Die Klappe des Cockpits geht runter, der Daumen hoch. Leopold Fischer ist startklar. In wenigen Sekunden wird der Flugschüler in die Lüfte über Kitzingen abheben. Die Seile an der Bodenwinde straffen sich. Mit einem Ruck wird das Segelflugzeug in Bewegung gesetzt und kurz darauf in die Luft katapultiert. Steil steigt es nach oben. Kurz darauf hat es die nötige Flughöhe erreicht und Leopolds Kameraden sind kaum mehr zu erkennen.
„Es ist ein geiles Gefühl, in der Luft zu schweben und alles aus der Vogelperspektive zu sehen. Alles ist so winzig klein“, sagt der 16-Jährige eine Viertelstunde später, als er wieder festen Boden unter den Füßen hat. Leopold steht kurz vor der praktischen Flugprüfung. Danach darf er eigenständig fliegen und Passagiere mitzunehmen. Den nötigen Feinschliff dafür holt er sich nun im Sommercamp des Kitzinger Luftsportclubs, das derzeit auf dem ehemaligen Kitzinger Militärflughafen stattfindet.
Zwölf Jugendliche tummeln sich auf dem ehemaligen Harvey-Gelände. Während Leopold der erfahrenste ist – er kam vor knapp drei Jahren dazu, sind Ferdinand Förster, Fabian Lehnert, Philipp Alesi, Almuth Neusner und Elisabeth Eitel erst seit kurzem dabei.
Bei Philipp sprang der Funke im vergangenen Jahr bei den LSC-Flugtagen über. „Ich war schon schwer beeindruckt und wollte das auch machen“, erzählt der ebenfalls 16-Jährige, den zudem das Gelände an sich mit seiner Geschichte fasziniert. Er wohnt in Blickweite zum Flugplatzgelände und ist in wenigen Minuten hergeradelt.
Diesen Luxus haben Ferdinand und Fabian zwar nicht, das Funkeln ist aber auch in ihren Augen zu erkennen, wenn sie über ihr neues Hobby sprechen. „Wir wollen beide Pilot werden“, sagen sie unisono. Deshalb sei Segelfliegen ein perfektes „Sprungbrett“ und ein guter Einstieg, um Erfahrungen zu sammeln. „Ich bin früher immer mit meinem Opa auf den Flugplatz gegangen. Er ist selbst geflogen. Das hat mir Riesenspaß gemacht“, liegt Fabians Begeisterung in der Kindheit begründet.
Zusammen strebt die Gruppe, die gemeinsam zwei Wochen lang am LSC-Clubheim zeltet, nun den Flugschein an. Wie beim Autoführerschein findet auch die Flug-Ausbildung in einem theoretischen und einem praktischen Teil statt. In den Wintermonaten machen sich die angehenden Piloten in Luftrecht firm, setzen sich mit der Navigation oder der Aerodynamik des Fliegers auseinander. In den Sommermonaten üben Nachwuchspiloten praktisch, ein Flugzeug zu steuern, mit Thermik umzugehen und über Land zu fliegen. „Segelfliegen ist, überspitzt formuliert, eine Schönwettersportart. Natürlich können wir auch bei Regen fliegen, aber bei schlechtem Wetter verschlechtern sich die Flugeigenschaften rapide. Auch die Thermik geht verloren“, erklärt Leopold, der froh ist, dass auf dem Flugplatz „endlich wieder mehr los ist“.
Unter den Kontroversen um das ehemalige Kasernengelände hatte der LSC lange zu leiden. Erst seit Wiedereröffnung vor drei Jahren können die Verantwortlichen wieder Nachwuchsarbeit leisten. „Unser Bestreben war es immer, den Flugplatz zu erhalten und wiederzubeleben. Das ist uns gelungen. Die Entwicklung der letzten Jahre ist sehr positiv“, freut sich Vorsitzender Herbert Sattler. Besonders die Unterstützung der Stadt und des Landkreises habe enorm geholfen, unter anderem um ein neues Lehrflugzeug anzuschaffen. Darüber freuen sich nicht nur die Flugschüler und fünf ehrenamtlichen Fluglehrer, sondern auch die mittlerweile 150 Mitglieder des Luftsportclubs. „Unser Flugtag wurde sehr gut angenommen. Ebenso die regelmäßigen Flug-Sonntage. Wir sind glücklich über die hohe Resonanz. Unser Ziel ist es nun, die Jugendlichen beim Fliegen zu halten.“ Und erste Früchte trägt das Engagement schließlich schon, wie das aktuelle Sommercamp zeigt. Die Jugendlichen sitzen gemütlich am Rande der Landebahn. Immer wenn eine helfende Hand nötig ist, unterstützen sie sich gegenseitig und genießen die gemeinsame Zeit unter freiem Himmel oder über den Wolken.