Nach Jahrzehnten beschaulicher Ruhe tat sich was im Euerfelder Rathaus, genauer gesagt: im ehemaligen Bürgermeisterzimmer. Dort, wo bis zur Eingemeindung nach Dettelbach 1978 kommunale Akten gewälzt und Schriftstücke verfasst wurden, sichtete nun Daniel Sauer von der Stadt das umfangreiche Schriftgut, das sich in einem bis jetzt verschlossenen Aktenschrank befand. Unterstützt wurde er von den beiden Euerfelder Stadträten Theresia Mack-Schneider und Josef Scheller.
Der Verkauf des ehemaligen Euerfelder Rathauses hat es nötig gemacht, dass die Stadt das Gebäude räumt, das jetzt zu Wohnzwecken genutzt werden soll. Wie berichtet, hat die Feuerwehr Euerfeld historische Gerätschaften und Spritzen aus dem ehemaligen Feuerwehrraum im Keller geschafft; eine Spritze aus dem Jahr 1832 ging ebenso wie eine Krankentrage ins Deutsche Feuerwehrmuseum nach Fulda, für die zweite Spritze sucht die Wehr noch eine Bleibe.
Zeitungen, Wahlunterlagen und Rechnungsbücher
Der Keller war nun auch die erste Station der kommunalen Vergangenheitsbewältigung im Rathaus, denn dort lagerten alte Akten, Zeitungen, Wahlunterlagen und Rechnungsbücher, häufig sogar bis aus dem 19. Jahrhundert. Vor allem gab es viele Schulanzeiger (ab 1920) oder eine große Zahl von Bayerischen Staatzeitungen aus der Zeit vor der Eingemeindung nach Dettelbach. Diese landeten überwiegend zur Entsorgung auf dem eigens bereit gestellten Lkw. Was als archivwürdig eingestuft wurde, wanderte in vier große Umzugskartons.
Aktenschrank wurde aufgebrochen
Etwas diffiziler war die Aufgabe von Verwaltungsleiter Sauer ein Stockwerk höher. Dort galt es zunächst den Aktenschrank im Bürgermeisterzimmer aufzubrechen. Er war angefüllt mit unzähligen Dokumenten, Formularen und Unterlagen, die der gelernte Jurist einzeln in Augenschein nahm. Sauer war erfreut: „Die Akten aus der Zeit von 1940 bis zur Eingemeindung sind durchgängig vorhanden“, was für eine sehr ordentliche Verwaltungsarbeit der ehemaligen Gemeinde Euerfeld spreche.
Was zum Vorschein kam, war von ganz unterschiedlicher Art: Unterlagen zum Ausbau des Bibergauer Weges, Grabgebührenlisten, der Lageplan des Friedhofs, Essensmarken, Schlachtkarten, Genehmigung von Tanzveranstaltungen, Dienstbotenregister, ortspolizeiliche Vorschriften, Zeugnisse, ein Verzeichnis der Bildstöcke und viele Listen erfolgter Frondienste.
Zum Glück ohne Eintrag
Auch in den Unterlagen fand sich das verstörende „Verzeichnis über die Geisteskranken, Blinden, Taubstummen, Krüppelhaften, Blöden, Idioten und Epileptischen“, datiert auf „pro 193…“, zum Glück ohne Eintrag. Aufgetaucht ist zudem das alte Siegel der damaligen Gemeinde Euerfeld oder die Kasse des Standesamts – in einer alten Zigarrenkiste.
Die Akten aus Euerfeld gingen nach der Sichtung nach Dettelbach, wo sie im Archiv auf dem Dachboden des Rathauses verwahrt werden.