederbefragung ausgesprochen. Anlass für einen Konflikt zwischen Weiß und Habermann böten die unterschiedlichen Meinungen in der Frage jedoch nicht, wollte Bernd Weiß gleich möglichen Spekulationen in diese Richtung vorbeugen. "Das bringt uns nicht auseinander", sagte der 38-Jährige. Das Pikante: Weiß ist Kreisvorsitzender der CSU in Rhön-Grabfeld und Landrat Habermann sein Stellvertreter.
Ausgelöst hatten die Debatte Paulis Spitzelvorwürfe gegen den inzwischen zurückgetretenen Büroleiter von Ministerpräsident Edmund Stoiber in der Staatskanzlei, Michael Höhenberger. Er soll versucht haben, das Privatleben der als Stoiber-Kritikerin geltenden Landrätin auszuspionieren. "Das geht so nicht", kritisierte Weiß das Vorgehen von Höhenberger. Andererseits könne die Landrätin Pauli jetzt aber auch nicht "die Verfolgte spielen".
Neben Landrat Thomas Habermann unterstützen - wie berichtet - weitere unterfränkische Kommunal- und Landespolitiker Paulis Forderung nach einer Mitgliederbefragung. Bernd Weiß hält dies aber nur für "einzelne Stimmen".