Koffer, Taschen, Rucksäcke, eingerollte Decken – am Hauptbahnhof in Würzburg erinnern diese Gepäckstücke an jüdische Gemeinden und Wohnorte, in denen 1933 jüdische Menschen lebten und die auch vom Hauptbahnhof aus in Konzentrationslager deportiert wurden. An der Aktion "DenkOrt Deportationen" sind auch die Stadt Prichsenstadt sowie die Arbeitsgruppe "Stolpersteine" des Vereins Alt-Prichsenstadt beteiligt, mit einem von Richard Gebert, dem Chef des Hotels Freihof in Prichsenstadt, gesponserten Koffer.
Das Zwillings-Gepäckstück soll nun auch in Prichsenstadt aufgestellt werden, was der Rat schon vor eineinhalb Jahren beschlossen hatte. Einzig die Frage des Standortes galt es noch zu klären. Die Lösung brachte ein Vorschlag der Verwaltung: Der Koffer wird laut dem einstimmigen Beschluss aus der jüngsten Ratssitzung an der Friedhofsmauer auf einem noch aufzustellenden Steinblock gestellt und diebstahlsicher mit einer Kette befestigt werden.
Aufwertung des "etwas leeren Bereich"
Mit diesem Beschluss zeigte sich Wolf-Dieter Gutsch, Vorsitzender des Vereins Alt Prichsenstadt und aufmerksamer Zuhörer in der Sitzung, per E-Mail sehr zufrieden. Durch den Standort "würde nicht nur der etwas leere Bereich rechts vom Eingang zum Friedhof optisch aufgewertet", so Gutsch in der E-Mail. Es wäre auch eine gute Gelegenheit, die "Gleichwertigkeit" der Opfer aus der Zeit des Nationalsozialismus, zu denen Gutsch auch die im Zweiten Weltkrieg gefallenen Soldaten zählt, zu dokumentieren. Das Kriegerdenkmal befindet sich vor dem Friedhofseingang auf der linken Seite.

Angesichts der Faktenlage hätte der Rat auch ohne Aussprache ab- und somit zustimmen können, wie CSU-Sprecher Fabian Uhl anmerkte. Das sah Bürgermeister René Schlehr etwas anders, denn er brachte die Metallplatte an der Friedhofsmauer zwischen dem Ärztehaus und der Kreuzung in Richtung Altstadt ins Gespräch. Mit dieser Platte erinnert die Stadt Prichsenstadt an ihre jüdischen Mitbürger. Nur ist sie nicht nur wegen ihrer dunklen Farbe, sondern wohl auch wegen ihres Standortes so unauffällig, "dass vielleicht nicht mal alle Prichsenstädter wissen, dass es sie überhaupt gibt", mutmaßte Schlehr. Nach eigener Angabe habe er selbst sie auch erst sehr spät bemerkt.
Verein soll Empfehlung für Gestaltung unterbreiten
Diese Tafel, so dritte Bürgermeisterin Alexandra Martin, könne doch am selben Platz wie der Koffer angebracht werden. Ein Vorschlag, den Schlehr sehr gern aufnahm. Sein Angebot: der Bauausschuss soll in seiner nächsten Sitzung gemeinsam mit der Arbeitsgruppe Stolpersteine des Vereins Alt Prichsenstadt bei einem Ortstermin den Standort genau anschauen und dem Stadtrat eine Empfehlung für die genaue Gestaltung des Platzes unterbreiten.