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Prühl: Ein Glücksschwein unter Polizeischutz

Prühl

Ein Glücksschwein unter Polizeischutz

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    Schwein gehabt: Die Polizistin Jenny Steinhöfer findet ein vom Laster gefallenes Ferkel an der Autobahn - und zieht es auf.
    Schwein gehabt: Die Polizistin Jenny Steinhöfer findet ein vom Laster gefallenes Ferkel an der Autobahn - und zieht es auf. Foto: Frank Weichhan

    „Schweine auf der Autobahn!“ Es ist kein alltäglicher Notruf, der Polizei-Hauptmeisterin Jenny Steinhöfer Anfang Februar einen denkwürdigen Einsatz einbringt. Vor Ort angekommen, ist aus den vermeintlichen Schweinen ein einzelnes Ferkel geworden. Das hatte zunächst hilflos auf dem Standstreifen gelegen und einen mitleidigen Autofahrer anhalten lassen. Der brachte das Tier aus der Gefahrenzone in die angrenzende Böschung, um dann den Notruf zu wählen.

    Als Jenny Steinhöfer kurz darauf am Ort des Geschehens eintrifft, ist das Findel-Ferkel bei ihr in den besten Händen. Wenn nämlich in ihrer Dienststelle in Rothenburg ob der Tauber, die auch für 40 Autobahnkilometer rund um Gollhofen zuständig ist, Einsätze mit Tieren anstehen, ist sie die Frau für alle Fälle: Ihre Tierliebe hat sich längst unter den Kollegen herumgesprochen. Zumal sie nicht nur mit Tieren aufwuchs, sondern auch gelernte Tierarzthelferin ist.

    Ein Ferkel fliegt von Bord

    Im Schweinsgalopp: Peppa beim Toben auf der Wiese.
    Im Schweinsgalopp: Peppa beim Toben auf der Wiese. Foto: Frank Weichhan

    Die 33-Jährige nimmt das Tier in ihre Arme – und gibt es erst einmal nicht wieder her. Zurück auf der Dienststelle, beginnt die Recherche. Da das Tier eine Ohrmarke hat, reicht ein Anruf beim Veterinäramt in Ansbach, um herauszufinden, was passiert war. Ein paar Stunden zuvor hatte ein Tiertransporter in Kitzingen 607 Ferkel – um die 28 Tage alt und um die sechs Kilo wiegend – eingeladen. Um sich dann auf einen 400 Kilometer langen Weg zu einem Mastbetrieb zu machen. Dort bleiben die Tiere dann ein halbes Jahr, bis sie es auf etwa 150 Kilo bringen und beim Schlachter landen.

    Warum plötzlich bei Gollhofen nur noch 606 Ferkel an Bord sind, lässt sich nur vermuten. Am plausibelsten dürfte die Erklärung sein, dass der Transporter aufs Bankett kam und vielleicht etwas schleuderte. Das könnte dafür gesorgt haben, dass Nummer 607 erst durch einen der Lüftungsschlitze und wenig später in die Arme der Polizistin fiel.

    „Wer so viel Glück hat, muss leben!“ sagte sich die Beamtin - und mit etwas Überredungskunst sah das auch der Züchter so. Weshalb das Ferkel in einer Katzenbox landet und von Jenny Steinhöfer kurzerhand adoptiert und mit nach Hause genommen wird. Dort wohnt es zunächst im ehemaligen Laufstall der Tochter, ehe es in einem Stall eine Box mit Rotlicht bekommt. Das Ferkel gehört die nächsten sieben Wochen mit zur Familie. "Immer mittendrin", wie die 33-Jährige mit einem Lächeln erzählt. Einen Namen hat der Familien-Neuzugang inzwischen auch: Das Glücksferkel wird von der Tochter „Peppa“ getauft, frei nach ihrer You-Tube-Lieblings-Zeichentrickserie Peppa Wutz.

    Schweinchen vor dem Schlachter gerettet

    Wühlen in der Erde - Peppa in ihrem Element.
    Wühlen in der Erde - Peppa in ihrem Element. Foto: Frank Weichhan

    Mitte März beginnt dann notgedrungen die Suche nach einem neuen Zuhause für Peppa: Weil selbst das niedlichste Ferkel irgendwann groß und schwer wird und mitunter in der Brunft seinen Rappel bekommt. Nicht zuletzt brauchen Schweine auch Artgenossen, um sich wohl zu fühlen. Und: Der bis dahin geduldige Lebensgefährte der Polizistin mahnt ebenfalls eine zeitnahe Umsiedlung an. Kurzum: Die Zeit für den Abschied ist gekommen. Nur: Wer nimmt ein Ferkel auf mit dem Versprechen, es niemals zu schlachten? Gar nicht so einfach, wie die Polizistin trotz ihrer vielen Kontakte in der Szene durchaus überrascht feststellen muss. 

    Unzählige Anrufe später: Die Verzweiflung greift langsam um sich, als sich über einen gemeinsamen Bekannten 40 Kilometer entfernt die Lösung andeutet: ein alter Bauernhof im Oberscheinfelder Ortsteil Prühl. Dort erfüllen sich Simone Dietrich und Horst Büchs einen Traum: Das Paar betreut 54 Tiere – von Hühnern, Schafen über Ziegen und Pferden bis zu Hunden und Katzen. Und Mini-Schweinen. In Anlehnung an ihre Vornamen nennen die Ranch-Besitzer ihr kleines Paradies „Si-Ho-Tierheimat“ (www.tierheimat.siho-ranch.com).

    Dafür hatten die beiden in Kitzingen arbeitenden Tierfreunde 2013 einen Umzug von Unter- nach Mittelfranken auf sich genommen, weil es auf dem Anwesen im Prichsenstädter Ortsteil Brünnau nach zwölf Jahren schlichtweg zu eng geworden war. Mit Sack und pack sowie mit zwei Eseln, zwei Pferden, drei Hunden und einem Pony ging's damals in die neue Heimat.

    "Peppa war immer mittendrin." Jenny Steinhöfer über das Familienleben mit einem Ferkel

    Bei Fuß: Manchmal klappt das sogar - zumindest wenn Futter in der Hand ist.
    Bei Fuß: Manchmal klappt das sogar - zumindest wenn Futter in der Hand ist. Foto: Frank Weichhan

    Weil sich nach der ersten Kontaktaufnahme die beteiligten Zweibeiner sympathisch finden, wohnt Peppa nun sein zehn Tagen bei Oberscheinfeld. Mit den vier auf dem Hof lebenden Mini-Schweinen gibt es immer wieder Annäherungsversuche - wenn die inzwischen 14 Kilo schwere Peppa nicht gerade im Boden herumwühlt. Auch hiermit hat das Findel-Ferkel viel Glück: Der Hof mit seinen 56 Bewohnern hatte sich eigentlich ein freiwilliges Tier-Aufnahme-Verbot auferlegt, weil irgendwann die Arbeit zu viel wird und natürlich auch Kosten anfallen.

    Freunde fürs Leben

    Das ist auch der Grund, warum weiter gesucht werden soll: Vielleicht findet sich ja ein noch besseres Plätzchen für Peppa, die es in zwei, drei Jahren auf beachtliche 250 Kilo und damit auch die Ranch an ihre Grenzen bringen wird. Wie auch immer es weiter geht: Jenny Steinhöfer wird ihr Glücksschwein nicht mehr aus den Augen lassen und hin und wieder besuchen kommen. Man muss sich also um Peppa keine Sorgen mache: Sie steht, wenn man so will, unter Polizeischutz.

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