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LANDKREIS KITZINGEN: Experten alarmiert: Wo sind die Wespen geblieben?

LANDKREIS KITZINGEN

Experten alarmiert: Wo sind die Wespen geblieben?

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    Den Honigbienen im Bienenstock geht es gut, doch die Wespen bereiten den beiden Sulzfelder Imkern Thomas Gschwandtner und Benedikt Seeger Sorgen. Es gab deutlich weniger Wespen als in den Vorjahren, selbst unter dem Dach der Halle von Gschwandtners Betrieb findet sich im Gegensatz zu den Vorjahren kaum ein Nest. Fotos: Daniela Röllinger
    Den Honigbienen im Bienenstock geht es gut, doch die Wespen bereiten den beiden Sulzfelder Imkern Thomas Gschwandtner und Benedikt Seeger Sorgen. Es gab deutlich weniger Wespen als in den Vorjahren, selbst unter dem Dach der Halle von Gschwandtners Betrieb findet sich im Gegensatz zu den Vorjahren kaum ein Nest. Fotos: Daniela Röllinger Foto: Daniela Röllinger

    War es in diesem Jahr zu kalt und zu nass? Das vermutet der Naturschutzbund. Oder ist es eine Folge der vergangenen heißen und trockenen Sommer, wie Imker Thomas Gschwandtner denkt, der so etwas wie der inoffizielle Wespenberater im Landkreis Kitzingen ist? Noch lässt sich nicht genau klären, woran es liegt. Fakt aber ist: Es gab heuer deutlich weniger Wespen als sonst.

    Zwetschgenkuchen auf der Terrasse genießen? Viele verbinden das im Spätsommer und Frühherbst mit einem unguten Gefühl. Wespen umschwirren den gedeckten Tisch, nehmen auf dem Kuchen Platz, nähern sich dem Gesicht. „Zwetschgenzeit ist die Hoch-Zeit für Wespen“, sagt Thomas Gschwandtner. Doch in diesem Jahr blieben sie aus, die ungeliebten Kaffeegäste.

    Wespen, Bienen und Hummeln beeinflussen sich gegenseitig

    Gschwandtner, gelernter Zimmermann, konnte Dächer ausbessern, ohne sich vor den Tieren schützen zu müssen. Es gab keine Anrufe, dass Nester entfernt werden sollen. Ein ruhiges Jahr also, was Wespen angeht. Aber ein gutes Zeichen ist das nicht.

    Wespen, Bienen und Hummeln beeinflussen sich gegenseitig, wie Thomas Gschwandtner erklärt. Dazu passt, was sein Sulzfelder Imkerkollege Benedikt Seeger beobachtet hat – oder eigentlich nicht beobachtet hat: „Ich habe heuer auch keine Hornissen gesehen.“ Die Gartenhäuser, in denen sie sonst nisten, waren ohne Befall. Gschwandtner hat zwar einige Hornissen entdeckt, beobachtet aber wie Seeger die Entwicklung mit Sorge.

    Dass die Zahl der Wespen zurückgegangen ist, bestätigt der „Insektensommer“ des Naturschutzbundes. Seit mehreren Jahren ruft der NABU jeweils im Juni und August dazu auf, zu melden, wie viele Insekten man in einem festgelegten Umkreis um sich herum entdeckt. Über 13.000 Menschen haben diesmal mitgemacht. In einer Karte ist mit farbigen Punkten markiert, welche Insekten wo beobachtet wurden. Der Vergleich der Karten aus 2020 und 2021 macht es auf den ersten Blick klar: Die Zahl der Wespen ist deutlich zurückgegangen. Wenige Tage vor Ende der Aktion war gerade mal ein Viertel der Menge aus dem Vorjahr erreicht – und bis zum Ende kamen nicht mehr viele Wespen-Meldungen hinzu. So wurden laut NABU im vergangenen Jahr pro Meldung im Schnitt 11,5 Wespen gesichtet, in diesem Jahr nur 4,5.

    Einer, der mitgezählt hat, ist Michael Zwanziger. Der Volkacher ist von klein auf fasziniert von Insekten. „Ich habe schon als Kind im Garten meiner Eltern nach Schmetterlingen Ausschau gehalten.“ Andere Insekten kamen hinzu, erst Käfer, dann Heuschrecken und Wanzen. „Wenn man sich für eine Art interessiert, kriegt man auch viel von den anderen mit und will Bescheid wissen. Also waren es irgendwann alle Insekten.“

    Zwanziger fotografiert seit langem, was sich so alles in seinem Garten herumtreibt, den er und seine Frau so naturnah wie möglich angelegt haben, schaut in Bestimmungsbücher, um welche Arten es sich genau handelt, dokumentiert, was er sieht. „Wenn es einem wissenschaftlichen Zweck dient, teile ich meine Beobachtungen gerne mit“, sagt der Volkacher. In diesem Jahr hat er zum zweiten Mal beim Insektensommer des NABU mitgemacht. 19 verschiedene Tierarten hat er im Beobachtungszeitraum gesehen. Eine Hornisse, zwei Blaue Holzbienen, fünf Ackerhummeln und allerlei anderes Getier. Auch 40 Feldwespen. Was für ihn wenig verwunderlich ist, weil seit Jahren Feldwespen im Fahrradschuppen auf dem Grundstück nisten.

    Nach der gemeinen Wespe allerdings hat er vergeblich Ausschau gehalten. „Heuer gab es so gut wie keine normalen Wespen“, bestätigt er das offizielle Untersuchungsergebnis. Die gilt nicht nur für die Zeit der Zählung selbst, die in einer relativ kühlen Woche stattfand, sondern auch davor und danach. „Wir sitzen viel im Garten und haben viele Zwetschgenbäume. Normalerweise werden wir da von Wespen umschwirrt“, so Zwanziger. Heuer sei das überhaupt nicht der Fall gewesen.

    Woran liegt es nun, dass 2021 so wenig Wespen geflogen sind? Da gehen die Meinungen auseinander. Die NABU-Projektleiterin Daniela Franzisi sieht eine mögliche Erklärung darin, dass es im Frühjahr und im Hochsommer sehr nass war. „Daher gab es weniger Wespenstaaten und möglicherweise auch weniger Individuen pro Staat“, sagt sie laut einer Pressemitteilung, die der Naturschutzbund im Nachgang der Zählaktion veröffentlicht hat. Und auch sie weist darauf hin, dass es im Zählzeitraum im August relativ kalt gewesen sei. Kurz danach seien wieder etwas mehr Wespen unterwegs gewesen.

    Die Imker vermuten die letzten trockenen Sommer als Ursache

    Thomas Gschwandtner dagegen glaubt nicht, dass es an der Kälte und Nässe hängt. „Die Nester werden an einem geschützten Ort gebaut“, erinnert er. „Und Wespen fliegen im Gegensatz zu Bienen ja auch bei Regen“, fügt Benedikt Seeger an. Die beiden Imker halten eher die Hitze und die Trockenheit der vergangenen Sommer für ausschlaggebend. „Die Wespenkönigin schlüpft jetzt, um diese Jahreszeit“, so Gschwandtner. Sie paart sich und sucht sich einen Unterschlupf, in dem sie überwintert. Im Frühjahr legt sie erste Eier ab und beginnt, einen Staat zu bilden. „Anfangs muss sie alles alleine machen“, so der Wespenfachmann. Ist es sehr heiß und trocken, wie in den vergangenen Jahren, macht das der Königin zu schaffen, die Hitze schwächt die Insekten. Zumal sich Wespen sehr viel schwerer tun, einen Vorrat für „schlechte Zeiten“ anzulegen als Bienen. Dazu kommt: Wespen bauen im Siedlungsbereich oft unter Dächern. „Da ist es noch heißer“, gibt Thomas Gschwandtner zu bedenken.

    Selbst in der Halle seines eigenen Betriebes ist das zu beobachten. Mehrere verlassene Nester aus dem Vorjahr hängen zwar noch unter dem Dach, aber nach Nestern aus diesem Jahr muss er lange suchen. „Da ist eines“, sagt er schließlich und zeigt auf eine kleine, leere Kugel. „Die wurden angefangen und dann wieder verlassen.“ Der Wespenstaat wurde aufgegeben, noch ehe er überhaupt fertig war. Eine Beobachtung, die Gschwandtner nachdenklich stimmt. „Wir müssen das genau beobachten.“

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