Es gehört irgendwie schon zu ihrem Morgen dazu. Genau wie der leckere Cappuccino mit der aufgeschäumten Milch. Traudl Schodt beginnt ihren Tag gerne mit einem Blick in Facebook – und beweist damit, dass die Internet-Plattform zehn Jahre nach ihrer Gründung längst nicht mehr nur junge Menschen fasziniert.
„Ich schalte meinen PC morgens ein, dann guck ich mal und amüsiere mich“, erzählt die Neusetzerin, die im November 64 Jahre alt geworden ist. Sie nennt Facebook „eine nette Unterhaltung, mehr aber auch nicht“.
„Facebook ist eine schöne Ergänzung, aber nicht das Leben“
Traudl Schodt Facebook-Nutzerin
Ein Gespräch mit einem reellen Gegenüber ersetze die Plattform keinesfalls. Der große Vorteil: Facebook zeigt einem binnen weniger Minuten auf, was in der Region passiert und was „Freunde“ gerade machen. Auf die Information, dass der eine gerade seinen Mittagstisch deckt und der nächste auf dem Weg ins Fitnessstudio ist, könnte Traudl Schodt zwar auch verzichten („Manche übertreiben's schon“), dafür freut sie sich umso mehr über den neuen Kommentar unter dem von ihr hochgeladenen Foto ihres Hundes „Dobby“ und über den lustigen Comic, den ihre Bekannte eben gepostet hat.
Traudl Schodt ist seit 2003 in verschiedenen Communitys (Internet-Gemeinschaften) aktiv. Eine Praktikantin hat die damalige Verwaltungsangestellte des Kreisjugendrings (KJR) neugierig gemacht. „Mit dem Antenne-Bayern-Chat ging es los“, erzählt sie lachend. Jappy, Wer-kennt-wen und andere folgten. Bei Facebook ist sie seit 2008 angemeldet. Sie schätzt das Netzwerk, um neue Leute kennen zu lernen. Sie weiß noch genau, wie sie sich einst in eine Diskussion über selbst gemalte Fotos eingeklinkt hat und wie daraus nicht nur tolle Chats, sondern später auch Telefonate und sogar Treffen entstanden ist. Mittlerweile hat sie schon eine handvoll Internet-Freundinnen, mit denen sie sich jedes Jahr am 1. Mai trifft. Aus Trier, Kulmbach und Altdorf bei Nürnberg waren Facebook-Freunde vor drei Jahren an der Mainschleife zu Besuch.
„Facebook ist eine schöne Ergänzung, aber nicht das Leben“, sagt die Rentnerin, die fast 25 Jahre lang für den KJR tätig war und heute wochenends in der Touristinfo in Vol-kach aushilft. Man müsse die Chancen, die sich daraus ergeben, nur nutzen, und nicht hinter der Community versteckt bleiben.
Perfekt zur Abendplanung
Negativ stoßen der Rentnerin Menschen auf, die Facebook als Ins-trument für ihre Meinungsmache nutzen; andererseits ist dies für sie aber auch ein Anreiz für spitzige Kommentare – und damit auch dies ein vergnüglicher Zeitvertreib.
Dass Facebook nicht nur unterhaltsam, sondern durchaus auch praktisch ist, hat der Kitzinger An-dreas Wintzheimer schon vor Jahren erkannt. „Es lässt sich prima Kontakt zu Urlaubsbekanntschaften aus aller Welt halten“, sagt der 29-Jährige. Als er im Jahr 2007 dem Netzwerk beigetreten ist, war dies damals nur auf persönliche Einladung eines anderen Mitglieds möglich. Zudem war alles noch rein in englischer Sprache. Als sich das geändert hat, ging es schnell: „Plötzlich kannte und hatte Facebook jeder“, erinnert sich der Kitzinger. Fortan nutzte Andreas Wintzheimer Facebook zum Beispiel, um ganz bequem Aktivitäten mit Freunden oder ein Geschenk für jemanden zu planen. „Man gründete einfach eine Gruppe und diskutierte das dann dort.“ Dass er Geburtstage im Gegensatz zu früher heute nicht mehr so oft vergisst, schreibt er ebenfalls Facebook zu. Der Kalender seines Handys übernimmt einfach die Daten aus der Community und erinnert ihn rechtzeitig.
Nervig fand und findet Andreas Wintzheimer die Spiele-Anfragen, mit denen man auf Facebook teilweise regelrecht bombardiert wird. Aktuell macht ein Spiel die Runde, das User zum Biertrinken animiert. „Eher nervig als spaßig“, findet der 29-Jährige. Dass das nicht alle so finden, zeigt ein Blick in seine Neuigkeiten-Leiste, wo sich ein Bier-Trink-Video von Freunden an das nächste reiht.
So viel Zeit wie früher verbringt Andreas Wintzheimer längst nicht mehr auf Facebook, als Kontaktpflege und zum Organisieren möchte er es jedoch nicht mehr missen. In Sachen Sicherheit empfiehlt er, sich regelmäßig durch die Einstellungen zu arbeiten, da Facebook immer wieder bestimmte Einstellungen ändert, entfernt oder hinzufügt. „Wer Angst hat, dass mit seinen Daten und Bildern Unfug getrieben wird, der darf nichts online stellen.“
Traudl Schodt ist sich dessen bewusst. Ein hübsches Bild von dem ungewöhnlichen Vogel auf ihrem Balkon sollte aber wohl kaum ein böses Nachspiel haben.