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KRAUTHEIM: Brenner der ungewöhnlichen Art

KRAUTHEIM

Brenner der ungewöhnlichen Art

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    Das Reich des Brenners: Dieter Söllner vor der Brenn-Anlage der Brauerei Düll in Krautheim, mit der er Whisky brennt. Der erste Krautheimer Whisky wird im Herbst zur Desta auf den Markt kommen.
    Das Reich des Brenners: Dieter Söllner vor der Brenn-Anlage der Brauerei Düll in Krautheim, mit der er Whisky brennt. Der erste Krautheimer Whisky wird im Herbst zur Desta auf den Markt kommen. Foto: Foto: Daniela Röllinger

    Er musste schon ein bisschen lachen, als er es gelesen hat. „18 junge Frauen und Männer“, so stand in der Mitteilung des Staatsministeriums, erhielten die Abschlusszeugnisse für den zweijährigen Lehrgang für Klein- und Obstbrenner. Dieter Söllner war einer von ihnen. Der Krautheimer ist 63 Jahre alt – und damit jung genug, um sich umfassende Kenntnisse in einem Fach zu erwerben, das ihn schon von Jugend an interessiert hat.

    Alle zwei Jahre startet bei der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim ein Lehrgang für Klein- und Obstbrenner. Durch die Teilnahme kann man sich nebenberuflich zum Brenner qualifizieren. Eine Chance, die der Krautheimer genutzt hat. Am 21. Mai überreichte ihm Staatsminister Helmut Brunner sein Zeugnis.

    „In meiner Jugend wollte ich Bierbrauer, Schnapsbrenner oder Schreiner werden“, erzählt Dieter Söllner. Letztendlich ist es dann zwar doch ein anderer Beruf geworden, aber die Faszination für die Schnapsherstellung ist geblieben. Als ein Bekannter zu Beginn der 1990er eine Brennerei kaufte, begannen beide gemeinsam Schnaps zu brennen. Und als Friedrich Düll von der örtlichen Brauerei Söllner später fragte, ob er bei ihm brennen wolle, sagte dieser zu. „Sonst wäre dort das Brennrecht abgelaufen.“ Inzwischen ist der 63-Jährige Zollbeauftragter für die Krautheimer Brauerei. Damit war er die Ausnahme beim jetzt zu Ende gegangenen Lehrgang: „Ich war der einzige ohne eigene Brennerei.“

    Er und zwei weitere, ebenfalls ältere Teilnehmer, haben die Ausbildung absolviert, um einem Hobby nachzugehen. „Die anderen wollten die Qualität ihrer Produkte verbessern, um sie über Hofläden besser verkaufen zu können.“ Und so ging es im Kurs nicht nur um das eigentliche Brennen, sondern auch um die Vermarktung. Bei der schriftlichen Prüfung wurden technologische Kenntnisse abgefragt, beispielsweise über die Eigenschaften von Rohstoffen, über die Gärführung und den Einsatz von Zusatzstoffen, aber auch die Bereiche technische Mathematik, Wirtschafts- und Sozialkunde.

    „Wenn ich etwas tue, will ich wissen, was da genau vor sich geht“

    Dieter Söllner Schnapsbrenner

    In der praktischen Abschlussprüfung mussten Äpfel eingemaischt, ein Destillat abgefüllt und ein Brenngerät chemisch gereinigt werden, zudem war ein Destillat auf Trinkstärke und Obstmaische auf einen bestimmten pH-Wert einzustellen.

    Nach seiner vorherigen Erfahrung und der zusätzlichen Qualifizierung durch den Lehrgang weiß Dieter Söllner inzwischen, dass seine ersten Werke in manchen Bereichen nicht ganz so gelungen waren. „Schauen Sie“, sagt er, und stellt eine kleine Flasche auf den Kopf. Zwei dunkle Punkte schwimmen in der ansonsten klaren Flüssigkeit. Das verwendete Wasser war zu eisenhaltig. „So etwas würde Ihnen der Verbraucher heute um die Ohren hauen.“ Oder das Etikett eines Schnapses, das er 1997 für den Bund Naturschutz aus Streuobst gebrannt hat. Alkoholgehalt, Adresse des Erzeugers, die Losnummer fehlen, die Schriftgröße stimmt nicht. Heute ist genau festgelegt, was ein Etikett enthalten muss.

    „Wenn ich etwas tue, will ich wissen, was da genau vor sich geht“, sagt Dieter Söllner über den Grund, warum er mit über 60 Jahren noch einmal einen Berufsabschluss gemacht hat. Deshalb fasst seine spontane Antwort auf die Frage, wie man Schnaps brennt, viel zu kurz. „Das ist eine relativ einfache Geschichte“, sagt er zunächst. Das Obst beziehungsweise die Maische werden erwärmt, der Alkohol getrennt. Genau darin besteht die Kunst – den Alkohol richtig abzutrennen.

    Die weiteren Erklärungen von Dieter Söllner zeigen schnell, dass es so einfach dann doch nicht ist. Er redet von Vorlauf, der giftiges Methanol enthält, vom Nachlauf mit Fuselölen und vom Mittellauf, aus dem der Schnaps gewonnen wird. Vom richtigen Säurewert, von schadhaften Bakterien, von der Blase und vom Doppelbrand. Von der Unterscheidung in Geiste und Brände, von den Möglichkeiten, die Qualität zu steigern. Und auch vom richtigen Glas. Das übliche Stamperl nämlich bringt das Aroma des Brandes nicht richtig zur Geltung, es verpufft. Das Glas mit der bauchigen Rundung und der schmaleren Öffnung dagegen bindet das Aroma. Wer an beiden Gläsern schnuppert, merkt sofort den Unterschied.

    Schnaps brennen darf nicht jeder und auch die steuerlichen Grundlagen sind unterschiedlich. Es gibt Verschlussbrennereien, in denen die Steuer anhand der tatsächlich anfallenden Menge an reinem Alkohol erhoben wird. Bei Abfindungsbrennereien – eine Besonderheit in Süd- und Südwestdeutschland – wird die Steuer anhand der Stoffmenge und des daraus zu erwartenden Alkohols erhoben. Sie dürfen jährlich 300 Liter reinen Alkohol brennen. Stoffbesitzer dagegen haben ein jährliches Brennkontingent von 50 Litern reinem Alkohol. Sie haben keine eigene Brennerei, sondern lassen ihr Obst in Abfindungsbrennereien brennen. Das Brennrecht ist in der Regel an den landwirtschaftlichen Hof oder das Haus gebunden, der Verkauf von Brennrechten wird streng überwacht.

    Trester, Quittenschnaps, Obstler – Dieter Söllner hat viel im Keller. Auch vier ganz besondere Tropfen: Es gibt eine Edition für die Enkelkinder. Zwetschge für Amelie und Ben, Sauerkirsche für Malen und Mirabelle für Anne. Noch liegt der Alkohol versiegelt im Keller. Wenn die Kinder 18 Jahre alt sind, wird Söllner die Brände auf Trinkstärke reduzieren – auch ein Schritt, der gelernt sein will.

    Für Friedrich Düll dagegen brennt Söllner in der Brauerei Whisky. Etwa 15 Tage im Jahr ist er im Einsatz, vier Brände schafft er pro Tag. „Ich kann dort mit Dampf arbeiten, deshalb sind die Brennzeiten kürzer.“ Wird mit Holz erhitzt, dauert ein Brand dagegen etwa vier Stunden.

    Fünf Jahre ist es her, dass die Krautheimer Brauerei erste Schritte hin zum eigenen Whisky unternommen hat. Vorher wurde lediglich die Maische für eine Edelbrennerei produziert. „Wir haben aus Spaß an der Freude begonnen“, sagt Friedrich Düll, „fränkischer Whisky ist im Moment interessant.“ Trotzdem bleibt es bei kleinen Mengen. Zur Desta, der Messe der edlen Brände im November in Volkach, wird Düll erstmals einen fünfjährigen Whisky auf den Markt bringen. Einen Startschuss, den Söllner mit Spannung erwartet.

    Branntweinmonopol und Brennrecht

    Branntweinmonopol: Knapp 100 Jahre lang war in Deutschland vorgeschrieben, dass landwirtschaftliche Brennereien ihren Branntwein bei der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein abgeben und dafür einen garantierten Preis erhalten. Dieses Monopol endet zum 31. Dezember 2017. Anschließend regelt das Alkoholsteuergesetz die steuerrechtlichen Vorschriften für Branntwein.

    Brennrechte: In Unterfranken gibt es derzeit zirka 2000 Brennrechte, informiert Hubert Fröhlich, Vorsitzender des Fränkischen Klein- und Obstbrennerverbandes Würzburg. Im Landkreis Kitzingen ist die Dichte sehr hoch, hier gibt es etwa 500 Brennrechte. Insgesamt geht die Zahl der Brennrechte zurück, sie werden häufig im Zuge von Generationswechseln aufgegeben oder wenn Neuanschaffungen nötig wären, um weiterhin Schnaps brennen zu können.

    Mit dem Ende des Branntweinmonopols 2017 erwartet Fröhlich einen weiteren Rückgang, dann werde es für die Klein- und Obstbrenner schwieriger, wirtschaftlich zu arbeiten.

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