Wenn die Monate ein „R“ beinhalten, hüpfen in Franken die Karpfen vom Wasser ins Fett der Pfannen – auch hier im Haßbergkreis. Der September läutet die Karpfensaison offiziell ein. Dann wird der hübsche Fisch knusprig im Bierteig gebraten, als Filet oder als „Karpfen blau“ gegessen, also gekocht in Essig mit Zwiebeln. Wie genau findet der Karpfen aber den Weg in die Gasthausküchen? Der Fischwirt Jürgen Schaaf aus Tretzendorf gewährt Einblicke in seine Fischzucht.
Mitten im Steigerwald liegt der schon fast hundert Jahre alte Betrieb in einem kleinen Dörfchen, das umgeben von Wasserflächen ist. Schon der Urgroßvater war Fischwirt. Aber auch Jürgen Schaaf lebt für seine „Fischlis“ – und das schon seit knapp dreißig Jahren. Sein jüngster Sohn hilft auch schon mit. Auf der traditionsreichen Fischzucht in Tretzendorf gibt es nämlich immer etwas zu tun.
„Rund um die Uhr wirst du gebraucht“, erzählt Jürgen Schaaf in fränkischer Herzlichkeit, als er mich vor seinen Hälterbecken begrüßt. Darin warten Karpfen darauf, zu ihren Käufern gefahren zu werden. Jürgen Schaaf hat einen langen Arbeitstag hinter sich und steckt noch in seinen Gummistiefeln. An seinem linken Ohr blitzt ein goldener Ohrstecker in Fischform – ein waschechter Fischzüchter vom Ohr bis zum Stiefel.
Es geht in ein Zuchthaus, wo er auf runde Becken zeigt. „Da legen die Fische ihre Eier herein“, erklärt er. Grüne Bürsten simulieren für die Tiere Gras, auf das sie ihre Eier dann ablegen. Ein einzelnes Karpfenweibchen könne laut Jürgen Schaaf mehrere 100 000 Eier tragen. Wenn die kleinen Fische geschlüpft sind, wachsen sie dann in verschiedenen Becken auf.
Die Speisefische fährt Jürgen Schaaf nur lebend aus. Aber auf seiner Anlage finden sich nicht nur verschiedene Karpfenarten. Er züchtet auch Forellen, Zander, Hechte, Schleien und Saiblinge – teilweise für Angelvereine oder zur Renaturierung. Diese Fische werden dann in der Natur wieder ausgesetzt. Das geschieht, um einen Ausgleich zu dem Schaden am Fischbestand zu schaffen, den beispielsweise die Turbinen eines Wasserwerks verursachen. „Wir leben von der Natur, also müssen wir auch mit ihr leben – oder anders herum“, lacht er.
Direkt neben den Zuchtbecken steht Jürgen Schaafs selbstgebaute Pumpanlage – ein hochkompliziert aussehendes Gebilde mit vielen Rohren. Aus einer Wasserader in vielen Metern Tiefe holt er sich das notwendige Nass für seine Fische. Das hat aber zu wenig Sauerstoff, weshalb er es durch eine selbstkonzipierte Anlage laufen lässt, die Sauerstoff zum Wasser hinzufügt. Jürgen Schaaf hat eindeutig ein Händchen für handwerkliche Dinge.
„Bei diesen Spiegelkarpfen kommt das Wasser dann mit 120 Prozent Sättigung an“, erklärt er und zeigt auf die großen Fische im Becken vor ihm. Darin befinden sich „K3“ Karpfen. So werden Fische genannt, die drei Jahre alt sind und jetzt gegessen werden können. Selbst isst Jürgen Schaaf nur ganz selten einen seiner Fische, auch wenn der von seinem Bruder Stefan Schaaf köstlich zubereitet wird. Sein Gasthaus befindet sich direkt neben der Fischzucht.
Frischer geht?s nicht. „Wenn man hier einen Karpfen bestellt, hat der noch vor einer halben Stunde gelebt“, erzählt der Koch persönlich. Er bereitet uns jeweils eine Karpfenhälfte zu, die er im Bierteig herausgebacken hat. „Nur wenn der Fisch frisch ist, dann krümmt er sich“, gibt Stefan Schaf uns noch den Tipp. Auch wie man das Filetieren des gebackenen Karpfens angeht, bekommt man bei den Schaafs erklärt: Erst die knusprigen Flossen, dann den Bauch und zum Schluss den Rücken, wo sich ein paar Gräten befinden. Mit ein wenig Übung ist das auch für uns Karpfenanfänger ein Genuss.