Der Geflügelzuchtverein Ibind und Umgebung in Hofheim ist vor dem Verwaltungsgericht in Würzburg mit einer Klage gegen das Landratsamt Haßberge gescheitert. Die Behörde hatte am 24. November 2016 in einer Allgemeinverfügung die Durchführung von Taubenausstellungen verboten; davon betroffen war auch der Hofheimer Verein. Grund der Maßnahme: Es sollte ein Ausbreiten der Vogelgrippe (H5N8) verhindert werden. Die Geflügelzüchter hielten das für überzogen und sahen darin einen Rechtsverstoß. Doch das Gericht bescheinigte jetzt dem Landratsamt, korrekt gehandelt zu haben.
Die schriftliche Begründung des von Richter Wolfgang Müller gefällten Urteils liegt den Prozessbeteiligten noch nicht vor. Doch schon während der Verhandlung vor der achten Kammer des Würzburger Verwaltungsgerichts am Montagvormittag war herauszuhören, dass Richter Müller gewisse Zweifel am Sinn und Zweck der Verhandlung hatte.
Gespräche auf Bundesebene
Er fragte eingangs, ob die Kläger überhaupt weiter an der Fortsetzungsfeststellungsklage festhalten wollten, da es zwischenzeitlich Gespräche zwischen Geflügelzuchtverbänden und Fachbehörden auf Bundesebene gegeben habe, die darauf schließen ließen, dass es künftig kein Verbot von Taubenausstellungen als Mittel der Vogelgrippen-Vorbeugung mehr geben soll. „Wo ist hier also die Wiederholungsgefahr?“, fragte der Richter die Klägerseite.
Solange dies gesetzlich nicht neu geregelt ist, besteht aus Sicht der Geflügelzüchter die Gefahr erneuter Ausstellungsverbote, auch wenn es aktuell kein Verbot gibt – weshalb es am kommenden Wochenende auch eine Taubenausstellung geben wird –, begründete Rechtsanwalt Thomas Müller-Gemeinhardt das Festhalten des Vereins an der Klage.
Regierungsdirektor Thomas Albert bestätigte als Vertreter des Landratsamtes Haßberge, dass eine Anhörung vor wenigen Tagen erst zu dem Ergebnis kam, Tauben explizit aus Ausstellungsverboten für Geflügel herauszunehmen. Doch bis wann sich dies in einer Verordnung niederschlagen wird, sei zeitlich nicht einzuschätzen. Aber bis zu einer Neuregelung werde es wohl nicht mehr lange dauern, denn der bevorstehende Winter mache ein erneutes Ausbreiten der Vogelgrippe, auch Geflügelpest genannt, und damit einhergehende Ausstellungsverbote wahrscheinlich.
Im Lauf der Verhandlung drehte sich alles um die entscheidende Frage, ob das Landratsamt mit dem Verbot von Taubenausstellungen über das Ziel der Eindämmung der Tierseuche hinausgeschossen ist. Und ob ein Ausstellungsverbot überhaupt das geeignete Mittel dazu ist.
Laut Dr. Markus Menn vom Veterinäramt Haßberge gehe es immer darum, Gefahren für die Tiere zu minimieren und hierzu die „maximal möglichen rechtlichen Mittel“ auszuschöpfen.
Tauben erkrankten selbst zwar nicht an den bisher bekannten Vogelgrippe-Arten wie H5N8, doch könnten sie – ebenso wie Menschen – deren Viren als Vektoren verbreiten, beispielsweise, wenn sie in ihren Stallungen mit anderem, krankem oder gesundem Geflügel in Kontakt kommen. So habe auch das Friedrich-Löffler-Institut Ende 2016 empfohlen, Vogelausstellungen jeder Art zu untersagen.
Menn führte auch etwa 20 bestätigte Fälle von an H5N8 verendeten Wildvögeln an, die im Landkreis Haßberge nach dem Erlass der Allgemeinverfügung Ende 2016 gefunden wurden. Die Gefahr der Verschleppung sei also real gewesen.
Einzelfall nicht geprüft
Das Landratsamt Haßberge habe mit seiner Verfügung vom 24. November 2016 eine am Vortag herausgegebene Vorgabe des Bayerischen Umweltministeriums, die dem kompletten Flächenstaat Bayern gegolten hat, weitergegeben, ohne den Einzelfall, also die Situation im Haßbergkreis, zu würdigen, warf Rechtsanwalt Müller-Gemeinhardt der Behörde dagegen vor. Dort sei zu diesem Zeitpunkt noch kein Fall von Vogelgrippe bekannt gewesen, der ein Verbot von Taubenausstellungen gerechtfertigt hätte. Dies habe erhebliche Folgen für den klagenden Geflügelzuchtverein und dessen rund 170 Mitglieder nach sich gezogen.
Durch die abgesagte Ausstellung seien dem Verein Einnahmen durch Eintrittsgelder und Standgebühren entgangen, erklärte vor Gericht Dieter Vogt vom Vereinsvorstand. Doch noch schwerer wog der ideelle Schaden: Die Arbeit eines ganzen Zuchtjahres wurde „zunichtegemacht“, weil die Züchter ihre Tiere nicht präsentieren konnten. Dies gefährde die Zukunft des Vereins, wenn Nachwuchszüchter ausblieben und andere aufhören. „Wenn das Jahr für Jahr passiert, dann können Sie den Bereich komplett vergessen“, unterstrich Rechtsanwalt Müller-Gemeinhardt die Befürchtungen der Geflügelzüchter. Dies führe letztlich dazu, dass seltene Tierrassen, derer sich die Züchter annehmen, aussterben.
Ideelle Werte spielten in Verordnungen zum Tierschutz eine untergeordnete Rolle, meinte Veterinär Menn. Es gehe um den Schutz ganzer Tierbestände – und falls sich dort Viren ausbreiten, dann drohten das Keulen unzähliger Tiere und Millionenschäden.
Und es gebe im Landkreis Haßberge durchaus eine relevante Zahl von Geflügelbeständen, in denen es auch Taubenzucht gebe, so dass das Verbot von Taubenausstellungen durchaus angemessen war, wendete sich Menn gegen den Vorwurf, die Situation vor dem Erlass der Verfügung nicht ausreichend geprüft zu haben.
Gefahr besteht weiter
Im Urteil sieht er keinen Erfolg, wie er gegenüber dieser Redaktion erklärt. Es gehe darum, Risiken immer die notwendige Beachtung zu schenken. Und die Gefahr bestehe weiter. Zwar gebe es aktuell keine Ausstellungsverbote, doch in Norddeutschland gebe es aktuell Fälle von Geflügelpest. Er müsse kein Hellseher sein, meint Menn, wenn er ein erneutes Ausbreiten der Vogelgrippe auf weitere Regionen in den kommenden Wochen erwartet.