Ein offener Brief an die Abgeord- neten des Wahlkreises, Region Unter- und Oberfranken, und an die Fraktionsvorsitzenden des Deutschen Bundestages, den wir hier in den wesentlichen Teilen abdrucken:
Sehr geehrte Damen und Herren, wir sind Beschäftigte eines großen Automobilzuliefererbetriebes (FTE automotive GmbH) mit 2000 Beschäftigten aus Ebern. Bis 1993 gehörten wir zu FAG Kugelfischer und danach wurden wir mehrmals verkauft. Der erste Käufer war Echlin aus der USA, der zweite war DANA aus der USA, der dritte war HG Capital, eine Finanzinvestorengesellschaft aus England (die uns mit hohem Gewinn weiter verkauft haben) und jetzt gehören wir zu PAI Partner, das ist ebenfalls eine Finanzinvestorengesellschaft mit Sitz in Frankreich
Diese Finanzinvestoren im Hintergrund sind unser Problem. Sie ziehen aus gut laufenden Firmen nur das Geld ab, das für Investitionen in den Firmen, um wettbewerbsfähig zu bleiben, nötig wäre. Für uns Beschäftigte und auch für die Geschäftsführung ist dies eine hohe Belastung durch Rückzahlung des Kapitals (Kredite) an den Eigentümer und es entsteht ein geringer Spielraum für Innovation und das Entwickeln neuer Produkte. Aufgrund dieser Tatsache werden von der Firma auch wenig Steuern an den Staat gezahlt und die Firmenbesitzer entziehen sich ihrer allgemeinen sozialen Verantwortung.
Vor zwei Wochen eröffnete uns die Geschäftsführung von FTE, dass sie 244 Arbeitsplätze bis 2009 in die Tschechei verlagern müssen und 50 Arbeitsplätze in das vier Kilometer entfernte Werk von FTE Ebern in Fischbach. Festzustellen ist, dass rund 300 Arbeitsplätze aus Ebern verschwinden.
Für uns ist klar, dass es nicht nur bei diesen öffentlich angekündigten Verlagerungen in die Tschechische Republik durch die Geschäftsführung bleibt. Das komplette Eberner Werk soll restrukturiert werden - und das bedeutet einen weiteren Personalabbau. Für unsere strukturschwache Region ist dies ein schwerer Verlust. Ganze Familien werden um ihre Existenz gebracht, weil es mit Arbeitsplätzen bei uns sehr rar aussieht.
Zur Begründung dieses Schrittes der Geschäftsführung wurde uns gesagt, dass die Kunden von FTE verlangen in einem "Billig-Lohn-Land" zu produzieren und das der Wettbewerb dies verlange (man muss 15 Prozent Kosten einsparen um neue Aufträge zu bekommen) und das (klar, wie könnte es anders sein) die Ebener Beschäftigten zu teuer sind!
Wir in Ebern haben seit jeher immer gute Ergebnisse erwirtschaftet und hohe Gewinne abgeliefert, die nie honoriert wurden. Als Dank für unsere Leistung bekommen wir jetzt die Quittung präsentiert. Den deutschen Firmen wird es durch unseren Staat viel zu einfach gemacht im Ausland zu investieren und durch die EU, direkt oder indirekt, gefördert zu werden. In Tschechien bekommt FTE für ein Jahr lang die Arbeitnehmer ohne Kosten vom dortigen Staat gestellt. Wie sollen wir da konkurrieren?
Es kann nicht sein, dass wir Arbeitnehmer mit unseren Steuergeldern unseren eigenen Arbeitsplatz vernichten! Wo sollen denn unsere Kinder einmal arbeiten? Wer erhält denn die Zukunft in Deutschland? Wer soll denn noch Steuern zahlen, wenn die Arbeitslosigkeit in Deutschland immer mehr wächst?
Wir fragen uns, warum die von uns gewählten Abgeordneten in Berlin so ruhig bleiben und den Arbeitgebern in Deutschland mit ihren Auslandsverlagerungen nicht Einhalt gebieten. Wenn man sich nur das Beispiel AEG in Nürnberg anschaut, bekommt man das kalte Grausen. Die Beschäftigten von AEG in Nürnberg stehen ab 2007 auf der Straße und der Inhaber Electrolux produziert billig in Polen weiter. Nur komisch ist, dass eine Wasch- und Spülmaschine sowie Wäschetrockner von AEG auf dem Markt nicht billiger werden.
Auch die Beschäftigten in Ebern könnten sich sehr gut vorstellen, in ihrer Situation auf die Straße zu gehen und die Öffentlichkeit aufmerksam zu machen und für ihre Arbeitsplätze zu kämpfen!
Wir wenden uns heute mit dieser Petition an den Bundestag, alle Abgeordneten unseres Wahlkreises und der benachbarten Wahlkreisen und Fraktionsvorsitzenden und möchten ein Zeichen setzen für alle Arbeitnehmer in Deutschland. Die Arbeitnehmer sind diejenigen, die die Werte der Unternehmer und Firmen schaffen und es kann nicht sein, dass das Kapital unseren einzigen Wert vernichtet.
Hier müssen unbedingt gesetzliche Regelungen geschaffen werden, die helfen, dass sich Unternehmen nicht der Staatsfinanzierung entziehen. In der heutigen Zeit geht es in Deutschland nicht mehr um Arbeitsplätze, sondern nur noch um Profit!
Es kann nicht sein, dass unsere Regierung seelenruhig zuschaut, wie Arbeitsplätze in Deutschland vernichtet werden und es deutschen Arbeitgebern sehr leicht, ja sogar schmackhaft gemacht wird, im Ausland zu produzieren.
Wir fordern sie auf, alles zu unternehmen um die Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten und vor allem die Zukunft unserer Kinder zu sichern.
Wir möchten mit Ihnen, unseren Abgeordneten, das Gespräch suchen und bitten daher um einen Termin in Berlin im Bundestag, damit mit uns und einigen Beschäftigten von FTE automotive GmbH Ebern unsere Situation diskutiert werden kann.
Wir sind FTE!
Brigitte Brehm
Karin Konhäuser
Ebern