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KITZINGEN: Elektronik lockt Leseratten

KITZINGEN

Elektronik lockt Leseratten

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    Klarer Favorit: Ingrid Klein bevorzugt das gedruckte Buch.
    Klarer Favorit: Ingrid Klein bevorzugt das gedruckte Buch. Foto: Foto: L. Meissner

    Sigrid Klein ist eine vom „alten Schlag.“ Das sagt sie selbst und schaut dabei stolz auf die zig Bücher, die um sie herum in der Kitzinger Buchhandlung Schöningh in den Regalreihen stehen. Vor ihr auf dem Kaffeetisch liegt ein kleines, weißes Gerätchen, nicht viel größer als eine Tafel Schokolade: ein E-Book-Reader. Mit diesem Gerät lassen sich digitalisierte Bücher, sogenannte E-Books, lesen. Für Sigrid Klein kommt das nicht in Frage.

    „Dass das die Zukunft ist, habe ich lange Zeit nicht geglaubt“, so die Buchhändlerin und nickt gen Mini-Computer. Doch spätestens seit der Frankfurter Buchmesse im Oktober des vergangenen Jahres ist ihr klar geworden: Das digitale Buch wird kommen, auch nach Kitzingen, auch in ihre Buchhandlung. Dort bestätigt die Nachfrage den Trend.

    Leichtgewicht im Urlaubskoffer

    Überraschend ist, dass es nicht die „Generation 2.0“ – die Mittzwanziger, aufgewachsen mit Internet, Facebook, Smartphone und Co. – ist, die digitalisierte Literatur den gedruckten Wälzern vorzieht, sondern eher die Leute zwischen 40 und 50 Jahren, so Kleins Beobachtungen. Ein Kaufargument herrscht vor: Für den Urlaub würden sich die E-Books lohnen, es sei möglich, unzählige Romane mitzunehmen – und statt zig Kilo an dicken Schmökern nur ein kleines Kästchen im Gepäck zu haben, um die 200 Gramm schwer.

    Ganz nachvollziehen kann Sigrid Klein diese Begründung nicht: „Wer braucht schon 100 Bücher im Urlaub?“ Schlüssiger für sie ist das Argument, dass im Alter die Augen schlechter werden – das Gerät bietet Hintergrundbeleuchtung und vergrößerbaren Text.

    Trotzdem: Selbst auf Tasten zu drücken oder über berührungsempfindliche Bildschirme zu streichen, das wäre nichts für Klein. Sie ist jemand, der die Seiten zwischen den Fingern spüren muss, sich daran erfreut, ein schönes Buch einfach nur liegen zu sehen. Und wenn sie sagt, „Seine Lieblingsbücher will man doch nach wie vor im Regal stehen haben“, klingt die Hoffnung mit, dass es anderen Leseratten auch so geht. Bisher sieht es fast so aus: Je nach Studie ist der Anteil der E-Books am Gesamtunsatz des deutschen Buchhandels zwischen drei bis sechs Prozent.

    Als „altmodischer Dinosaurier“ möchte der Kitzinger Buchhändler Hans-Dieter Sauerbrey nicht da stehen. Deswegen bietet auch er in seinem Laden die Bücher für den kleinen Computer an – die Nachfrage ist gering. Das digitale Buch kann ihm das gedruckte nicht ersetzen. „Lesen“, sagt er, „ist für mich ein sinnliches Erlebnis.“ Dazu gehört ein Buch, das aussieht wie eines, sich so anfühlt und so riecht – eben die Sinne bedient. „E-Books verändern das Leseverhalten“, kritisiert er. Es sei schwerer, ein paar Seiten zurück zu blättern, eine Stelle noch mal nach zu lesen – und ein solcher Reader sei mit um die 100 Euro zu teuer, um ihn wie ein Taschenbuch überall mit hin zu nehmen oder im Urlaub am Strand einfach mal auf dem Handtuch liegen zu lassen.

    Den naheliegenden Gedanken – den, dass die elektronischen Bücher die junge, oft lesescheue Generation zum Schmökern bringt – kann er nicht bestätigen. „Die Liebe zum Lesen wird in der Familie erzeugt, nicht an einem Computerkasten.“ Und doch, Sauerbrey sieht auch praktische Aspekte des E-Books. Gerade für den geschäftlichen Bereich, für Menschen, die viel Fachliteratur mit sich herumschleppen müssen, hält er den fliegengewichtigen Reader im wahrsten Sinne für alltags-erleichternd. „Ein kultureller Fortschritt ist es aber trotzdem nicht.“

    Die „Uraufgabe der Bücherei“ ist für Ellen Räßler von der Kitzinger Stadtbücherei im Luitpoldbau, „den Bürgern Medien anzubieten – egal, in welcher Form, auch digital.“ Seit dem 1. Februar 2012 ist es möglich, in der Bibliothek E-Books auszuleihen – die Zahlen des Zwischenberichts bestätigen diesen Schritt ins digitale Zeitalter als richtig. 2624 Mal wurden bis Ende Oktober des vergangenen Jahre E-Books verliehen, aktuelle Zahlen wird es wieder Ende des Monats geben, dann ist das erste Jahr vorbei und die 3000er-Marke sicher geknackt.

    Finanzen und Wissen gebündelt

    Eine große Erleichterung dabei ist die Mitgliedschaft der Bücherei im Verbund „Franken-Onleihe“, einem Zusammenschluss von 17 fränkischen Bibliotheken, darunter auch Gerolzhofen und Ochsenfurt, die gemeinsam Finanzen und Know-How bündeln, um ihren Lesern ein möglichst vielfältiges Angebot für digitalisierte Literatur zu bieten. 8656 Bücher stehen als Datensatz zur Verfügung, 3706 davon fallen in den Bereich „Belletristik & Unterhaltung“.

    Die Resonanz in Kitzingen sei gut, so die Büchereileiterin. „Gerade Vielleser fahren oft zweispurig, lesen ein Buch zeitgleich unterwegs auf dem E-Book-Reader und daheim in klassischer Form.“ Sie selbst werde sich jetzt wahrscheinlich auch bald ein solches Gerät zulegen. „Nur als Zusatzangebot allerdings, nicht als Buch-Ersatz.“

    Lesestoff digital

    E-Book-Reader: Ein kleiner Bildschirm, ungefährt im DIN A5 Format, auf dem sich der Leser die digitalisierte Kopie eines Buches anzeigen lassen kann. Je nach Speicherplatz kann man auf dem Reader bis zu 4000 Bücher speichern. Blättern ist entweder per Berührung des Bildschirms oder per Taste möglich. Meisten haben die Geräte eine Oberfläche, die auch in der Sonne nicht spiegelt. Der Preis eines solchen Geräts liegt je nach technischer Ausstattung bei 60 bis 120 Euro.

    E-Book: Die digitalisierte Ausgabe eines Buches. Es ist über das Internet zu erwerben oder in Buchhandlungen. Im Vergleich zu einer Taschenbuchausgabe kostet das E-Book meist drei bis vier Euro weniger.

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