Die meisten Menschen möchten zuhause in ihren vertrauten vier Wänden alt werden. Doch was tun, wenn man nicht mehr alleine zurechtkommt? Wenn die täglichen Arbeiten im Haushalt nicht mehr bewältigt werden können oder Pflege gebraucht wird? Welche Hilfsangebote gibt es, welche sind für den individuellen Bedarf geeignet und wer bezahlt die benötigte Unterstützung?
Umfassende Beratung in allen Fragen rund um das Thema Pflegebedürftigkeit bietet der Pflegestützpunkt Haßberge. Pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige können sich hier neutral und kostenfrei über gesetzliche Leistungen oder regionale Pflege- und Betreuungsangebote informieren und bekommen Hilfe bei der Beanspruchung von Leistungen.
Um die Herausforderungen des demografischen Wandels bewältigen und auf die Lebensumstände von älteren Bürgern eingehen zu können, erarbeitete der Landkreis Haßberge ein „Seniorenpolitisches Gesamtkonzept“. In dessen Rahmen entstand Mitte 2011 der Pflegestützpunkt, finanziert durch den Landkreis und den gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen. Rund 540 Beratungen führten sie und ihre Kolleginnen im letzten Jahr im Stützpunkt durch, berichtet Tina Lenhart. Doch die Wenigsten träfen rechtzeitig Vorsorge, „die meisten Betroffenen kommen erst, wenn die Hütte brennt“, bedauert die Fachkraft.
Noch wird der größte Teil der Pflege- und Betreuungsbedürftigen von Angehörigen versorgt. „Die Familie ist die größte Sozialstation“, sagt Lenhart. Der Pflegebedürftige kann für die häusliche Pflege durch Angehörige Pflegegeld bei der Pflegekasse beantragen. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) begutachtet daraufhin den Hilfebedürftigen und stellt die Pflegestufe, die nach Schweregrad der Pflegebedürftigkeit gestaffelt ist, fest. „Anstelle von Pflegegeld können aber auch Sachleistungen von Pflegediensten in Anspruch genommen werden“, erläutert Lenhart, „oder eine Kombination aus beidem“, ergänzt sie.
„Eine Helferin besser als die andere“
Elf ambulante Pflegedienste bieten im Landkreis eine Vielzahl von sozialen Serviceleistungen an - neben den Wohlfahrtsverbänden Caritas, Diakonie und Rotes Kreuz auch einige privat geführte Unternehmen. Zusätzlich zur Grund- und Behandlungspflege können auch jede Art von hauswirtschaftlichen Verrichtungen, wie einkaufen, putzen, Wäsche waschen, sowie kaltes oder warmes Essen oder Hausmeisterdienste gebucht werden.
„Von meinen Helferinnen ist eine besser als die andere“, schwärmt Ella Taupp aus Lendershausen. Die 93-Jährige lebt alleine im eigenen Haus und nimmt seit gut vier Jahren zweimal täglich Pflegekräfte und zweimal wöchentlich Haushaltshilfen des Pflegedienstes „Lebenswert - Zuhause“ in Anspruch. „Wir haben das schönste Verhältnis miteinander“, sagt die Seniorin. „Die sehen einfach alles und sie lassen dich nie im Stich“, betont sie. Vor elf Jahren gründete Burkard Schober die ambulante Pflegestation in Königsberg. Inzwischen betreut er mit gut dreißig Planstellen rund 180 Menschen im Landkreis. Es werde immer schwieriger, gute Fachkräfte zu bekommen, sagt der Altenpfleger. Gerade deshalb findet Schober es besonders wichtig, seinen Mitarbeitern gute Arbeitsbedingungen zu bieten. „Ich habe die besten Mitarbeiter der Welt und will sie nicht verschleißen.“
Nicht weit von Ella Taupps Haus entfernt steigt Lydia Röttger aus einem Auto mit dem Aufdruck „Diakonie Haßberge“. Sie hilft Heinrich Schleyer beim Aufstehen, Waschen und Anziehen. Seit einem Oberschenkelhalsbruch vor knapp zwei Jahren benötigt er Unterstützung. Mit den acht Pflegerinnen, die abwechselnd zweimal täglich zu ihm kommen, ist der 89-Jährige sehr zufrieden. Seinen Speiseplan stellt sich der Senior selbst zusammen und lässt sich das Essen tiefgefroren liefern. Die ambulante Pflegestation des Diakonischen Werkes Haßberge besteht seit 1979 und hat ihren Sitz in Maroldweisach. Etwa 24 Mitarbeiterinnen betreuen momentan rund 150 Menschen. Einsatzgebiet ist der nördliche Landkreis. Auch die Diakonie bietet hauswirtschaftliche Versorgung, sowie Betreuungs- und Beratungsleistungen an. Pflegedienstleitung Christine Deininger bereitet die Zukunft Sorge: „Der Personalmangel wird immer deutlicher spürbar.“ Der Pflegeberuf müsse für junge Menschen attraktiver werden, „sonst steuern wir immer weiter in den Pflegenotstand“, befürchtet sie.
Zunehmender Fachkräftemangel
Im südlichen Haßbergkreis ist die Caritas-Sozialstation St. Hedwig in Eltmann tätig, während die Caritas-Sozialstation Rita Wagner in Haßfurt und Ebern im mittleren Haßbergkreis für circa 300 Patienten mit etwa 80 Mitarbeitern im Einsatz ist. „Obwohl die Zahl der älteren Menschen rasant zunimmt, fehlt es schon jetzt an qualifiziertem Fachpersonal“, sagt Pflegedienstleiterin Bettina Eckstein. Der Mangel an Fachkräften habe im letzten Jahr sogar zu einem Aufnahmestopp bei Patienten geführt. Nachdem sieben neue Mitarbeiter eingestellt wurden, konnte er aber inzwischen glücklicherweise wieder aufgehoben werden, so Eckstein.
Auch Sabrina Appelmann, leitende Pflegefachkraft bei der Sozialstation des Bayer. Roten Kreuzes in Haßfurt beklagt, dass zunehmend Fachkräfte fehlen würden. „Der Beruf des Altenpflegers ist einfach unattraktiv“, sagt sie. Dienste am Abend und am Wochenende, harte körperliche Arbeit und so schlechte Bezahlung, dass man keine Familie damit ernähren könne. Es wundere sie nicht, dass unter den derzeit 73 Beschäftigten nur ein einziger Mann sei - „und der fährt Essen aus.“ Der BRK-Sozialdienst, den es seit 1978 gibt, betreut derzeit über 357 Menschen im gesamten Landkreis.
Einer von ihnen ist Helmut Lang in Königsberg. Seit über zehn Jahren leidet der 74-Jährige an der unheilbaren Nervenkrankheit Parkinson. Täglich führen die Pflegerinnen Behandlungsmaßnahmen durch, einmal in der Woche helfen sie beim Duschen. Den Löwenanteil der Pflege und Betreuung aber übernimmt seine Frau Ursula. Wenn sie zum Kraftschöpfen in Urlaub fährt, nimmt sie die sogenannte Verhinderungspflege in Anspruch. „Ist die Pflegeperson durch Krankheit oder Urlaub verhindert“, erklärt Tina Lenhart vom Pflegestützpunkt, „übernimmt die Pflegekasse die Kosten für eine Ersatzpflegeperson.“ Dies könne für maximal vier Wochen im Jahr in Anspruch genommen werden. Eine andere Möglichkeit, pflegende Angehörige vorübergehend zu entlasten, sei die Kurzzeitpflege. In allen Altenpflegeeinrichtungen des Landkreises bestünde die Möglichkeit, Pflegebedürftige stationär für bis zu vier Wochen unterzubringen. „Wie bei der Verhinderungspflege übernimmt auch hier die Pflegeversicherung eine Leistung in Höhe bis zu 1.550 Euro“, erläutert die Fachfrau.
Alles andere als rosig
Die kommende Zeit scheint alles andere als rosig: immer mehr ältere Menschen benötigen immer mehr Pflege und Betreuung. Immer weniger Angehörige stehen für familiäre Pflege zur Verfügung. Immer weniger junge Menschen und ein kaum verlockender Ausbildungsberuf verstärken den Fachkräftemangel. Mit zahlreichen Maßnahmen stemmen sich Landkreis und Kommunen gegen die problematischen Auswirkungen des demografischen Wandels. Es wird aber noch großer politischer Anstrengungen bedürfen, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern.
Der Pflegestützpunkt hat seine Büros im Landratsamt Haßberge, 1. Stock, Zimmer 113/114, Tel. 09521/27-395 bzw. 09521/27-495. Dort sind u.a. Listen über alle ambulante Pflegedienste im Landkreis zu bekommen. Informationen bieten auch die Internetseiten www.pflegestuetzpunkt-hassberge.de und www.hassberge.de.