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MÜNSTERSCHWARZACH: Barockes Prachtgebäude als Nachbildung

MÜNSTERSCHWARZACH

Barockes Prachtgebäude als Nachbildung

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    Der Mönch und sein Modell: Pater Franziskus Büll, Initiator der Nachbildung, erläutert beim Festakt Hintergründe zur Entstehungsgeschichte des Holzmodells von der ehemaligen barocken Balthasar-Neumann-Basilika.
    Der Mönch und sein Modell: Pater Franziskus Büll, Initiator der Nachbildung, erläutert beim Festakt Hintergründe zur Entstehungsgeschichte des Holzmodells von der ehemaligen barocken Balthasar-Neumann-Basilika. Foto: Foto: Elmar Hochholzer

    Noch immer kämen Besucher nach Münsterschwarzach und fragten nach der barocken Klosterkirche, die es schon lange nicht mehr gebe. Nun aber könne man wenigstens eine gewisse Ahnung von dieser ehemaligen Kirche erhalten. Das sagte Abt Michael Reepen zur Begrüßung anlässlich der Präsentation des neuen Lindenholzmodells der Balthasar-Neumann-Basilika im Maßstab 1 : 100 im Foyer der Pforte. Den Initiatoren, Experten, Machern und Sponsoren sprach er seinen Dank und Anerkennung aus, allen voran Pater Franziskus Büll. Sein „zäher Einsatz“ brachte das Werk zu einem guten Ende.

    Der Archivar des Klosters blickte auf die lange Entstehungszeit des Modells zurück und würdigte die Personen, die mit Rat, Tat und Geld daran beteiligt waren. Trotz offener Fragen gebe es „annähernd die Realität der barocken Kirche wieder, aber nicht in allem“, betonte Pater Franziskus. Als ein gelungenes „Diskussionsmodell“ bezeichnete der Kunsthistoriker Erich Schneider, der über dieses frühe Meisterwerk Balthasar Neumanns promoviert hat, die neue Rekonstruktion in Holz. Eine solche sei stets wünschenswert gewesen, da es sich bei der ehemaligen Kirche um ein Kunstwerk von großer Bedeutung weit über Franken hinaus gehandelt habe.

    „Die Zerstörung der barocken Abteikirche bedeutet einen unglaublichen kulturellen Verlust.“

    Pater Franziskus Büll, Archivar des Klosters

    Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn hatte dem Erbauer, Abt Januarius Schwab, 1725 zugeredet, eine „sehr große und schöne Ordenskirche“ zu erbauen, „daß kaum in dem gantzen Teutschland eine schönere und gleiche wird zu finden sein“. Und sie wurde auch ein „Prachtgebäude“, wie die damaligen Festredner anlässlich der Weihe 1743 in barockem Überschwang rühmten. Sie stellten „diesen schönen Tempel“ in eine Reihe mit den damals bekanntesten Klosterkirchen, darunter Ottobeuren in Schwaben oder Stift Melk in Österreich.

    Trotz der neuen Nachbildung bleibe unsere Vorstellung von der ehemaligen Kirche „noch etwas unscharf“, sagte Schneider. Bei der Planung seien die Meinungen unter den Experten auseinander gegangen. Es fehlten ja exakte Werkpläne, die vorhandenen Darstellungen und Modelle mussten „kritisch begleitet werden“. Das habe die Fertigstellung hinausgezögert.

    Besonders die Rekonstruktion des zentralen Stücks, der gewaltigen, 52 Meter hohen Kuppel, habe Probleme bereitet. Dennoch habe die Firma Burkard Hauck (Haßfurt) es geschafft, ein Modell „als Grundlage für wissenschaftliche Diskussionen in der Zukunft“ herzustellen, sagte der Kunsthistoriker.

    Der eigentliche architektonische Weichensteller für die Abteikirche sei Joseph Greissing gewesen, informierte Bauhistoriker Johannes Mack, der 2007 über diesen bedeutenden Stadt- und Landbaumeister in Franken in der Zeit vor Balthasar Neumann promoviert hat. Er ging auf die baupraktische Seite von Kloster und Gotteshaus ein.

    Greissing hatte in Münsterschwarzach bis 1718 alle Konventsgebäude einlegen lassen und eine völlig neue, grandiose barocke Klosteranlage geschaffen in einer eher seltenen Hufeisenform. In seinem Gesamtkonzept habe er nach den Worten des Experten schon genau den Standort und die Form der neuen Klosterkirche eingeplant.

    Da er 1721 starb, übernahm Balthasar Neumann im Auftrag seines Bischofs den Kirchenbau in Münsterschwarzach – praktisch seine erste Visitenkarte in Franken. Balthasar Neumann seinerseits „modifiziert dann Greissings Plan und erschafft Weltkunst“, schloss Johannes Mack sein Referat anhand von Bauplänen der Münsterschwarzacher Kirche.

    Den Referenten und allen Personen und Institutionen, die zum Gelingen der Nachbildung beigetragen haben, dankte Initiator Pater Franziskus abschließend. Gleichzeitig bedauerte er: „Die Zerstörung der barocken Abteikirche bedeutet einen unglaublichen kulturellen Verlust.“ Aber man solle auch dankbar sein. „Denn das Modell ist ein Beitrag zum Verständnis barocker Architektur in Franken aus der Blütezeit des Klosters Münsterschwarzach“, sagte der Mönch.

    Die Holznachbildung kann im Foyer des Pfortenbereichs besichtigt werden. Sie befindet sich in passender Gesellschaft. An den Wänden hängen nämlich zwei berühmte Gemälde, beide allerdings nur in Kopie: „Die Anbetung der Drei Könige“ von Giambattista Tiepolo und „Die Steinigung des hl. Stephanus“ seines Sohnes Domenico. Sie waren Teil der kostbaren Innenausstattung der Basilika.

    Auch sie stehen stellvertretend für das Schicksal einer der schönsten Kirchen Deutschlands. Die ganze barocke Herrlichkeit hatte nur knapp zwei Generationen Bestand, bis zur Säkularisation von 1803.

    Baugeschichte der Abteikirche Münsterschwarzach

    1074: Weihe der von Abt Egbert erbauten mittelalterlichen Basilika.

    1718: Bau einer neuen, hufeisenförmigen Klosteranlage. Mittelflügel 120 Meter, zwei Seitenflügel mit je 60 Meter. Baumeister Joseph Greissing, der 1721 stirbt, plant schon genau die Lage der neu zu bauenden Klosterkirche ein.

    1727: Grundsteinlegung durch den Fürstbischof von Würzburg. Die Klosterkirche hat eine Kreuzform nach Plänen von Balthasar Neumann. Länge 82, Breite 25 und Querschiff 42 Meter. Türme 70, Kuppel 52 Meter.

    1743: Feierliche Einweihung durch den Fürstbischof. Anschließend Fertigstellung der Innenausstattung.

    1803: Auflösung der Abtei durch die Säkularisation, Vertreibung der Mönche und Verkauf des Klosters samt der Kirche.

    Nach 1810: Verfall und Demolierung der Kirche. Reisende beschrieben sie noch damals „als weitgesehene Zierde der schönsten Landschaft“, als „Gegenstand des Wohlgefallens und der Bewunderung“. Das Areal wurde zu einem Kartoffelacker.

    1936: Bau der von Boßlet entworfenen Kirche auf dem verwilderten Gelände der ehemaligen Neumann-Basilika.

    1938: Weihe der jetzigen Abteikirche. eh

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