Angela Drabant und ihr gesamtes Tierheim-Team haben schon einiges an Vernachlässigung und Tierquälerei erlebt. "Aber so etwas noch nicht", sagt die Kitzinger Tierheimleiterin. Am letzten Juli-Mittwoch entdeckte eine junge Frau ein ganzes Sammelsurium an Vogelkäfigen auf dem Gehweg in der Schrannenstraße – allesamt komplett mit Vogelkot verschmiert und mit geöffneten Käfigtüren. In zwei Käfigen befanden sich noch "Insassen", offenbar zu schwach oder nicht willens, davonzufliegen. Ein handgeschriebenes Schild steckte zwischen den Gitterstäben: "Zu verschenken".
Die junge Frau, die wegen eines Arztbesuchs in die Innenstadt gekommen war, fasste sich ein Herz. Zwei Vögel sah sie noch wegfliegen, drei verbliebene brachte sie in zwei Käfigen zu Angela Drabant ins Tierheim. Vier Käfige waren bereits leer.

"Der Zustand der drei Kanarienvögel war erbärmlich", sagt die Tierheimleiterin. "Viel zu lange, teils deformierte Krallen, struppiges Gefieder. Das orangefarbene Tier war besonders mitgenommen, ich hatte Zweifel, dass es überlebt. Aber es hat sich aufgerappelt." Auch die beiden gelb-grün-schwarz-gefiederten Kollegen haben überlebt.
Als die Finderin an einer Haustür klingelt, bekommt sie eine Abfuhr
Die Käfige seien mit Sicherheit seit Monaten nicht gesäubert worden, meint Angela Drabant. Wie viele Vögel sich anfangs insgesamt darin befanden, ist nicht bekannt. Ebenso wenig weiß man über ihren Eigentürmer. "Die junge Frau hat an der Haustür geklingelt, die dem Fundort am nächsten lag. Aber da hat man ihr nur durch die Sprechanlage nur zu verstehen geben, sie solle zackig verschwinden", berichtet Iris von Crailsheim vom Vorstand des Kitzinger Tierschutzvereins.

Die Polizei wurde nicht eingeschaltet. "Was soll sie auch tun?", fragt Angela Drabant. Sie ist sich relativ sicher, dass die Vögel, die weggeflogen sind, in der Natur dem Tode geweiht sind. "Erstens durch ihre auffällige Färbung und Zweitens, weil sie ja ohnehin geschwächt sind. Sie sind leichte Beute für Greifvögel." Tatsächlich wurden mehrere bunte Vögel in den letzten Tagen im Kitzinger Stadtgebiet gesichtet, hat das Tierheim-Team erfahren. "Ein Orangefarbener wurde offenbar von einer Gruppe Spatzen aufgenommen", berichtet Iris von Crailsheim.
Die drei Kanarienvögel im Kitzinger Tierheim werden nun gesund gepflegt. "Dann werden wir sie vermitteln", sagt Angela Drabant. Sie fragt sich: Wo kamen die Vögel her? Wer war der Besitzer und warum hält so ein Mensch Tiere? Warum stellte man die Käfige einfach vor die Tür statt sie im Tierheim abzugeben? Und weshalb hat jemand die Käfigtüren geöffnet? Die Tierheimleiterin wünscht sich Antworten auf diese Fragen.

AusgesetztHinweise: Wer eine Ahnung hat, woher die Vögel stammen, wird gebeten, sich im Tierheim unter Tel. 09321/5063 zu melden.Gesetzeslage: Lea Schmitz, Pressesprecherin des Deutschen Tierschutzbundes, sagt: Wer einem Tier durch sein vorsätzliches oder fahrlässiges Tun Leiden, Schmerzen oder Schäden zufügt, kann wegen unterlassener Hilfeleistung und Tateinheit mit Tierquälerei durch Unterlassen bestraft werden. Finden Passanten jedoch hilflose oder verletzte Tiere zufällig auf, dann begehen diese keine unterlassene Hilfeleistung, wenn sie das Tier nicht zum Tierarzt bringen oder der Polizei melden.In welche Fällen müssen die Behörden eingreifen? Das Aussetzen von Tieren ist gesetzlich verboten. Zuständig sind die Ordnungsbehörden bei herrenlosen Tieren aber nur dann, wenn durch das Tier die öffentliche Sicherheit und Ordnung ganz konkret gefährdet ist, teilt Lea Schmitz mit. Das ist dann der Fall, wenn von dem Tier zum Beispiel eine hohe Infektionsgefahr ausgeht oder es den Straßenverkehr gefährdet.Quelle: ldk