Ein Vorbild? Michael Iglhaut winkt ab. „Ich war ja erst skeptisch. Und ich habe auch nicht alles umgesetzt.“ Trotzdem kann der Unternehmer, der in Kitzingen und Marktbreit ein Mercedes-Autohaus betreibt, als gutes Beispiel dienen. Er hat auf seinem Betriebsgelände im Goldberggebiet einiges unternommen, um den Lebensraum des Grauen Langohrs zu verbessern. Christian Söder vom Fledermausprojekt und der Landschaftspflegeverband Kitzingen hoffen auf Nachahmer.
Michael Iglhaut und Christian Söder müssen die Beine ganz schön hoch heben, um durch die Wiese hin zu den beiden neu gepflanzten, noch jungen Bäumen zu gehen. Weit mehr als kniehoch sind Gräser, Kräuter und Blumen gewachsen. „Unordentlich“, hätte Michael Iglhaut bis vor einiger Zeit wahrscheinlich gedacht, wenn er diesen Teil seines Betriebsgeländes in so einem Zustand gesehen hätte. Heute bewertet er die Situation anders. Zu verdanken ist das der Überzeugungsarbeit von Christian Söder vom Fledermausprojekt und Markus Schmitt vom Landschaftspflegeverband Kitzingen.
Im Jagdgebiet der Fledermäuse
Die Maßnahmen auf dem Betriebsgelände von Mercedes Iglhaut sind Teil des Projekts „Fluraufwertung für das Graue Langohr“, informiert Markus Schmitt. Ziel dieses vom Bayerischen Umweltministerium initiierten Projekts ist es, die Lebensräume der Fledermausart zu verbessern. Das Graue Langohr kommt hauptsächlich in Dörfern mit Weinbauklima vor. „Dazu wurde eine Kolonie der Art in Hoheim ausgewählt und deren dörfliches und ländliches Umfeld sowie die Jagdgebiete mittels Telemetrie erforscht“, erklärt Schmitt. Damit können die Landschaft und das dörfliche Umfeld auf Lücken in den Leitstrukturen geprüft und so neue Landschaftsräume für die Fledermäuse erschlossen werden. Ganz gezielt wurden dabei Dorfränder und anschließende bebaute Bereiche untersucht – und festgestellt, das es vor allem in landwirtschaftlich genutzten Flurlagen und locker bebauten Bereichen Defizite gibt. Unter anderem könnte das Nahrungsangebot für Insekten verbessert und die Lichtverschmutzung deutlich reduziert werden.
Der Landschaftspflegeverband erstellte ein Konzept, wie diese Defizite beseitigt oder zumindest abgemildert werden können. Dann gingen Markus Schmitt und Christian Söder auf die Eigentümer der Grundstücke zu, auf denen Maßnahmen sinnvoll umzusetzen wären. Eines dieser Grundstücke ist das von Michael Iglhaut, der ebenso wie einige andere Betriebsinhaber im Goldberggebiet angeschrieben wurde. Dass sein Betriebsgebäude an einem Flugkorridor der Grauen Langohren liegt, die sich neben der Hoheimer Kirche niedergelassen haben und in Richtung Siedlung und Flugplatz fliegen, hat Iglhaut nicht gewusst. „Ich hatte keine Ahnung, dass hier nachts Fledermäuse unterwegs sind.“
Iglhaut gibt zu, dass er erst mal skeptisch reagierte, als Söder und Schmitt ihm vorschlugen, Maßnahmen zum Fledermausschutz durchzuführen. „Aber ich habe gedacht, ich hör' halt mal zu. Und dann fand ich es spannend.“ Michael Iglhaut willigte in einige Vorschläge ein, setzte aber nicht alles um, was ihm ans Herz gelegt wurde. „Es muss mit einem verträglichen Einsatz unsererseits machbar sein“, sagt er. Und: Das Betriebsgelände darf nicht unordentlich erscheinen. Ein Spagat, den Christian Söder nachvollziehen kann. Auch die Bedürfnisse der Grundstückseigentümer und Betriebe müssten berücksichtigt werden. Aber schon ein paar Maßnahmen bewirken etwas – und wenn sich noch andere anschließen und ebenfalls einiges ändern, sei schon viel erreicht.
Drei Bereiche sind es, in denen Iglhaut aktiv wurde: Zum Einen wurde eine Grünfläche in eine Wiese übergeführt, die jetzt nur noch einmal im Jahr gemäht wird. Dort blüht es jetzt vom Frühjahr bis zum Herbst, viele Insekten finden dort Nahrung – und die sind wiederum Nahrung für die Fledermäuse. Anderswo würde vielleicht die Neuanlage einer Blühfläche Sinn machen, wenn sowieso das Gelände umgestaltet oder neu angelegt wird. In diesem Fall aber war es besser, die vorhandene Wiese gezielt zu erhalten. „Das Potenzial war da, es konnte sich nur bisher nicht entfalten, weil immer wieder gemäht wurde“, so Söder. Jetzt, da nur noch einmal im Jahr gemäht wird, habe es ständig geblüht. „Das ist es, was wir wollen: ein durchgehendes Nahrungsangebot für Insekten.“ Im Übrigen wird auch der Rasen rund ums ganze Betriebsgelände seit einiger Zeit nicht mehr jede Woche gemäht, sondern nur noch jede zweite oder dritte, informiert Iglhaut.
Wildbirne und Vogelkirsche
Mitten auf der hohen Wiese stehen seit einiger Zeit zwei kleine Bäume – die zweite Maßnahme. Gepflanzt wurden eine Wildbirne und eine Vogelkirsche. „Man muss bei der Auswahl der Baumarten schauen, wie die Bedürfnisse sind“, weiß Söder. Der TÜV zum Beispiel, in der Siedlung und damit nur wenige hundert Meter entfernt, hat sich im Zuge der Umgestaltung seines Außengeländes ebenfalls an dem Projekt beteiligt. „Die wollten lieber Obstbäume, dann können die Mitarbeiter später in der Mittagspause das Obst essen.“
Mit den Bäumen habe er sich schwer getan, gibt Michael Iglhaut zu. Weil er im Kopf die Idee hatte, die Fläche vielleicht einmal für eine Erweiterung zu nutzen. „Eine Wiese kann man mähen. Aber Bäume wieder rauszureißen wäre Unsinn.“ Als er dann aber für sich entschieden hatte, dass er die Fläche auf längere Zeit nun doch nicht für eine Immobilie nutzen wird, war er mit der Pflanzung einverstanden. „Aber ich habe meine Bedenkzeit gebraucht.“
Auch das kann Christian Söder durchaus verstehen. Es gebe im Gewerbebereich häufig Flächen, bei denen unklar sei, was mit ihnen passiere. Trotzdem könne man vieles für die Natur machen. „Eine Wiese stehen zu lassen, tut niemandem weh.“ Ihre ökologische Funktion sei dann aber eben viel größer als wenn sie ständig gemäht werde. Sinn mache es auch, nicht jede Hecke und jeden Strauch immer auf die gleiche Höhe zurückzuschneiden. „Es gibt Arten, die dann innen verholzen. Wenn ich Hartriegel immer wieder köpfe, wird das nichts.“
Die dritte Maßnahme ist eine, die nicht auffällt, wenn man tagsüber das Gelände passiert: Die Beleuchtung wurde an die Bedürfnisse des Fledermausschutzes angepasst. Die Außenbeleuchtung ist neu, die acht Lampen leuchten jetzt nicht mehr kaltweiß, sondern in der Lichtfarbe Amber, also bernsteinfarben, und das Licht strahlt auch nicht mehr in alle Richtungen, sondern gezielt nach unten. Die Zahl der Lampen wurde so reduziert, dass die Fledermäuse weniger gestört werden, zugleich aber die Sicherheit gewährleistet ist. „Wir haben hier Werte stehen. Da muss man sehen, wenn einer rumschleicht“, erklärt Michael Iglhaut. Dieser Überwachungseffekt sei trotz der Umstellung nach wie vor gegeben. „Und auch optisch gefällt es mir inzwischen sehr gut.“ Alle Beleuchtungselemente konnte er allerdings nicht umstellen, beispielsweise den Schriftzug der Automarke, da ist die Beleuchtung vorgegeben.
Falsches Licht wird zur Todesfalle
Warum das kaltweiße Licht nicht gut ist für die Insekten, erklärt Christian Söder: „Es lockt die Insekten an und die kreisen dann um die Lampe, bis sie völlig erschöpft sind. Sie sollen aber auf den Wiesen bleiben und ihrer Aufgabe, der Bestäubung, nachkommen.“ Das tun sie nämlich auch nachts. Und zudem sollen die Tiere natürlich nicht sinnlos im Licht verenden.
Christian Söder hofft, dass auch andere Gewerbetreibende im Goldberggebiet und in der Siedlung umdenken, sich mit ihm und Markus Schmitt in Verbindung setzen und die eine oder andere der von ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen umsetzen. Aber auch die Kommunen, also die umliegenden Gemeinden und die Stadt, sind angesprochen. Man müsse ja nicht den ganzen Katalog umsetzen, auch ein Teil daraus sei schon gut. „Wenn man viele Mosaiksteine schafft, ist auch etwas erreicht“, so Söder. Wer erst mal bei einem Kollegen vorfühlen will, der kann sich jederzeit bei Michael Iglhaut melden, bietet dieser an. Er werde gern von seinen Erfahrungen berichten. „Schließlich war ich auch erst skeptisch. Aber jetzt bin ich froh, dass ich mitgemacht habe.“