Jedem, der sich für historische Bausubstanz begeistern kann, geht das Herz auf, wenn er in den Untermerzbacher Gemeindeteil Gereuth kommt. Altes Schloss, Neues Schloss, Kirche, Pfarrhaus, Gasthaus und weitere Ökonomiegebäude bilden dort ein für die Region einzigartiges Ensemble. Wer genauer hinschaut, der merkt allerdings schnell: Das Alte Schloss ist ein Sorgenkind. Es befindet sich in einem desolaten Zustand. Der Landkreis Haßberge muss eingreifen.
Um das Jahr 1570 ist der Renaissance-Bau in seinem Kern entstanden, später im 18. Jahrhundert wurde das Gebäude bei einer größeren Umbaumaßnahme noch verlängert. Auf den ersten Blick könnte man das lang gestreckte Bauwerk für eine größere Scheune oder einen Schüttboden halten. Man sieht sofort: Es handelt sich um ein ungeliebtes Haus, für das sich so recht keiner erwärmen kann.
Das Außergewöhnliche – und in diesem Fall auch Tragische – daran ist: Es ist nicht klar, wer der Eigentümer des Anwesens ist. Vor -zig Jahren erwarb eine Adelsverband GmbH das Alte Schloss für den Spottpreis von zehn Euro. Letztlich diente das Gebäude nur als Motiv für den Briefkopf dieser GmbH, die sich auf den Handel mit Adelstiteln und adelig anmutenden Familienwappen spezialisiert hatte. Inzwischen wurde die GmbH weiterverkauft, ist mit irgendwelchen Firmen aus England verschmolzen worden. „Die Eigentümerfrage ist ungelöst“, sagte Adelinde Friedrich in der jüngsten Sitzung des Kreisausschusses.
Weil das Gebäude aber ein Bauwerk von herausragender denkmalpflegerischer Qualität ist, muss sich die Untere Denkmalschutzbehörde am Landratsamt Haßberge um das Sorgenkind kümmern. Vor rund zehn Jahren hat die Behörde schon einmal im Wege der Ersatzvornahme eine Notsicherung des Alten Schlosses auf den Weg gebracht. Damals wurde das Gemäuer und insbesondere der riesige Dachstuhl innen und außen mit Balkenkonstruktionen unterstützend gesichert. Auch Spanngurte sorgen seitdem dafür, dass die Dachkonstruktion noch einigermaßen steht. Zwar windschief, aber sie steht.
Jetzt hat der Zahn der Zeit an den Konstruktionen der Notsicherung selbst genagt. Das Architektur- und Ingenieurbüros Konopatzki & Edelhäuser hat die aktuellen Schäden in der Ruine aufgenommen. Klaus-Jürgen Edelhäuser stellte die Ergebnisse den Mitgliedern des Kreisausschusses jetzt vor. Und Bernhard Joos von der Unteren Denkmalschutzbehörde schob ein Finanzierungskonzept nach. Geplant ist eine neue Notsicherung, die längerfristig – angedacht sind 20 bis 30 Jahre – das Gebäude zumindest in seinem Grundbestand erhalten soll.
Die Schäden, die Edelhäuser den Kreisräten präsentierte, sind enorm. Der Dachstuhl hat sich massiv gesetzt, einige Dachflächen sind eingestürzt und lassen nun Wind und Wetter ungeschützt ins Gebäudeinnere. Die so eindringende Feuchtigkeit sorgt für Fäulnis an tragenden Holzteilen. Die gesamte Dachlast liegt inzwischen ausschließlich auf der Notsicherungskonstruktion. Hinzu kommen massive Auswaschungen am äußeren Mauerwerk, an den Naturstein-Schweifgiebeln und an vielen dekorativen Elementen. Doch selbst die Konstruktion der ersten Notsicherung ist inzwischen teils durchnässt.
Die neue Notsicherung soll sich ausschließlich auf die Dachkonstruktion beziehen. Die Dachfläche wird stabilisiert und abgedichtet. Das Ganze soll rund 820 000 Euro kosten. Das Gros der Kosten geht an die Gewerke der Zimmerer und Dachdecker. Stolze 95 Prozent der Kosten, rund 778 000 Euro, werden aus öffentlichen Mitteln des Entschädigungsfonds bereitgestellt. Die Gemeinde Untermerzbach und der Landkreis Haßberge teilen sich mit je 20.500 Euro die verbleibenden Restkosten. Aus den Reihen des Kreisausschusses regte sich angesichts der überschaubaren Kosten kein Widerspruch.
Landrat Wilhelm Schneider kündigte an, die Notsicherung am Alten Schloss im Wege der dringlichen Anordnung auf den Weg zu bringen. Denn die Abdichtung des Daches soll möglichst schnell erfolgen. Erst die nächste Sitzung des eigentlich zuständigen Kreistages am 16. Oktober abzuwarten, würde zu viel Zeit vergeuden.