Seit wann wird ein 135. Geburtstag groß gefeiert? Diese Frage musste Alfred Hack im Vorfeld des Festabends der Raiffeisenbank Kitzinger Land immer wieder beantworten. „Wir haben das Internationale Jahr der Genossenschaften. Das wollten wir mit Ihnen feiern“, ließ Bankvorstand Hack die über 150 Gäste in der Sporthalle des TV Großlangheim wissen.
Landrätin Tamara Bischof nahm den Ball in ihrem Grußwort auf, meinte zur Erheiterung des Publikums: „Lasst uns schon mal feiern. Man weiß ja nicht, was noch kommt.“ Was ihr imponiert, ist die Genossenschaftsidee: „Die Bürger haben ihre Sache damals selbst in die Hand genommen und nicht auf Hilfe von außen gewartet.“
Gegen die Armut
Reinhold Weber begann seinen Rückblick auf 135 Jahre mit dem Motto von Friedrich-Wilhelm Raiffeisen. „Einer für alle. Alle für Einen.“ Raiffeisen, geboren 1818 in Hamm, wollte laut Weber mit seiner „genossenschaftlichen Idee“ dazu beitragen, der damals weit verbreiteten Armut unter Bauern, Arbeitern und Handwerkern entgegenzutreten.
Dafür sei es vor 135 Jahren, am 15. Dezember 1877, zur Gründung des „Creditvereins Großlangheim und Umgebung eGmuH“ gekommen. 85 Männer und Frauen aus Großlangheim, Kleinlangheim, Haidt, Atzhausen, Rödelsee und Fröhstockheim gehörten dazu, Hauptinitiator war nach Webers Worten der Geistliche Rat Imhof. Die Kreditvergabe bewegte sich bis 1890 ungefähr in den Grenzen von 30 bis 2000 Mark. Die Kredite wurden „mit äußerster Vorsicht“ und nur mit einem Bürgen vergeben, der einspringen musste, wenn es Ausfälle gab. 1909 belief sich die Zahl der Mitglieder auf 150.
Die zweitälteste ehemals selbstständige Genossenschaft war der Darlehenskassenverein Willanzheim (1880), es folgte Seinsheim (1882) mit 55 Bürgern. Als Gründungsdatum des Darlehenskassenvereins Obernbreit ist der 11. November 1890 überliefert. Laut Festredner war erster Vereinschef Georg Dalk, als Geschäftsanteil seien 20 Mark festgesetzt worden. „Die Kredite bewegten sich zwischen 25 und 500 Mark und wurden verwendet zum Kauf von Jungschweinen, einer Kuh oder zur Reparatur am Haus.“
Nach vielen weiteren Neugründungen begann laut Weber die Zeit der Fusionen. Aus der Großlangheimer Raiffeisenkasse wurde 1968 mit Rödelsee die „Raiffeisenbank am Schwanberg eG“. 1970 kam Kleinlangheim hinzu, 1971 Sickershausen. 1977, zum 100-jährigen Gründungsjubiläum, habe das Geschäftsvolumen 11 786 143 Mark betragen, 1986 schon fast 34 Millionen Mark und 2001 fast 87 Millionen.
Wie ein roter Faden
Die Raiffeisenkassen Tiefenstockheim, Herrnsheim, Hüttenheim, Seinsheim, Willanzheim und Martinsheim-Enheim fusionierten bis 1972 mit Obernbreit. Zum 100. Geburtstag 1990 betrug das Geschäftsvolumen fast 70 Millionen Mark. Die Fusion der Raiffeisenbanken am Schwanberg und von Obernbreit 2003 ergab laut Weber die Raiffeisenbank Kitzinger Land eG, die heute ein Geschäftsvolumen von nahezu 140 Millionen Euro aufweise. 3680 Mitglieder halten laut Weber 14 660 Geschäftsanteile, die Bank habe 9086 Kunden und führe 23 600 Konten.
Im Rückblick werde Mut, Fleiß und Ausdauer der Bankgründer deutlich sichtbar, so der Festredner weiter. Die Solidargemeinschaft mit genossenschaftlicher Struktur habe zu einem damals kaum denkbaren Wohlstand geführt. „Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele“: Dieser Leitsatz von Namensgeber Raiffeisen ziehe sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Bank. „Und das soll auch in Zukunft so bleiben.“