Familie Schwan lässt sich durch nichts stören. Autos, Campingwagen, Fahrradfahrer, Weinbergsgerät und Wanderer gehen den Vögeln glatt am weißen Federkleid vorbei. Unbeirrt dümpeln Vater, Mutter und vier halbwüchsigen Schwanenkinder gemächlich auf dem ruhigen Wasser des Altmains. Von Zeit zu Zeit erhebt sich Vater Schwan mit lautem Gedöns und vorgestrecktem Hals in die
Luft, zischt, einer Concorde gleich, kurz über der Wasseroberfläche, während Mutter Schwan und alle Schwanenkinder die Schnäbel ins Wasser oder unters Gefieder stecken.
Hier zwischen Altmain und Kanal erstreckt sich eine Insel der Entschleunigung. Eine Insel an den Ufern der Lebensader Frankens – weit entfernt von Hektik und Großstadtlärm. Ein Refugium, eingerahmt von Weinbergen und den Häusern des schmucken Orts, in dem sich ein Weingut an das andere reiht.
Die Winzer von Nordheim (Lkr. Kitzingen) waren es, die unten am Main Sand ankarren und Strandkörbe aufstellen ließen – ein bisschen Nordseeflair mitten im Weinfränkischen. Daneben laden Tische und Bänke zum Verweilen, zum Picknicken, zum Rasten ein. Das Auge freut sich an dem mit Petunien und Geranien in allen Rottönen bepflanzten alten Mainkahn, spaziert ungehemmt über das Wasser ans gegenüberliegende Ufer zu akkurat angelegten Weinhängen.
An das gleichmäßige Tuckern des Motors der Mainfähre gewöhnt man sich schnell. Es untermalt die besondere Atmosphäre hier im Naturschutzgebiet am Altwasser des Flusses ebenso wie der Singsang unzähliger Vogelvölker. Sie wohnen in den hohen Bäumen am Nordheimer Ufer. Man sollte nicht glauben, welche Lautstärke aus einem kleinen gefederten Körperchen tönen kann. Mit welchem Enthusiasmus sich hier ein Spatz, dort eine Meise, ein Kuckuck und die gesamte Vogelverwandtschaft einmischen in den hellen Tag.
Sie singen, jubilieren, zirpen, tschilpen und schnarren wild durcheinander, und trotzdem wird aus dem Kunterbunt ein vielstimmiger Chor. Von irgendwoher gackert auch noch Hühnervolk dazu. Ein kleiner Obolus berechtigt zur Benutzung der Fähre. Über diese Maut gibt es keine Parlaments-Diskussionen. Fußgänger und Radfahrer zahlen siebzig Cent. Moped, Mofa und Motorrad 1,50 Euro, ebenso viel ein Auto samt Fahrer. Von früh bis spät arbeitet sich die Nordheimer Fähre unermüdlich über den Altmain hinüber nach Escherndorf und wieder zurück. An ihrem Mast neben dem Kassen- und Motorhäuschen flattert außer der Deutschland- auch die fränkische Fahne.
Sonne, Wind und Wetter haben den orangefarbenen Rettungsring ausgebleicht. Früher war es die Strömung, die die schwimmende Brücke über den Fluss gezogen hat. Doch nach dem Bau des Kanals reichte die Wasserkraft allein nicht mehr aus. Heute führen zwei starke Stahlhochseile das Transportmittel, das seinen Benutzern viele Straßenkilometer erspart.
Ein paar alte eingewachsene Stufen führen seitlich abwärts zum Wasser. Seerosen zittern auf der Oberfläche, über die Niedrigwasserzone und die Flussauen flattern farbige Schmetterlinge und im Sonnenschein leuchtende Libellen. Hier liegen ein paar alte Flöße auf dem Wasser. Seit der Altmain für die Schiffsfahrt gesperrt ist, werden da, wo früher die Flößer aus dem Fichtelgebirge ihre Baumstämme jahrhundertelang mühsam Main abwärts transportierten, romantische Floßfahrten angeboten.
Die 21 Meter langen und gut sieben Meter breiten Flöße sehen einladend aus mit ihren karierten Tischdecken, dem dickbauchigen, als Tresen dienenden Fass, dem hinter Bastmatten versteckten Örtchen. Diese Wassergefährte versprechen sowohl Entspannung als auch sinnliche Genüsse und scheinen auf ihrem lautlosen Weg durch die ursprüngliche Kulturlandschaft alle Bedürfnisse zu erfüllen.
Wer genug hat vom Schauen und Staunen und von der Badebucht aus ins Mainwasser watet, kann beim Schwimmen und Planschen Weißfischen begegnen, silbrig-wohlschmeckenden Wasserbewohnern. Oder Familie Rotauge, die ihren Namen ihrer leuchtenden Iris verdankt und mit leichter Goldfärbung glänzt.
Ein unheimlicher Mitschwimmer mag der Wels sein. Mit seiner schuppenlosen nackten Haut, dem flach gedrückten Kopf und dem breiten Maul sieht er etwas unheimlich aus, während bemooste Karpfen tiefer tauchen. Draußen auf der Wiese machen sich Fette Henne, Hahnenfuß, Schafgarbe und jede Menge Gräser breit. Irgendwelches Getier hat sich unterirdische Höhlen gebaut und scheint durch dicke Löcher rein- und rauszuschlüpfen.
Während Kinder gefahrlos im Wasser matschen, können Eltern sich auf Anschlagtafeln über die Volkacher Mainschleifenbahn, Hofschoppenfeste und Weinverkostung informieren. Ein dicker Kraxelbaum vor dem Abenteuer-Spielplatz mit Piratenschiff, Schaukeln und Klettergerüsten entpuppt sich als uralte Mooreiche. Tischtennisplatte, Volleyballnetz und Skatenboardareal animieren zu sportlichen Aktivitäten. Von einem großen Plakat grüßt lächelnd die Fränkische Weinkönigin.
Nordheim
Der Weinort Nordheim am Main liegt etwa 15 Kilometer östlich von Würzburg im Maintal auf der Maininsel, die durch eine natürliche Schleife des Flusses und den künstlich angelegten, verbindenden Mainkanal gebildet wird. Die Landschaft ist vom Weinbau geprägt. Touristinformation Mainschleife, Rathaus, 97332 Volkach, Tel. (0 93 81) 40 112, www.volkach.de, tourismus@volkach.de
Auch Floßfahren auf dem Altmain ist dort angesagt. Schon lange ist der Altmain nicht mehr schiffbar und in seiner natürlichen und reizvollen Ursprünglichkeit über viele Jahrzehnte unverändert erhalten geblieben. So wird diese Floßfahrt zu einem besonderen Erlebnis. Mehr Infos: www.flosserlebnis.de
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