Er sang – und andere ernteten den Lohn. Rayland Horton war in den frühen 90er Jahren eine der Stimmen hinter dem Pop-Duo Milli Vanilli. Als herauskam, dass die Frontmänner Fab Morvan und Rob Pilatus keines ihrer Lieder selbst gesungen hatten, trat Horton für kurze Zeit ins Rampenlicht. Dann wurde es wieder still um den Exil-Bamberger, der heute in Nürnberg lebt. Jüngst sang er sich bei der Castingshow „The Voice of Germany“ zurück in das Gedächtnis der Deutschen.
„Auf irgend eine Weise erfolgreich Musik gemacht habe ich immer, aber nicht immer in Deutschland“, sagt Rayland Horton. 1999 veröffentlichte er hier sein Solo-Album. Anschließend schrieb er im Hintergrund Songs für die No Angels und Sarah Connor, arbeitete im Ausland mit Chris Rea sowie den Backstreet Boys zusammen.
Wenn andere sagen, Musik sei ihr Leben, dann wirkt das oft übertrieben. Bei „Ray“ Horton scheint es zu passen. Die vergangenen paar Jahre hat der 41-Jährige zum Großteil auf Tour verbracht: quer durch Osteuropa – Polen, Rumänien und Russland. Mal für eine Woche, mal für drei Monate. Im Osten sei er ein Star, fast eine Legende, und davon lebt er als Musiker. „Aber es war hart, meine Kinder so oft nicht zu sehen“, sagt er.
Keine Sehnsucht nach Ruhm
Um das zu ändern, hat er im Herbst dieses Jahres teilgenommen an „The Voice of Germany“. Die Frage, ob nicht auch sein Ego eine tragende Rolle gespielt habe – die Sehnsucht nach Ruhm – verneint der in Nürnberg lebende Sänger, der immer noch enge Bindungen zu Bamberg hat. „Ich hatte meinen Ruhm die ganze Zeit. Aber ich wollte dafür nicht mehr auf meine Leute verzichten müssen.“ Und obwohl er bei „The Voice“ nicht Sieger wurde, die Endrunde knapp verfehlte, sieht Horton die Teilnahme als großen Erfolg. Denn endlich liegen sie vor, die ersehnten Vertragsangebote aus Deutschland, die seine Reisen ostwärts auf ein angenehmeres Maß verringern könnten.
Eine Plattenfirma sei dabei, die schon Aretha Franklin und Amy Winehouse unter Vertrag hatte – die sitzt allerdings in Amerika. Spruchreif ist für Rayland Horton derzeit noch kein Angebot. Doch dort könne er sich wohlfühlen. „In den USA zählt eine gute Stimme einfach viel mehr als hier“, sagt er. Während deutsche Casting-Sternchen nach einem Jahr verblassen, scheinen sie in Amerika oft mehr als ein Jahrzehnt. Britney Spears, Kelly Clarkson und Christina Aguilera, sie alle sind durch Castingshows berühmt geworden, und sind es bis heute. In Deutschland, sagt Horton, zählen Schicksale manchmal zu viel und das Talent zu wenig: „Anders kann ich mir nicht erklären, dass Daniel Küblböck oder Zlatko von Big Brother einen Nummer eins-Hit landen, während echte Künstler leer ausgehen.“
Ähnlich war es bei Fab Morvan und Rob Pilatus, den Aushängeschildern von Milli Vanilli und den Sängern im Hintergrund. Erstere strichen Ruhm, Preise und viel Geld ein. Das Singen haben andere übernommen, Leute wie Rayland Horton. Auf das Thema angesprochen, wirkt er aber weder bedrückt noch abweisend. Es sei schon komisch gewesen, mit anzusehen, wie sie für die Leistung anderer einen Grammy erhielten. „Aber dafür konnte ich immer gut schlafen, immer in den Spiegel schauen“, sagt Horton. Wenn es jetzt noch funktioniere, die Karriere mit den Liebsten in Einklang zu bringen, sei er wunschlos glücklich.