Es ließ sich im Vorfeld bereits erahnen, dass die Bürgerversammlung in Abtswind mit dem Thema Kläranlage wohl etwas hitziger werden könnte. Sie wurde es auch, denn zur Erneuerung der Anlage werden auch die Bürgerinnen und Bürger mit zur Kasse gebeten. Bürgermeister Jürgen Schulz begrüßte neben den rund 80 Abtswindern im Haus des Gastes die Fachleute Max Wunderle vom Ingenieurbüro Röschert sowie Senta Möbus und Fabian Heeg vom Wasserwirtschaftsamt.
Bereits im letzten Jahr hatte der Gemeinderat die Richtung beschlossen, in die es weiter geht. Das Gremium entschied sich mehrheitlich dafür, dass sich die 849 Einwohner zählende Gemeinde an die Kläranlage in Wiesentheid anschließen wird. Im Raum war auch eine Ertüchtigung der eigenen Anlage gestanden.

In der Versammlung sollte Ingenieur Wunderle zunächst die Ist-Situation und eine vom Fachbüro 2021 erstellte Studie vorstellen, die als Grundlage für die Entscheidung im Gemeinderat diente. Doch schon dazwischen gab es immer wieder Nachfragen, sachliche, wie auch unsachliche, sowie Kritik der Bürger.
Moniert wurde etwa, warum Abtswind nicht seine eigene Anlage ertüchtige und stattdessen nach Wiesentheid anschließe. Davon profitiere nur der Nachbarort, vermutete einer. Dazu mochten viele der Gekommenen nicht verstehen, warum man nicht einmal ungefähr benennen könne, wieviel Geld die Bürger aufwenden müssten, oder in welchem Verhältnis die Kosten umgelegt würden. Darauf antwortete Ingenieur Wunderle, dass dies zum jetzigen Zeitpunkt einfach nicht möglich sei, es bestünden Schätzungen, aber noch keine Ausschreibung.
Kritik in Richtung des Bürgermeisters
Bürgermeister Schulz bekam Kritik, warum er die Abtswinder nicht bereits vorher im Rahmen einer Versammlung informiert habe. Das gestand er ein. "Es hätte aber nichts geändert. Wir sind in einer Zwickmühle", so Schulz. Zwischendurch ging sogar der eigens gekommene Wiesentheider Bürgermeister, Klaus Köhler, ans Mikrofon, um manchen Gerüchten entgegen zu treten.
Zunächst hatte Ingenieur Wunderle die Problematik aufgezeigt. Die Abtswinder Anlage, eine Teichkläranlage, hat zwar eine Betriebserlaubnis bis 2029. Der Markt darf aber aktuell keine Bau- oder Gewerbegebiete ausweisen, weil die Werte der Kläranlage am Limit und teilweise über dem Erlaubten liegen. Der ökologische, wie auch der chemische Zustand der Abtswinder Anlage sei "unbefriedigend", so Wunderle. Eine Genehmigung über 2029 hinaus, könne nicht in Aussicht gestellt werden.
Aktuell sei die Kläranlage für 1500 Einwohner-Gleichwerte ausgelegt, in Stoßzeiten habe man aber Belastungen von 9000 Gleichwerten, oder gar mehr, sagte Ingenieur Wunderle. Das liege an einigen Betrieben, die zur Verarbeitung von Lebensmitteln Phophat verwenden müssen. Eine künftige Anlage müsse man deutlich höher dimensionieren, berichtete der Fachmann.
Die Wiesentheider Anlage sei auf 15.500 Einwohner-Gleichwerte ausgelegt, für Abtswind wurde etwa ein Drittel davon berechnet. Klar sei, dass in Zukunft in jedem Fall auch die Betriebe vor Ort in Abtswind stärker vorklären müssten, so Wunderle.
Sambach fließt viel schneller als der Kantersbach
Er informierte, dass Abtswind im Falle des Ausbaus der eigenen Anlage das gereinigte Abwasser nicht direkt in den daneben fließenden Kantersbach einleiten dürfe. Eine drei Kilometer lange Leitung zu einem anderen Gewässer wäre stattdessen laut Vorschrift erforderlich. Von Seiten der Fachleute wurde außerdem klar gestellt, dass der Sambach in Wiesentheid mit 30 Litern Wasser pro Sekunde eine deutlich höhere Abflussgeschwindigkeit habe, als der Kantersbach mit 5,2 Liter.
Die vor zwei Jahren geschätzten reinen Investitionskosten lägen bei rund 6,5 Millionen Euro im Fall eines Anschlusses nach Wiesentheid. Für die Ertüchtigung der eigenen Anlage würden etwa sieben Millionen Euro anfallen. Hier lägen jedoch die späteren Betriebskosten deutlich höher.
Am Ende der über zweistündigen Abwasser-Debatte merkte Bürgermeister Schulz an, dass man die günstigste Variante für die Bürgerinnen und Bürger anstrebe. Im Folgenden streifte Schulz noch die weiteren Projekte, die in seiner Gemeinde anstehen.