Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Kitzingen
Icon Pfeil nach unten

HÜTTENHEIM: Dem Weinbau der Zukunft auf der Spur?

HÜTTENHEIM

Dem Weinbau der Zukunft auf der Spur?

    • |
    • |

    Der Sohn aus dem Traditionsweingut „Ebracher Hof“ baut den ein oder anderen Weinberg in den rund fünf Hektar Rebflächen auf eine Weise an, die so manchen Alt-Winzer nur ein Kopfschütteln abringen. Wer am Ende Recht hat, das wird Greulich vielleicht erst in ein paar Jahren wissen. Denn seine „Experimente“ im Weinberg sind auf lange Zeit angelegt.

    Wer in den goldenen Oktobertagen am Gipfelkreuz unterhalb des Hüttenheimer Tannenbergs den Weinbergsweg entlang des Rieslings geht, dem fällt bei einem Weinberg auf: die Reben stehen dichter beieinander, die Trauben sind sehr gut ausgeschnitten – und verhältnismäßig klein. Ein Wengert, in dem Markus Greulich einen Spitzenwein heranzüchten will. Vielleicht gelingt ihm das nicht heuer. Dafür aber in ein paar Jahren. „Hoffentlich“, wie der 37-Jährige zugibt, der sich natürlich etwas bei der Anlage des Weines gedacht hat.

    „Die Wurzeln der Stöcke haben nicht allzuviel Platz, sich nach außen zu bewegen. Also werden sie im Lauf der Zeit nach unten austreiben, wo mehr Wasser zu finden ist“, erklärt der Hüttenheimer. Die Trockenheit sei der größte Feind des Weißweins – und der Tannenberg ist nicht gerade für seinen feuchten Boden bekannt.

    Folglich hofft Greulich, irgendwann mehr hervorragend tragende Weinstöcke auf engerem Raum zu haben. Die Trauben will er aber bewusst klein halten. „Je kleiner die Beeren, desto mehr Zucker haben sie“, verrät der Winzer. Damit diese nicht allzu viel Säure ansetzen, hat er sie vom Laub frei geschnitten, damit die Trauben die pralle Herbstsonne abbekommen.

    Zwei Stöcke in ein Loch

    Dasselbe Prinzip, nur eine viel intensivere Umsetzung: Anderorts hat Greulich gleich zwei Stöcke in ein und dasselbe Loch gepflanzt. Der Effekt soll ebenfalls sein, dass sich die Wurzeln ihren Weg bevorzugt nach unten suchen. Der „Doppelstock“ werde durch den Wuchs nach unten zudem stressresistenter. „Ob es funktioniert und wie gut die Ergebnisse sind, das weiß man erst nach längerer Zeit“, meint Greulich (lesen Sie dazu auch den Artikel rechts).

    Und das ist nur eine der ungewöhnlichen, aber im Lauf der Jahre vielleicht ertragreichen Methoden, mit denen Markus Greulich seinen Weinbau betreibt. Auch wenn er dieses Geschäft quasi mit der Muttermilch aufgesogen hat, entschied sich der Winzer erst im Alter von 30 Jahren nach mehreren beruflichen Stationen, diesen Weg zu gehen.

    Dann aber konsequent: Es folgte ein FH-Studium zum Weinbauingenieur in Geisenhausen. „Sehr viel Theorie und sehr viel zur Leitung eines Betriebes“, habe er dort gelernt. Und in einigen Betrieben dann so manche neue Idee, wie man als Winzer andere Wege beschreiten kann.

    Beispielsweise bei einem anderen Weinberg, an dem Greulich mit dem so genannten „Minimalschnitt“ arbeitet. Was bedeutet, dass man dem Weinstock seinen natürlichen Wuchs – nach oben und irgendwann von dort aus zu allen Seiten wuchernd – im Großen und Ganzen lässt. Mit dem Ergebnis, dass die Pflanze irgendwann zahlreiche Reben mit Beeren trägt, die allerdings von weitaus geringerer Qualität sind, als dass daraus Spitzenweine werden können. Ein Resultat, mit dem Greulich jedoch ebenso auf die Wünsche der Kunden wie die Erderwärmung Rücksicht nimmt. „Immer wieder werden leichte Sommerweine gewünscht.

    Nachdem die Temperaturen durchschnittlich aber immer weiter steigen, wird es zunehmend schwieriger, solche Tropfen mit weniger Oechsle und Alkohol zu erzeugen. Da das Klima aber nicht zu beeinflussen ist, muss man sein Ziel auf andere Wege beschreiten“, erklärt der Hüttenheimer.

    Visionen, ein Leben lang

    Ziele setzt sich Markus Greulich für jeden einzelnen Weinberg, jedes Jahr aufs Neue. Dem Zufall will er so wenig wie möglich überlassen. Lieber steht er noch einige Stunden länger im Wengert. „Eines Tages möchte ich ein richtig erfahrener Winzer sein, der einen breiten Schatz an Kenntnissen hat“, meint er. Und seine Vision vom Wein geht noch weiter: „Wenn ich den Löffel abgebe, sollen meine Weinstöcke immer noch leben.“

    Pioniergeist oder Spinnerei? Lesen Sie auch, was die Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim zu Greulichs Anbaumethoden sagt.

    Experimentieren, neue Wege für einen edlen Tropfen gehen, das alles steht an der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim auf der Tagesordnung.

    Versuche, wie sie Markus Greulich aus Hüttenheim in seinen Weinbergen anstellt (lesen Sie dazu den Artikel links), sind für Dr. Arnold Schwab, Landwirtschaftsdirektor an der LWG, zum einen altbekannte Methoden, zum anderen aber auch Anlass für eine Informationsveranstaltung. Anfang November wollen die Fachleute der LWG die Winzer über das Thema „Minimalschnitt“ bei der Winzergemeinschaft in Repperndorf informieren. Dabei werden von den Versuchen von zehn Jahren berichtet.

    Der Minimalschnitt ist klassischen Winzern schwer zu vermitteln

    „Wie ein im Minimalschnittverfahren behandelter Weinberg aussieht, ist dem klassischen Winzer schwer zu vermitteln“, so Schwab. Jedoch sei diese Methode, die aus Weinanbaugebieten in Rheinland-Pfalz komme, wirklich sinnvoll, vor allem wenn der Weinbauer einen sehr trockenen Weinberg bestellen muss. „Um Kosten zu sparen, ist der Minimalschnitt geradezu ideal“, erklärt Schwab. Die ökonomischen Zwänge nähmen zu, der Winzer sei gefordert, seinen Betrieb weiter zu optimieren.

    Trotzdem sei dieses Verfahren nicht Allheilmittel für den Winzer von morgen. Es müssten weitere Forschungen angestellt werden. „Die Methode muss sich langsam und nachhaltig entwickeln“, bremst Schwab alle aus, die sofort auf den Zug aufspringen wollten. Sowohl bei Iphofens Weinbergen, als auch in Würzburger beim Julius-Spital seien entsprechende Versuche am Laufen.

    Weine für die einfache Literflasche

    „Man darf nie vergessen, dass diese Weine für die einfache Literflasche gezogen werden – nicht mehr, aber auch nicht weniger“, so Schwab zum Thema Qualität. Wenn ein Winzer wie Markus Greulich wisse, wohin er mit seinem Wein wolle, dann sei der noch neuen Methode prinzipiell nichts entgegenzusetzen. Die neue Wunderwaffe sei der Minimalschnitt allerdings nicht.

    Was Greulichs Doppelstockpflanzung oder die enge Setzweise der Stöcke betrifft: Diese Methoden sind den Mitarbeitern der LWG schon seit 30 Jahren ein Begriff. „Eine sicherlich sinnvolle Maßnahme, um sich langfristig vor Frost zu schützen“, meint Schwab. Im Übrigen sei Markus Greulich gewiss einer der wenigen, aber mit Sicherheit nicht der einzige Winzer, der solche Experimente wagt. Ob diese Leute Pionierarbeit leisten, werde sich in den kommenden Jahren zeigen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden