"Wie flexibel sollen wir denn noch sein?", empört sich Eddi Klug, Betriebsrat des Fränkischen Rohrwerke in Königsberg. Im Tarifkonflikt der Metall- und Elektroindustrie bietet die Arbeitgeberseite derzeit eine Gehaltserhöhung in zwei Stufen von je 1,2 Prozent für 27 Monat. Die IG Metall fordert indes vier Prozent mehr Lohn und Gehalt. Für mächtig Aufregung sorgt jedoch das Ansinnen der Arbeitgeber, so genannte Arbeitszeitkorridore durchsetzen. Will heißen, die Wochenarbeitszeit soll künftig in einzelnen Betrieben von 35 Stunden auf bis zu 40 Stunden ausgeweitet werden dürfen. Ob diese Mehrarbeit bezahlt wird, soll ebenfalls betrieblich ausgehandelt werden. Und eben diese Forderung bringt die Gewerkschaftler in Rage. "Wir haben eine ganze Bandbreite an Arbeitszeitmodellen, damit der Betrieb flexibel auf die Auftragslage reagieren kann", so Klug. "Die sind absolut ausreichend", ist er überzeugt.
Vielmehr werde die Forderung der Arbeitgeber nach kostenloser Mehrarbeit unterm Strich Arbeitsplätze kosten, so Klug. Für die Fränkischen Rohrwerke in Königsberg, die 1100 Menschen beschäftigt, würde die Einführung einer 40-Stunden-Woche rein rechnerisch bedeuten, dass 125 bis 135 Personen überflüssig wären, sagt Klug. Vorausgesetzt natürlich, das Auftragsvolumen bleibt auf dem jetzigen Niveau, steigt also nicht sprunghaft an, so dass die Mehrarbeit auch tatsächlich benötigt würde.
Bei FTE automotive in Ebern gingen gestern gegen 1030 Uhr rund 600 Mitarbeiter der gut 1100 Arbeiter starken Schicht für eine Stunde in den Warnstreik, sagt Karin Wirsing. Sie ist Betriebsrätin und zugleich Leiterin des IG Metall Vertrauenskörpers bei FTE. Auch die FTE-Arbeiter der Spät- und Frühschicht legten die Arbeit für eine Stunde nieder. "Drückt die Arbeitgeberseite die 40-Stunden-Woche durch, könnte bei uns jeder siebte Mitarbeiter weg fallen. Das wären in unserem fast 2050 Mitarbeiter großen Werk etwa 250 Arbeitsplätze", so Wirsing.
Bisher seien die Rohrwerke noch nicht von der IG Metall zum Streik aufgerufen worden. Klug ist aber überzeugt, dass die Belegschaft dazu bereit sein wird, wenn die Gewerkschaft das Signal gebe. Und das, betont Klug, obgleich die Rohrwerke ein Familienunternehmen sind, sprich, das Verhältnis zwischen Arbeiter und Firmenchef wesentlich persönlicher ist, als das in Konzernen der Fall ist.
Etwas anders schaut die Situation beim Königsberger Leuchtenhersteller Regiolux aus. "Wir haben seit gut einem Jahr auf Kurzarbeit umgestellt", sagt Betriebsratsvorsitzender Bernhard Jilke. Deswegen sei die Stimmung im etwa 300-Mitarbeiter-starken Betrieb ohnehin schon nicht gut. Der jetzige Tarifstreit tue ein Übriges. "Die Leute haben einfach Angst um ihren Arbeitsplatz", so Jilke. Die Belegschaft könne den jetzigen Streit um eine Ausweitung der Arbeitszeit angesichts der Kurzarbeit in ihrem Betrieb aber nur schwer nachvollziehen. Regiolux fehlen die Aufträge, um täglich alle Mitarbeiter zu beschäftigen, da sei es schwierig, über eine 40-Stunden-Woche zu diskutieren. "Unsere Situation ist zurzeit einfach eine andere." Dennoch: Man stehe hinter den Forderungen der IG-Metall, betont Jilke. Sicherlich wäre die Belegschaft auch bereit, stundenweise in den Warnstreik zu treten. Dass die IG Metall einen kleinen Betrieb wie Regiolux zum Streik aufrufen wird, hält der Regiolux-Betriebsrat aber für eher unwahrscheinlich.
Keinerlei Streik-Aktionen erwartet hingegen Harald Ullmann, Betriebsratsvorsitzender von Uponor in Haßfurt. Uponor sei nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes, lehne sich jedoch bei der Ausgestaltung der Arbeitsverträge an den Tarifvertrag an, so Ullmann. Damit seien die Tarifverhandlungen für Uponor zwar nicht unbedeutend, arbeitsvertragliche Einzelheiten werden aber quasi in betriebseigenen Tarifverhandlungen ausgefochten. Er könne aber nicht ausschließen, dass die IG Metall versucht, einige der 700 Uponor-Beschäftigten zu mobilisieren.
Heute schon treffen sich die Tarifparteien in Pforzheim zur voraussichtlich für ganz Westdeutschland entscheidenden Tarifverhandlung im traditionellen Pilotbezirk Baden-Württemberg. Was dort geschieht, wird auch für die Verhandlung am Donnerstag maßgeblich sein, wenn für die bayerischen Metaller eine Lösung gesucht wird. "Sollten die Gespräche scheitern, werden wir große Aktionen starten, etwa eine Kundgebung auf dem Ebener Marktplatz", zeigt sich Karin Wirsing kampfbereit.