Mensch, war das früher spannend! Gemeinsam wurden damals im Herbst Holzleisten und Papier ausgesucht, Mehlpampe oder Kleister angerührt und in der warmen Stube mit viel Fantasie und mit noch mehr Enthusiasmus Drachen gebastelt. Die Kinder konnten es kaum erwarten, bis die lustigen Fluggeräte gebaut waren, und warfen ständig einen Blick aus dem Fenster, um zu sehen, ob draußen auch wirklich noch genug Wind für das herbstliche Vergnügen weht.
War der Drachen endlich fertig, ging es nichts wie raus auf die Wiese, wo der meist bunte Drachen in die Lüfte gelassen wurde. Fliegt er, oder fliegt er nicht? Das war die wohl häufigste Frage, die sich die Kinder stellten, wenn sie ihre selbst gebastelten Drachen in den Wind hielten.
Natürlich flog der Drachen meistens – schließlich wurde er unter fachmännischer Anleitung des Vaters oder mit Hilfe des großen Bruders gebaut. Doch einen Absturz überlebten nicht alle der fliegenden Spielgeräte. Und nach den ersten Tränen, die wegen eines zerfetzten Drachens vergossen worden waren, konnte man sich doch wieder freuen. Dann war die nächste Bastelstunde nicht weit.
Die Tradition, vielleicht auch das Wissen, einen Drachen selbst zu bauen, ist heute weitgehend verloren gegangen. Fertige Drachen aus Hightech-Material – aus Kunststoff, Plastikfolie und (angeblich) reißfestem Stoff – haben die selbst gebastelten Fluggeräte von einst abgelöst. Sie sind stabiler. Für wenige Euro gibt es die im nächsten Einkaufsmarkt zu kaufen. Einen Absturz überstehen sie denn auch meist unbeschadet.
Eigentlich schade, denn für Kinder gibt's eigentlich kein besseres Spielzeug, als das, welches sie selbst herstellen und basteln. Sie können dabei ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Und das stolze Gefühl zu verspüren, einen selbst gebastelten Drachen steigen zu lassen, ist mit keinem Geld der Welt zu kaufen.
Doch das Interesse daran geht wohl verloren. So sollte kürzlich ein Drachenbastel-Kurs bei der Volkshochschule Haßfurt stattfinden. Er musste allerdings abgesagt werden: Es hatten sich zu wenige Interessierte angemeldet.
Karl-Heinz Plasa aus Limbach, der den Bastelkurs halten sollte, erklärt, warum: „Die Kinder kaufen Fertigdrachen und das Basteln ist nicht mehr so gefragt. Zudem ist der Zeitplan der Kinder oft so vollgestopft mit Aktivitäten, dass sie für solche Kurse gar keine Zeit mehr haben.“ Er selbst bastelt viel und gerne mit Kindern und hat auch viel Spaß daran, mit seinen Enkeln selbst gebastelte Drachen steigen zu lassen. „Das hat ein bisschen was von Nostalgie und lässt alte Erinnerungen aufleben“, begründet Plasa seine Leidenschaft.
Früher gab es Drachensteig-Wettbewerbe mit einem Schnurplan. Denn Schnüre waren damals teuer und nicht jeder konnte sich eine Schnur leisten. „Das war sehr spannend und hat riesigen Spaß gemacht“, sagt Plasa. Der begeisterte Bastler weiß, dass Kinder, wenn man sie anleitet, fasziniert sind vom Basteln, und sehr gerne basteln. „Es geht auch um die Freude, die man dann beim Drachensteigen hat“, so Plasa, „allerdings fehlt beim Drachensteigen mit einem gekauften Drachen meist die Beziehung zu dem Spielzeug. Das ist schade.“
Wenn heutzutage mit Begeisterung Drachen gebastelt werden, dann meist von erwachsenen Männern, die sich mit vielen Hightech-Materialien und ausgefallenen Drachenformen dem Wettbewerb im Drachenbauen stellen. Da werden gleich mehrere Drachen hintereinander befestigt, fantasievolle Figuren erstellt, die fast schon zu schade zum Fliegenlassen sind. Zudem werden beeindruckende Lenkdrachen gebaut, die andere Drachenbastler dann gebührend bestaunen. Einfache Papierdrachen, wie sie früher mit wenig Kostenaufwand gebaut wurden, sind hier nur selten zu finden.
Doch auch heute noch lassen sich natürlich mit einfachsten Mitteln solch herbstliche Fluggeräte selbst bauen. Wenn Sie diese Zeitung ausgelesen haben, nehmen Sie sich doch ein wenig Zeit und basteln daraus einen einfachen Drachen. Ruckzuck ist dieser fertig und Ihre Kinder oder Enkel werden sich freuen, nach einer gemeinsamen Bastelstunde den Drachen auf der nächsten Wiese steigen zu lassen. Und wenn der Drachen abstürzt und der Bau eines neuen Drachens nötig ist – kein Problem. Aus nur einer Zeitung können sie gleich mehrere Drachen bauen und auf diese Weise mit geringem finanziellem Aufwand für herbstlichen Spaß sorgen.
Für die Erwachsenen hat neben der Nostalgie und den Erinnerungen an früher ein solcher Zeitungsdrache noch einen besonderen Reiz: Schließlich können Sie mit dem bedruckten Zeitungspapier abgehobene Promis und ebensolche Politiker in den Wind jagen. Erschreckende Berichte über geplante Steuererhöhungen oder Förderungskürzungen können Sie so an der langen Leine in die Luft entlassen und ohne Belastung der Umwelt und der Staatskasse reiselustige Persönlichkeiten in die Lüfte schicken. Da macht Drachensteigen doch gleich doppelt so viel Spaß.
Und um die Vorfreude auf das Drachensteigen noch zu steigern, haben wir für Sie noch ein Drachen-Gedicht verfasst: Kleiner Drache flieg für mich, begleite die Wolken ein Stück. Vom Boden aus leite ich dich, das ist für mich das größte Glück. Kleiner Drache, bist so bunt, fliegst über mir hin und her, wackelst fröhlich mit lachendem Mund, ach wenn ich doch auch so ein Flieger wär! Kleiner Drache fliege hoch, in den Himmel weit hinein. Mit der Schnur halt ich dich doch, und hol dich bald wieder heim.
Bauanleitung für Zeitungsdrachen
Nehmen Sie eine Doppelseite des Boten vom Haßgau und falten Sie diese exakt mittig, entlang des vorgegebenen Falzes, zusammen. Das Ganze falten Sie nochmals in der Mitte zusammen. Legen Sie die Zeitung dann so vor sich hin, dass die zuerst gefaltete Linie oben liegt und die Zeitung zur rechten Seite hin offen ist. Nehmen Sie nun die obere rechte Ecke und legen Sie diese 15 Zentimeter von der oberen Kante entfernt auf die linke Kante. Wiederholen Sie dies mit der zweiten, dahinter liegenden Hälfte. Nun tuckern Sie die beiden Ecken an der Kante fest beziehungsweise kleben die Ecken fest. Mit einem reißfesten Klebeband überkleben Sie nun die befestigten Ecken und verstärken diesen Bereich damit. Mit einem Locher oder Ähnlichem können Sie dann ein Loch durch das Klebeband machen. Daran wird die Schnur befestigt. Jetzt müssen Sie nur noch an der unteren hinteren Kante eine kleine Ecke zur Stabilisierung einschlagen sowie zwei bis drei Streifen buntes Krepppapier oder ein anderes, flatterndes Band daran befestigen. Zum Schluss muss auf der Oberseite ein dünner Draht oder ein Strohhalm mit Klebeband befestigt werden, damit die Flügel nicht zusammenklappen. Fertig ist der Zeitungsdrache. Das kleine Bild links auf dieser Seite zeigt ein Exemplar in freier Flugbahn.