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LIMBACH: "So klingen die Haßberge" (5): Steine leben und klingen

LIMBACH

"So klingen die Haßberge" (5): Steine leben und klingen

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    Mit Wasser und flachen Händen bringt Michael Scholl die Steine zum Schwingen und erzeugt ganz besondere Klänge.
    Mit Wasser und flachen Händen bringt Michael Scholl die Steine zum Schwingen und erzeugt ganz besondere Klänge. Foto: Sabine Weinbeer

    Man befreit etwas, das sonst nicht hörbar ist. Man erfährt, dass selbst ein Stein beseelt ist“, so umschreibt Michael Scholl die Begegnung mit dem Klangstein. Der Bildhauer aus Limbach gestaltet regelmäßig Klangstein-Konzerte zusammen mit befreundeten Musikerinnen und Musikern und neuerdings werden seine Klangsteine auch therapeutisch eingesetzt. Wir trafen uns mit ihm zum Gespräch in Limbach.

    1994 lernte Michael Scholl die Klangsteine von Elmar Daucher (geb. 1932 in Neuenburg am Rhein, verstorben 1989), kennen. Er war von Beginn an fasziniert und „seitdem entwickle ich meine eigenen Steine und versuche, neue Klangebenen zu entwickeln.“ Dass ein Stein lebendiges Material ist und einen Klang hat, das ist für einen Steinmetz oder Bildhauer nichts Neues, die Klangprobe gehört zur Qualitätsprüfung. Doch Klangsteine, das ist eine ganz besondere Faszination.

    Faszination und Ruhe

    Michael Scholl in seinem Garten. Zwischen Wohnhaus und Atelier stehen die Klangsteine und warten auf ihren nächsten Einsatz.
    Michael Scholl in seinem Garten. Zwischen Wohnhaus und Atelier stehen die Klangsteine und warten auf ihren nächsten Einsatz. Foto: Sabine Weinbeer

    Aus den ersten Experimenten entwickelte sich mit der Hilfe von H.P. Beck ein musikalisches Projekt, das immer neue Musiker zu Michael Scholl und in das Projekt „Mutterklang“ führt. Angelika Eirich ist ein Multitalent, sie spielt verschiedene Instrumente, die hervorragend mit den Klangsteinen harmonieren, gesanglich ergänzt sie sich ideal mit Sonja Wißmüller und beide Frauen haben ebenfalls das Gespür für die Klangsteine. „Angelika kann als Musikerin unsere Konzerte auch auf Papier bringen“, erklärt Michael Scholl, allerdings sind die Klangsteine nicht in Notenschlüssel zu fassen. Deren Klänge sind immer improvisiert. Das restliche Konzert baut sich darum herum.

    Ein sehr tiefes Erleben

    Von dieser Art zu musizieren ließ sich jüngst auch Cellist Michael Gross anstecken, und wieder gelang ein Experiment. Die Musiker selbst erleben, wie die Klangsteine sie faszinieren, zur Ruhe bringen: Aus einem Hauch wird ein Ton, wellenförmig schwillt er an und ab, breitet sich immer weiter aus, bis der Klang den Boden vibrieren lässt und auch körperlich spürbar wird. „Das ist ein sehr tiefes Erleben“, erklärt Michael Scholl, vor allem wenn er einen neuen Stein entwickelt hat, er vom Schneiden kommt und erstmals zum Klingen gebracht wird. Sie alle sind aus Basalt und doch ist jeder anders.

    Pilotprojekt im AWO-Seniorenheim

    An den therapeutischen Ansatz hat sich Michael Scholl langsam herangetastet. Es gab da einige Schlüsselerlebnisse. „Man weiß ja, dass Musik Menschen noch erreicht, auch wenn sie beispielsweise nach einem Schlaganfall sprachlos sind“. Einen Musiker habe er kennengelernt, der immer mal einen Klangstein spielen wollte. Ein schweres Krebsleiden verhinderte das, doch kurz vor seinem Tod ermöglichte es Michael Scholl, dass er doch noch einen Klangstein erleben konnte. „Diesen Blick vergesse ich nie“, erinnert er sich – und die Witwe hat den Bildhauer beauftragt, einen Klangstein als Grabmal zu gestalten. Auch auf Elmar Dauchers letzter Ruhestätte steht ein Klangstein.

    Im AWO-Seniorenheim in Oberhaid läuft nun ein Pilotprojekt der Klangstein-Therapie. „Den Klangstein zu spielen, hat viele therapeutische Facetten: Man sitzt sich gegenüber, spürt die Vibration, die Durchblutung wird angeregt, das ist durchaus auch anstrengend, man konzentriert sich“, so Michael Scholl. Derzeit entwickelt er neue Therapiesteine, denn sie müssen besondere Anforderungen erfüllen, dürfen nicht so schwer sein, um sie besser transportieren zu können, Rollstuhlfahrer müssen sie unterfahren können.

    Auch seine „Mutterklang“-Kollegin Angelika Eirich setzt Klangsteine wie auch Klangschalen etwa für Massagen ein.

    Dieser Klicker aus Jura-Marmor wollte nicht klingen, und so ist er jetzt Dekorationsobjekt im Garten.
    Dieser Klicker aus Jura-Marmor wollte nicht klingen, und so ist er jetzt Dekorationsobjekt im Garten. Foto: Fotos: Sabine Weinbeer

    Auch das „Erfahrungsfeld der Sinne“ in Nürnberg hat mittlerweile Klangsteine. Und dennoch bleiben sie für Michael Scholl ein Hobby, kein wirtschaftliches Standbein. Das Projekt „Mutterklang“ hat sich verselbstständigt, „das war so eigentlich nicht geplant, aber es macht große Freude“. Eigene Lieder haben sie zu ihrer besonderen Musik geschrieben – und das Cello war ein lang gehegter Wunsch von Michael Scholl. „Aber es hat gedauert, einen klassischen Musiker zu finden, der sich auf ein solches Experiment einlässt.“

    Das bestätigte auch Michael Gross nach dem ersten Konzert in Limbach. Eine ganz neue Art des Musizierens sei das gewesen, außer seinem Solostück, das nach Noten gespielt wurde – aber er ist angesteckt und wird auch beim nächsten Konzert dabei sein. Das findet wieder in einem der schönsten Räume statt, in dem „Mutterklang“ bisher gespielt haben: in der Klosterkirche Mariaburghausen, am 25. Juni, um 18 Uhr. „Diesmal müssen sich die Zuhörer anmelden, denn wenn der Raum zu voll wird, dann klingt er nicht mehr“, erinnert er sich. Über Eintrittskarten kann man das nicht regeln, denn ein fester Eintritt wird nicht erhoben.

    Dass Steine klingen, das sei eine uralte Erkenntnis, erklärt der Bildhauer, „aber sie mit Wasser zu reiben und zum Schwingen zu bringen, das hat Elmar Daucher entwickelt“. Am Mozarteum in Salzburg gebe es ebenfalls Projekte. „Aber ich bin kein Musiker, alles, was ich hier mache, ist ein Experiment“, sagt Michael Scholl und man merkt, dass er sich dabei wohl fühlt.

    Einen Eindruck vom Klangstein vermittelt dieses Video.

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