Die Erbse ist weg. Nein, keine Verlustmeldung. Der Schiffsrumpf wurde nur neu gestrichen und dabei kam der Name abhanden. Einfach überpinselt. Der Schriftzug „Erbse“ kommt demnächst allerdings wieder hin – schließlich haben wir es hier mit einer kleinen Berühmtheit zu tun.
Der 25-Tonner lag seit 2004 als eine Art privater Vergnügungsdampfer im Hafen in Marktsteft. Davor diente die Erbse als Bauhüttenschiff. Ihren großen Auftritt hatte die Erbse dann als Filmschiff: 2013 wurde auf dem fast 90 Jahre alten Schiff der Kinderfilm „Lola auf der Erbse“ von Thomas Heinemann gedreht. Der Film, der 2014 in die Kinos kam, machte den 22 Meter langen und 3,80 Meter breiten Kahn und seinen Heimathafen Marktsteft durchaus bekannt.
Mehrere Besitzerwechsel
In der Folgezeit gab es zwei Besitzerwechsel – samt eines schnöden Verkaufs bei Ebay. Zuletzt gehörte das Schiff dem Marktstefter Hafen- und Kulturverein. Dem wurde die nette Liebhaberei auch zu aufwendig – das war der Moment, in dem der gebürtige Marktstefter Stefan Bartel ins Spiel kam.

Einer drohenden Verschrottung begegnete er mit einer einfachen Idee: Wenn das Schiff durch zu viele Auflagen nicht mehr im Wasser bleiben kann, kommt es eben an Land. Gedacht, getan: Anfang 2015 wurde ein Schwertransport organisiert. Ein Teleskopkran hob die Erbse aus dem Marktstefter Hafenbecken. Nach vier Stunden und 25 Kilometern in Polizeibegleitung war es geschafft und Feuerbach als Altersruhesitz erreicht.
Reiter- und Ferienhof
Der Plan des gelernten Kunst- und Hufschmieds: Aus dem Schiff wird eine Erlebnis-Ferienwohnung. Was sich insofern anbietet, da Stefan Bartel mit seiner Frau Petra seit über 25 Jahren in dem Wiesentheider Ortsteil einen Reiterhof samt Ferienhof betreibt. Gebaut und gewerkelt wird dort eigentlich immer. Zuletzt entstand eine offene Reithalle. Irgendwie musste es so kommen: Nur hier konnte die Erbse ihre zweite Karriere starten.

Wiehern statt Meeresrauschen
Seither steht das Schiff auf einer Koppel – Pferdewiehern statt Meeresrauschen. Gedacht als Ergänzung der bestehenden Ferienwohnungen für bis zu 20 Personen. Sechs bis acht Gäste sollen dort ab Ende 2018 Kapitän spielen können. Der Umbau braucht seine Zeit und zieht sich länger hin als gedacht, macht doch der Reiterhof-Besitzer alles größtenteils in Eigenregie.
Die neue Erbse soll auf ihre alten Tage noch mal ein Schmuckstück werden. Deshalb erfolgte eine völlige Entkernung, derzeit wird isoliert, das Gerippe für die neuen Innenräume steht. Im Grunde alles so, wie bei einem normalen Rohbau. Als nächstes warten der Anschluss an die Kanalisation, neue Fenster müssen eingebaut werden. Am Ende kommt noch ein Steuerhaus aufs Deck, dessen Dach womöglich begrünt wird – falls nicht doch die Entscheidung für eine Solaranlage fällt.

Wohin kommt die Dusche?
„Die Pläne wurden schon zehnmal umgeworfen“, erklärt Stefan Bartel ein Problem, wie es bei Selfmade-Bauherren gerne auftaucht. Kommt links die Toilette hin und rechts die Dusche? Oder genau umgekehrt? Der zur Verfügung stehende Raum ist begrenzt, es kommt auf jeden Zentimeter an.
Einmal in Fahrt, tauschte der neue Schiffsbesitzer auch gleich noch den Boden aus, die alten Schiffsplanken hatten dann doch irgendwann mal ausgedient. Studenten der Uni Berlin schrieben inzwischen sogar ihre Masterarbeit über die Erbse und wie eine perfekte energetische Sanierung aussehen könnte. Der Kontakt kam ganz einfach zustande: Ihre Professorin macht regelmäßig Urlaub bei den Bartels. Ein Ergebnis ist, dass sich jetzt im Schiffsbach so genanntes Bläh-Glas als Dämm-Granulat befindet.
Maschinentelegraf gekauf
Derweil guckt sich Stefan Bartel im Internet um, was es an Schiffszubehör zu kaufen gibt. Einen Maschinentelegraf hat er sich schon gesichert. Weshalb sich künftig vom Steuerhaus in die Kombüse melden lässt, dass nicht nur Seeluft hungrig macht – sondern auch das Ankern auf einer Koppel.