Mehr als 100 traditionelle Holzrechtler gibt es aktuell noch für den Iphöfer Mittelwald, aber wie lange noch? Die Frage muss erlaubt sein, nachdem der Stadtrat am Montagabend bei seiner jährlichen Waldbegehung mal wieder ernste Töne angeschlagen hat, wie er es zuletzt vor zehn Jahren tat. Manche vergäßen offenbar, dass mit ihrem Holzrecht auch Pflichten einhergehen, und so erwägt der Stadtrat nicht zum ersten Mal, den Säumigen nach einer letzten Warnung das Holzrecht zu entziehen. „Die spannende Frage an den Stadtrat ist: Dürfen wir so konsequent sein?“, fragte Bürgermeister Josef Mend vorsichtig in die Runde.
Düstere Symbolik umwölkte Mend und seine Räte. In der Ferne war Donnergrollen zu hören, als sie das heiße Eisen anpackten, und wer die Diskussionen von damals noch im Gedächtnis hat, kann sich in etwa vorstellen, dass die Lobby der Holzrechtler auch diesmal Blitze schleudern wird, sollte es zum Äußersten kommen. Der Bürgermeister sieht die Zeit dennoch gekommen, die Diskussion jetzt zu führen. „Wir beobachten in den letzten Jahren wieder häufiger, dass manche ihr Holzrecht nicht ausüben.“ Wenn aber jeder mache, was er wolle, sei die Mittelwaldbewirtschaftung in dieser Form nicht aufrechtzuerhalten. Also, was tun?
Von den 2200 Hektar Stadtwald in Iphofen sind etwa 376 Hektar Mittelwald; einst bezogen die Bürger daraus ihren winterlichen Brennholzvorrat. Der Mittelwald hat Tradition, Fürstbischof Julius Echter hat ihn 1574 in Iphofen eingeführt. Eigentlich ist er Hochwald und Niederwald in einem, eine Mischung aus Oberholz, das alt werden darf, und Unterholz, das alle gut alle 30 Jahre flächig als Brennholz geerntet wird. An diesem Punkt kommen die Rechtler ins Spiel – einst um die 180, heute noch etwa 100 an der Zahl. Sie ziehen jedes Jahr ihre Laube und dürfen dann an einer ausgewiesenen Fläche bis zu 20 Ster Brennholz schlagen.
Doch manchem ist diese Prozedur zu beschwerlich. Die Folgen sind unübersehbar. Mend hatte die Stadträte extra an eine Stelle im Wald geführt, an der Lauben stehen geblieben sind, der Holzrechtler also seinen Pflichten nicht nachgekommen ist. Die Frage, die sich den Räten stellt, ist nun: Verwirkt so einer sein Recht? Nach dem Gesetz schon, wie Mend klarmachte. „Wenn einer sein Recht einmal nicht ausübt, verfällt es.“ Bislang zeigte die Stadt sich meist kulant, nur zweimal machte sie ernst und entzog Rechte. „Wir dachten, das hätte als mahnendes Beispiel gereicht.“ Noch einmal, ein letztes Mal, will Mend dieses Jahr bei der Laubenziehung über die Folgen nicht ausgeübter Holzrechte aufklären.
„Wir werden Kahlflächen bekommen.“
Iphofens Stadtförster Rainer Fell zur Situation der Eschenbestände
Für Stadtrat Rupert Maier sind die Säumigen „ein paar schwarze Schafe, denen man mal auf die Füße treten muss“. Doch das sei kein Grund, die gesamte Mittelwaldwirtschaft in Frage zu stellen. Der Mittelwald biete in seiner Flora und Fauna eine Vielfalt, deretwegen viele Leute nach Iphofen kämen. Das sieht Stadtförster Rainer Fell kaum anders – vor allem, da mit dem Life-plus-Projekt der Mittelwald noch stärker in den Fokus gerückt ist. In einem Schau-Mittelwald lässt sich seit einiger Zeit das Besondere dieses Waldbilds erkunden. Der Mittelwald ist für Iphofen zur kleinen Attraktion geworden.
Und doch wird er mittelfristig, wie der gesamte Stadtwald, kaum Gewinne abwerfen, wie Mend mitteilte. Erst die nächste oder übernächste Generation werde die Früchte ernten, die man nun mit der Umstellung ganzer Waldbereiche gesät habe. Eichen dominieren den Iphöfer Wald zu nahezu zwei Dritteln. Dies ist das Kapital, aus dem künftige Generationen einmal schöpfen können. Die starke Fixierung auf die Eiche erklärte Förster Fell mit dem Umstand, dass anderen Baumarten früher wenig Beachtung geschenkt worden sei. Eiche sei nicht nur als Brennholz stark gefragt gewesen, sondern auch als Fassmaterial im Weinbau. So geht die Eiche, ein Symbol für Kraft und Stärke, guten Zeiten entgegen.
Mehr Sorgen bereiten den Forstexperten derzeit die Eschen, die reihenweise dem Untergang geweiht sind. Ein Pilz greift über die Triebe den gesamten Baum an und macht ihm den Garaus. „Wir werden Kahlflächen bekommen“, sagte Fell, der den Eschen im Moment wenig Überlebenschancen gibt und von Neuanpflanzungen abrät.
Vor 20 Jahren waren es die Ulmen, die einem gefräßigen Schädling aus der Familie der Borkenkäfer zum Opfer fielen und sich nur langsam erholten. Auch die Eichen haben gelegentlich gelitten unter allerlei Getier. sie scheinen das Gröbste überstanden zu haben.