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LANDKREIS KITZINGEN: Der Himmel auf Erden - warum Fronleichnam einst als "schädlichstes Jahresfest" galt

LANDKREIS KITZINGEN

Der Himmel auf Erden - warum Fronleichnam einst als "schädlichstes Jahresfest" galt

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    Der Mittelpunkt der Prozession: Der so genannte Himmel über dem Priester mit der Monstranz bildet das Zentrum der öffentlichen Glaubensinszenierung an Fronleichnam. Genau geregelt ist, wer diesen Baldachin tragen darf.Der Mittelpunkt der Prozession: Der so genannte Himmel über dem Priester mit der Monstranz bildet das Zentrum der öffentlichen Glaubensinszenierung an Fronleichnam. Genau geregelt ist, wer diesen Baldachin tragen darf.
    Der Mittelpunkt der Prozession: Der so genannte Himmel über dem Priester mit der Monstranz bildet das Zentrum der öffentlichen Glaubensinszenierung an Fronleichnam. Genau geregelt ist, wer diesen Baldachin tragen darf.Der Mittelpunkt der Prozession: Der so genannte Himmel über dem Priester mit der Monstranz bildet das Zentrum der öffentlichen Glaubensinszenierung an Fronleichnam. Genau geregelt ist, wer diesen Baldachin tragen darf. Foto: Foto: Elmar Hochholzer

    Fronleichnam galt Martin Luther als „allerschädlichstes Jahresfest“, weil die biblischen Grundlagen für die Feierlichkeiten fehlten. Zu viel kostspieliger Prunk und äußere Schau stünden im Mittelpunkt. Dadurch mache „man dann Christum zu einem Spielman“. Alte Quellen berichten sogar von handfesten Übergriffen und Schlägereien zwischen den verfeindeten Konfessionen.

    Davon ist man heute weit entfernt. Fronleichnam ist ein farbenfrohes, ausdrucksstarkes Fest katholischer Frömmigkeit im Frühsommer. Es geht längst nicht mehr um konfessionelle Abgrenzung, sondern um Jahrhunderte altes kirchliches Brauchtum und gelebte Traditionen. Wie kaum sonst, werden sie bei den Fronleichnamsumzügen sichtbar, auch wenn sie immer mehr aus dem Bewusstsein schwinden.

    Streng festgelegte Ordnung

    Um „Unsicherheiten“ bei der Fronleichnamsprozession zu vermeiden, sahen sich deshalb die Pfarreien Sommerach und Nordheim veranlasst, „eine Hilfestellung zur Reihenfolge“ bei der Prozessionsordnung in schriftlicher Form anzubieten. Folgende Aufstellung ist gewünscht: „Ministranten – Jungen – Männer – Vereine mit Fahnen – Musikkapelle – Kinder, die Blumen streuen – Kommunionkinder – Ministranten – Himmel mit dem Allerheiligsten – Gemeinderat – Mädchen – Frauen – dazwischen Muttergottes mit Begleitkindern“.

    Diese streng aufgebaute Ordnung mit dem „Himmel“ im Mittelpunkt der Prozession dürfte in den meisten katholischen Gemeinden noch gelten und geht auf lange Gewohnheiten zurück. Praktisch das ganze Dorf war und ist an der festlichen Repräsentation beteiligt. Gerade Fronleichnam sei, so der Volkskundler Karl-Sigismund Kramer, „ein lebendiges Zeugnis für die unlösbare Verwachsung kirchlichen und gemeindlichen Lebens“. Die Straßen werden herausgeputzt mit Birkenstämmchen, Fahnen aufgesteckt, die vier Altäre prächtig mit Blumen geschmückt und davor häufig ein Motiv-Teppich aus bunten Blüten ausgelegt.

    Früher war die Teilnahme Pflicht

    Manchmal wurde mit dem Schmuck übertrieben, so dass die Obrigkeit einschritt. Um den Wald zu schützen, wurde in Dimbach verfügt, dass die jungen Bäume erst für den späteren „Hagelfeiertag“, an dem ebenfalls eine Prozession stattfand, geschlagen werden durften.

    Anders als früher besteht keine Teilnahmepflicht bei der Prozession mehr. Besonders galt diese Anwesenheitspflicht für die obersten Repräsentanten einer Gemeinde, den Bürgermeister, die Gerichtsschöffen und die Räte. Sie hatten und haben auch heute noch gleich hinter dem wichtigsten Element der Fronleichnamsprozession ihren festen Platz, dem „Himmel“. Dies ist ein golddurchwirkter Baldachin, der an vier Stangen aufgehängt ist, und in dessen Mitte der Pfarrer die Monstranz mit der geweihten Hostie durch die Gemeinde trägt.

    Es ist eine besondere Ehre, Himmelsträger zu sein, weil man ja dem Allerheiligsten in der Monstranz am nächsten ist. Meistens sind es Mitglieder der Kirchenverwaltung, die diese Funktion jahrelang ausüben – in vergangenen Zeiten in Frack, Zylinder und weißen Handschuhen. In Nordheim und Astheim hat sich die Sitte herausgebildet, dass die jüngstvermählten Männer den Himmel tragen. Doch kann dieser Brauch immer weniger eingehalten werden, und auch in vielen anderen Gemeinden wird es immer schwieriger, Leute für diesen Dienst zu finden. Allerdings ist diese Situation nicht neu. Das Gemeindeprotokoll von Biebelried berichtet im Jahr 1758, mancher, den „ordnung des himmelstragens“ treffe, wolle „sich solches tragens geflissentlich entzihen“. Wenn er aber einen Stellvertreter finde, der „den himmel traget“, müsse er ihm 1 Pfund Geld bezahlen.

    Manche ärmere Dorfbewohner haben sich so durch ständige Stellvertretung beim Tragen des Himmels ein Zubrot verdient. Frauen waren von dieser Funktion ausgeschlossen – daran hat sich anscheinend noch nichts geändert.

    Die Dorfoberen sind Teil dieser öffentlichen Inszenierung des Glaubens, übernehmen aber eine dienende Rolle. So ist es beispielsweise in Sommerach ungeschriebenes Gesetz, dass die beiden Bürgermeister den Himmel mit Kerzen begleiten.

    Mahl auf Kosten der Gemeinde

    Aber im Gegensatz zu früheren Zeiten tun sie dies ohne Gegenleistung. Denn es war allgemein üblich, dass sich die Funktionsträger nach der Prozession zu einem Mahl mit Umtrunk trafen und es sich auf Kosten der Gemeinde gut gehen ließen.

    Laut Gemeinderechnung von 1643 sind in Sommerach 8 Gulden und 2 Pfund Geld „nach gehaltenem Umgang“ vom Herrn Pfarrer „neben etlichen Raths- und Gerichtspersonen, so den himmel getrogen, und anderen verzehret worden“. Es muss ein üppiges Mahl gewesen sein, denn für 8 Gulden musste ein Tagelöhner Monate lang arbeiten.

    Und auch die Schützen, von denen aus Stadelschwarzach berichtet wird, dass sie „nach der Lesung der Evangelien geschossen“ und mit beim Umzug waren, taten dies nicht umsonst. Sie bekamen ein Pfund und 15 Pfennig „zum verzehren“. Sogar das Pulver haben die Schützen in Rechnung gestellt, aber ausdrücklich hinzugefügt, dass es beim Fronleichnamsschießen nur um „der ehr gottes willen“ gegangen sei.

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