Die 5 a kann jederzeit um die Ecke biegen. Wandertag der Dettelbacher Mittelschüler. Die Fünftklässler haben sich für einen ganz besonderen Ausflug entschieden: Es geht geradewegs in die Steinzeit. Wobei der Weg zunächst ins Buchbrunner Rathaus führt. Dort ist ein kleines Museum untergebracht, das über die grundlegenden Dinge Auskunft gibt, wie das vor ein paar tausend Jahren bei unseren Vorfahren so gewesen ist. Das eigentlich Spannende wartet ein paar Straßen weiter direkt neben der Buchbrunner Schule.
Mitmach-Stationen
Dort muss sich Gabriele Koch sputen. Es gibt noch einiges vorzubereiten. Rund um das steinzeitliche Langhaus werden Mitmach-Stationen aufgebaut, an denen die Schüler wenig später mit Eifer bei der Sache sein werden: Lederbeutel herstellen. Muschelschmuck machen. Einfachste Holzbohrer ausprobieren. Ein bunter Stein entpuppt sich als Urzeit-Schminktisch. Nicht zu vergessen: Das Lagerfeuer muss in Gang kommen, damit sich die Entdecker später mit knusprigem Stockbrot stärken können.
Größte Siedlung Nordbayerns
Dass hier am Rande Buchbrunns die Steinzeit regelmäßig zum Leben erwacht, hängt mit Funden in den Jahren 2001/2002 zusammen. Auf einem Feld oberhalb des Dorfes wurde die größte linearbandkeramische Siedlung Nordbayerns ausgegraben – was Folgen haben sollte. Zum einen fand sich ein 15-köpfiges Grüppchen geschichtlich Interessierter, die sich als Verein „Geschichte in Buchbrunn“ zusammenschlossen. Auch Gabriele Koch, die Langhaus-Betreuerin, musste nicht lange gebeten werden. Sie war sofort Feuer und Flamme: „Ich habe mich schon immer für Archäologie interessiert – so etwas vor der eigenen Haustür war wie ein Sechser im Lotto!“
Funde im Rathaus ausgestellt
Das ehrenamtliche Engagement samt Vereinsgründung waren die Basis, um einen Teil der Funde aus dieser Grabung, die eine Besiedlung zwischen 5200 und 4900 vor Christus belegt, im Ort behalten zu dürfen. Alles wegzugeben, damit es dann irgendwo ohne jeglichen Bezug herumliegt – das galt es zu verhindert. Und so kam es, dass beim Umbau des Rathauses im 2006 mit Fördermitteln gleich eine Dauerausstellung dazukam – samt eines kurzen Einführungsfilms über das Leben in der Jungsteinzeit.
Es ging noch weiter: Die heute auf 50 Mitglieder angewachsene Gruppe setzte sich ein ambitioniertes Vorhaben in den Kopf: Ein typisches Steinzeit-Langhaus samt Aktionsfläche wollte man maßstäblich auferstehen lassen. Um so den Besuchern einen noch besseren Eindruck vom Leben in der Steinzeit zu geben. Einige Museumsbesuche später, wo man sich bereits bestehende Langhäuser angeschaut hatte, wurde im Frühjahr 2007 mit dem Bau begonnen. Die Eröffnung fand schließlich im Juni 2008 statt – seither läuft das Steinzeit-Experiment. Verbaut wurden zehn Quadratmeter Holz und 20 Quadratmeter Reet. An das Schilf war nicht leicht heranzukommen: Das Material wurde aus Ungarn geliefert. Und eine Firma, die Reet-Dächer machen kann, war auch nicht gerade leicht zu finden.
Eindrucksvolle Größe
Das bandkeramische Haus, das für den Nachbau als Vorlage diente, brachte es auf eine eindrucksvolle Größe: 5,80 Meter breit, 40 Meter lang, der Giebel 4,60 Meter. Darin lebte eine kleine Sippe, so um die 20 Personen. Die Umgebung damals: Wohl überwiegend Wald, in dem sich Säbelzahntiger und Bär gute Nacht sagten. In der Nähe muss es Wasser gegeben haben – eine der Voraussetzungen für die ersten Menschen, die sesshaft und zu Bauern wurden.
Und das Reet musste ja auch irgendwo herkommen. Im Mittelpunkt dürfte der Getreideanbau gestanden haben. Da für den Nachbau 40 Meter zu groß und zu teuer gewesen wären, weist das „Gerippe“ des Buchbrunner Langhauses etwa ein Drittel der Länge des Originals auf. Gebaut wurde – aus parktischen Gründen – auf dem Gelände der Verbandsschule. Am eigentlichen Platz der Grabung, der fast in Sichtweite liegt, erinnert eine Tafel an das Ur-Buchbrunn.
Seit 2008 bietet der Verein nunmehr museumspädagogische Aktionen an. Pro Jahr kommen um die 15 Gruppen, Zielgruppe sind Kinder von acht bis zwölf Jahren. Macht rund 3000 Besucher, die schon ein Treffen mit der Steinzeit hatten – nicht eingerechnet die regelmäßigen Feste rund ums Langhaus.
Die 5 a hat inzwischen die Stationen durchlaufen, mit schicken neuen Lederbeuteln sitzen die ersten Schüler am Lagerfeuer und können es kaum abwarten, bis das Stockbrot so weit ist. Steinzeit-Ausflüge können ganz schön hungrig machen.
Kontakt: Museumspädagogik für Geschichte in Buchbrunn, Tel. (09321) 5005; www.Geschichte-in-Buchbrunn.de. Das Museum im Rathaus öffnet jeden 1. und 3. Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr sowie während der Amtsstunden des Bürgermeisters am Donnerstag von 17.30 bis 19 Uhr. Führungen auf Anfrage.