Inhaber Rainer Wolf, der am Donnerstag, 25. Januar, den Insolvenz-Antrag beim zuständigen Amtsgericht in Würzburg stellen musste, hat die Mannschaft in den drei Werken eingeschworen: "Noch besser produzieren, dann bleiben wir interessant", lautete seine Parole. "Meine Sorge gilt dem Erhalt der Arbeitsplätze", räumte er in einem Gespräch mit dieser Zeitung ein. Etwa 150 stehen in Altenschönbach auf dem Spiel, in Arnstadt in Thüringen sind es noch einmal 170 und in Krieschow bei Cottbus 120. Der Lohn der Beschäftigten ist drei Monate gesichert, wenn das Gericht dem Insolvenz-Antrag statt gibt (Insolvenz-Geld vom Arbeitsamt).
Übernahme-Gespräche
"Die Lage hat sich beruhigt. Wir produzieren, mit denselben Leuten, dieselben Produkte und wir haben dieselben Kunden." Soweit Rainer Wolf zum Stand der Dinge, um die sich in Altenschönbach und Arnstadt der vom Gericht als vorläufiger Insolvenz-Verwalter eingesetzte Rechtsanwalt Bruno Fraas aus Zellingen am Main kümmern muss. Für die Spreeback-GmbH wurde ein Anwalt aus Berlin eingesetzt.
Pläne für eine Sanierung des Unternehmens, auf dem nach Angaben von Rainer Wolf Verbindlichkeiten von 40 Millionen Mark lasten, sollen zweigleisig angegangen werden: Einmal werden Gespräche mit den beiden Haus-Banken und anderen möglichen Geldgebern geführt. Auch geht es darum, Investoren zu finden, die die Firma übernehmen oder weiterführen. "Nächste Woche werden die Kontakte in dieser Richtung vertieft", kündigte er an.
Der "Süße Wolf" aus Altenschönbach gilt bei den Schoko-Küssen als eine der ersten Adressen. Kunden sind sogar in England, Finnland oder Nordamerika. Außerdem verlassen Gebäck-Mischungen mit Plätzchen und Waffeln die Fabrik und haben in vielen Ländern Abnehmer; in Mittel-Europa und darüber hinaus. Lkw aus dem Kosovo und aus Spanien standen erst diese Tage auf dem Firmengelände und wurden beladen. Außerdem hat Wolf seine eigenen Fahrer (16 Leute kümmern sich um den Transport).
Jetzt hat Branche Saison
Das Geschäft in der Branche ist auch Saison-abhängig, weiß Rainer Wolf. Von Weihnachten bis Ende Januar gebe es immer eine Talsohle. Dann zieht die Produktion an. "Das müssen wir jetzt in der schwierigen Phase unserer Firma nutzen", meint er, der die Betriebe in Altenschönbach und Arnstadt seit Herbst 1997 als Inhaber führte und in Krieschow geschäftsführender Gesellschafter der GmbH ist.
Bis zwei Wochen vor Ostern hätten die Werke in den vergangenen Jahren immer auf Hochtouren produziert. Im Sommer sei es immer "ganz schwach", bevor dann ab Ende August bis in den November in der Süßwaren-Industrie wieder in die Vollen geht. In Spitzen-Zeiten nehmen die Frauen am Band in Altenschönbach jede Stunde 110 000 oder täglich etwa eine Million Stück der Produkte vom Band, die bis vor einigen Jahren noch unter den landläufig bekannten Namen wie "Mohrenköpfe" oder "Negerküsse" vermarktet wurden.
Heute nennt Wolf die Schaumküsse "Mini-Topkuss" oder "Choko-Topkuss". Die Spreeback GmbH, das Wolf-Tochter-Unternehmen in der Lausitz, stellt Salzgebäck her (Knabbersachen, Sticks und Brezeln). Die Geschäftspartner informierte Rainer Wolf vorige Woche über Hintergründe, die dem Unternehmen den Antrag auf ein Insolvenz-Verfahren bescherten. "Unsere offene Politik werden wir beibehalten und unsere Kunden reagierten auch recht verständnisvoll", sagte er dazu gestern.
Neue Werke im Osten
Die beiden Wolf-Werke in Thüringen (Arnstadt) und Brandenburg (Krieschow) wurden 1993 und 1995 gebaut; das in Altenschönbach hat seine Ursprünge im Jahre 1962 und wurde seitdem stets erweitert, zuletzt 1995. Die großen Investitionen lasten noch immer auf dem Betrieb, wie Rainer Wolf seinen Kunden mitteilte. Auch ließ er sie wissen, dass voriges Jahr einige weitere ungünstige Faktoren hinzu gekommen seien (Zinserhöhungen, früher heißer Sommer, höhere Energiepreise und ein großer Preiskampf bei Lebensmitteln).
Nummer zwei
Rechtsanwalt Bruno Fraas (Zellingen) war nach seinem ersten Termin in Altenschönbach relativ guter Dinge, dass das Unternehmen in irgendeiner Form oder mit einem Investoren weitergeführt werden könne, wegen seiner guten Stellung. Wolf gilt bei den Schaumküssen als Nummer zwei in Deutschland. Vorläufiger Insolvenz-Verwalter in Krieschow ist Rechtsanwalt Udo Feser (Berlin). Auch er sagte: "Ich sehe Möglichkeiten, den Betrieb erhalten zu können, der als einer der wenigen Unternehmen in Europa Salzgebäck herstellt."