Die Ebshäuser Kerm hat eine lange Tradition und wird heuer in der Großen Gärtnervorstadt zum 113. Mal gefeiert und zwar ab Freitag, 13. Oktober. Gelegenheit für einen Rückblick auf eine ereignisreiche Veranstaltung mit langer Geschichte.
War es einst eine kleine Dorfkirchweih, änderte sich das nach dem Zweiten Weltkrieg, als sich Emil Engelbrecht als Motor der Kerm auszeichnete. Er war der Wegbereiter dafür, dass in den Jahren vor 1950 die Aufstellung des Kirchweihbaums, das Schubkarrenrennen, die Krönung einer Gärtnerkönigin und der Gärtner-Gedächtnisgottesdienst aus der Taufe gehoben wurden.
Immer wieder Engelbrecht
Wer in alten Aufzeichnungen oder historischen Kirchweih-Generalern (Kirchweihzeitungen) blättert, der kommt nicht an Emil Engelbrecht vorbei. Ob als Cheforganisator der Kerm oder Bewahrer der Tradition machte sich der bei der Stadt angestellte Schreiner einen Namen und ging für seine geliebte Kerm sogar unfreiwillig ins Gefängnis.
Denn trotz des Verbots von Tanzveranstaltungen durch die US-amerikanische Besatzungsmacht organisierte er im Hintergrund zusammen mit dem damaligen Kronenwirt Heinrich Eger 1945 einen Kirchweihtanz. Die Sache kam heraus, das Duo wurde von der US-Militärpolizei abgeführt und musste danach dreieinhalb Tage im Gefängnis des Amtsgerichts gesiebte Luft atmen.
Freigekauft
Ein US-Gericht, das keinen Kirchweih-Spaß verstand, verdonnerte Engelbrecht und Eger zu eineinhalb Jahren oder ersatzweise 7500 Reichsmark, was in den Bänden der Kitzinger Zeitung im Stadtarchiv nachzulesen ist. Dazu ließen es die Gärtner aber nicht kommen, denn sie gingen von Haus zu Haus um das Geld einzusammeln, womit sie Engelbrecht und Eger freikaufen konnten.
Im Jahr 1949 war Emil Engelbrecht als Gründervater der Handballabteilung des Turnvereins Etwashausen auch der Initiator für die Premiere des Kirchweih-Generalers mit Hannes Hirth als Autor des Prologs. Drei Jahre später wurde mit Margareta Lang die erste gewählte Gärtnerkönigin gekrönt. Sie spielte in den folgenden Jahrzehnten immer eine aktive Rolle bei der Ebshäuser Kerm und engagierte sich ab den 1980er-Jahren als Autorin für den Generaler.
Ursel Döllinger kommt
Im Jahr 1967 bestieg die spätere Mutter der Kerm, und heute noch aktive Ursel Döllinger, die in den 30 Jahren Amtszeit von Kirchweihpräsident Adam Straßberger als dessen linke und rechte Hand zugleich fungierte, den Königinnenwagen. Auf ihre Dienste möchte der heutige Kirchweihpräsident Markus Volbers nicht verzichten und er wird Ursula Döllinger beim heurigen Umzug zu ihrem persönlichen Jubiläum gratulieren. Denn die Mutter der Kirchweih-Kompanie der Ebshäuser Kerm, trug genau im Oktober vor 50 Jahren die Krone der Gärtnerkönigin.
Im Jahr 1955 erlebte Kitzingen einen Skandal, als die Etwashäuser gegen die Stadtoberen im Rathaus mit dem damaligen Oberbürgermeister Siegfried Wilke auf der anderen Mainseite rebellierten. „Die anderen wie Emil Engelbrecht wären nicht knallhart gewesen, doch der damalige Kirchweihpräsident Hans May war ein Hardliner“, erinnert sich Adam Straßberger an eine betreffende Versammlung in der Gärtnersruh-Wirtschaft. So kam es, dass der Umzug mit Ausgrabung und die Eingrabung ausfielen und es stattdessen nur eine Kinderkerm gab.
Königin im Leiterwagen
Bernhard Günther erzählt gerne von diesem Tag, als er einen Leiterwagen zog, in dem Iris Hetzner die Gärtnerkönigin mimte. Sein Bruder Richard Günther verlas damals einen von Max Leipold gedichteten Reim bei den Wirtsleuten und Norbert Hutzelmann begleitete sie auf dem Akkordeon. Ein Jahr später fand die Kerm nur in den damals noch 13 Wirtschaften statt.
Auf neue Beine gestellt
Siegfried Wilke ergriff dann die Initiative, um 1957 wieder eine Kerm auf die Beine zu stellen. Er gewann Kurt Höcht, Nico Böhm und Hans-Joachim Schumacher, die in der Kitzinger Karnevalsgesellschaft (KiKaG) aktiv waren, für sein Vorhaben, die Organisation der Kerm zu steuern.
In der Kitzinger Zeitung schaltete der OB und Schirmherr damals eine große Anzeige, um die Bevölkerung nach Etwashausen einzuladen und der Präsident des Kirchweih-Komitees, Johann Hummel, freute sich, dass das Kirchweihfest zu neuem Leben erweckt wurde.
Adam Straßberger hatte als Achtjähriger im Jahr 1947 bei der ersten Nachkriegskerm seine Premiere als Häblesträger. Im Jahr 1955 wechselte er zu den Schubkarrenfahrern und wurde 1959 Anführer der Ausgräber.
Nach einigen Jahren als Vorreiter bestieg er 1979 als Kirchweihpräsident die höchste Stufe seiner Kerm-Karriere. Dies wurde durch seine Wahl in den Stadtrat möglich, denn der Tradition zufolge sollte immer ein amtierender Stadtrat aus der Großen Gärtnervorstadt der Kirchweihpräsident sein. Adam Straßberger war in Frack und Zylinder genau 25 Jahre der erste Mann im Etwashäuser Kirchweih-Staat.
Johann Hummel war der erste Kirchweihpräsident in Etwashausen, ihm folgten Julius Kreßmann II., Georg Zepter, Hans May, Adam Straßberger und der seit 2004 amtierende Markus Volbers.
Lebendes Inventar
Doch nicht nur Präsidenten prägten das Bild der Kerm, sondern auch Leute, die zum lebenden Inventar wurden.
So wurde der klein gewachsene Hans Geißendörfer, der 26 Jahre lang als Gansträger den Umzug anführte, fast eine Legende. Denn die Gärtner nannten ihn nur das „Geißendörfers Hanserla“.
Während Adam Straßberger mit Führungsqualitäten aufwartete, war sein Bruder Paul Straßberger ein ganz wichtiger Mann im Hintergrund. Denn er war einst der geistige und handwerkliche Vater aller Kirchweihwagen und über Jahrzehnte unverzichtbar für den Kirchweihumzug.
Die Etwashäuser feiern Jahr für Jahr eine Traditionskirchweih, an deren Programm sich kaum etwas verändert hat.
Einzige Neuerung war vor zwei Jahren, dass die Gärtner ihren Gedenkgottesdienst vom Morgen auf den Abend verlegten, was der Resonanz gut tat und im Dämmerschoppen ein gemütliches Ende fand.
Das alles gibt es wieder – am zweiten Wochenende im Oktober.
Der Ursprung Der Ursprung der Kirchweih liegt im Jahr 1754 als die Kreuzkapelle geweiht wurde, die der damalige Fürstbischof Karl Friedrich von Schönborn durch den bekannten Baumeister Balthasar Neumann erbauen ließ. Historischen Aufzeichnungen zufolge, soll damals eine Woche später eine so genannte „Fresskerm“ in drei Wirtschaften stattgefunden haben. Im Kitzinger Stadtarchiv finden sich Belege von Annoncen, in denen die Gastwirte immer wieder in Zeitungen zur Etwashäuser Kerm einluden. Eine richtige Kirchweih mit Ausgrabung wurde auf die Initiative der Gastwirtsehefrau Laura Pröschel von der Goldenen Gans im Jahr 1904 eingeführt. Damals wurde die Kerm vor dem ehemaligen Gasthaus „Moschee“ (vor dem Fehrer-Firmengelände) ausgegraben. Danach wurde von den Kirchweihburschen vor jedem Gasthaus den Wirtsleuten ein Ständerle dargebracht.