Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Kitzingen
Icon Pfeil nach unten

CASTELL: Gründleinsloch: Wo einst gar Blut sprudelte

CASTELL

Gründleinsloch: Wo einst gar Blut sprudelte

    • |
    • |
    _
    _ Foto: Thomas Obermeier

    Wenn der Mensch sich etwas nicht genau erklären kann, dann fängt er für gewöhnlich an zu fantasieren. Gar wunderliche Geschichten entstehen dann, Sagen nennt man sie.

    Das ist auch im feinen Örtchen Castell so. In dem Winzerort am Rande des Steigerwaldes (Lkr. Kitzingen) soll es einmal drei Enten gegeben haben, die hoch oben auf dem Burgberg in einen Brunnen sprangen und kurz darauf wenige Kilometer weiter wieder auftauchten – in einem mysteriösen, smaragdblauen Tümpel, dem Gründleinsloch.

    Drei Enten verschwanden - und tauchten im Loch wieder auf

    Die drei Enten wird es wahrscheinlich nie gegeben haben, das Gründleinsloch hingegen kennt man heute sehr wohl. Es ist eine Gipskarstquelle in einem Biotop, die bis heute viele Fragen offengelassen hat. Zum Beispiel die, wo der Grund der Quelle ist und welchen Weg all das viele Wasser von den Hängen herab genau nimmt.

    „Das weiß niemand“, ist sich Castells Bürgermeister Jochen Kramer sicher. Weil der Untergrund voller Gips und deswegen undurchschaubar zerklüftet sei, habe man nie tief ins Gründleinsloch eindringen können. „Grundloses Loch“, da verwundert es nicht, woher die Quelle ihren Namen hat.

    Früher war in der Nähe ein Freibad

    Seit gut 30 Jahren ist das Areal zwischen Castell und dem Ortsteil Greuth ein Biotop. Die Natur hat sich längst zurückgeholt, was ihr einst gehörte. So auch einen 20 mal 40 Meter großen Teich wenige Meter neben dem Gründleinsloch. Er wird ebenfalls von Wasser aus dem karstigen Untergrund gespeist und hatte einst im Ort eine populäre Rolle: Er war ein Freibad. Davon ist heute freilich überhaupt nichts mehr zu erkennen – bis auf den rostigen Rest eines Sprungbretts.

    1935 wurde das Bad eröffnet, und nach zeitweiser Stilllegung im Zweiten Weltkrieg wurde es noch bis in die späten 1960er Jahre betrieben. Dann machten die Behörden dem Treiben aus hygienischen Gründen ein Ende. Danach wurde das Becken 20 Jahre lang für die Fischzucht genutzt, bis auch das aufgegeben wurde. Heute ist der Tümpel reichlich zugewuchert und hat schon deshalb einen gewissen Charme.

    Bürgermeister Kramer kann sich noch gut an die Freibad-Ära rund ums Gründleinsloch erinnern. Als Jugendlicher sei er häufig dort gewesen. „Aber das Wasser war immer eiskalt. 7 Grad oder so“, erinnert sich der 62-Jährige.

    Das Wasser sprudelt und sprudelt

    Eines mussten die Casteller nie befürchten – dass ihnen das Wasser fürs Freibad oder das Gründleinsloch ausgeht. Die Quellen in dem Gebiet haben Kramer zufolge eine permanente und vor allem großzügige Schüttung.

    Das ist am Gründleinsloch nicht zu übersehen: Ein ständiges Kräuseln der Wasseroberfläche zeigt, dass üppige Mengen an Wasser austreten. Es ist schon immer so viel Wasser gewesen, dass der junge Gründleinsbach schon wenige hundert Meter nach seiner Karstquelle ein halbes Dutzend Mühlräder antreiben konnte. Und dann dieses für Karstquellen so typische Blau des Gründleinslochs: Diese durch spezielle Lichtbrechung des partikelhaltigen Wassers erzeugte Farbe kennt man von Touristenattraktionen wie dem Blautopf auf der Schwäbischen Alb bei Ulm. So weit muss man übrigens gar nicht fahren, um Karstquellen zu finden: In Hellmitzheim (Lkr. Kitzingen) gibt es das „Grundlos“, in Hofheim (Lkr. Haßberge) die „Karstquelle“ und in Münster bei Eußenheim (Lkr. Main-Spessart) das „Kühle Loch“. Auch in Ober- und Mittelfranken findet man viele Karstquellen – allesamt meist unscheinbare, versteckt liegende Wasserstellen, freilich mit geologischer Besonderheit.

    Es gibt in der Region noch andere Karstquellen

    Diese Karstquellen haben gemeinsam, dass sie der Endpunkt eines enormen Entwässerungssystems im Untergrund sind. Im Fall des Casteller Gründleinsloch ist nach den Worten von Bürgermeister Jochen Kramer davon auszugehen, dass das Wasser aus dem kilometerlangen Halbrund der Hügel herabfließt, das der Schlossberg, der unter dem Namen Kugelspiel bekannte Nachbarberg und der Friedrichsberg bilden. Castell liegt somit in einer halb offenen Kessellage.

    Dies hatte für den Ort schon früh Vorteile: Das viele aus den Hängen und Quellen austretende Wasser hatte zur Folge, dass wohl im 14. Jahrhundert das „Casteller Wildbad“ entstand, eine Art Kuranlage. In dem Gebäude unterhalb der „Castell Bank“ ist heute das Gemeindearchiv. Kranke erhofften sich damals von dem Casteller Bitterwasser offenbar Linderung oder Heilung. So jedenfalls steht es in der Broschüre „Casteller Wasser“, die Jochen Kramer 2003 verfasste.

    Wissenschaftler fanden nichts Genaues heraus

    Sein Werk gibt allerlei Wissenswertes preis über den idyllischen Winzerort und sein wenig bekanntes Markenzeichen. Doch auch in dem Büchlein gibt das Gründleinsloch sein Geheimnis nicht preis: Wie ist sein Inneres?

    Kramer kann sich an eine Untersuchung der Uni Würzburg in den 1970er Jahren erinnern. Demnach wollten die Forscher damals dem Gründleinsloch auf den Grund gehen. Hineintauchen könne man nicht, so Kramer, das werde schnell zu eng. Also sei die Untersuchung damals schnell zu Ende gewesen: „Man hat nie den Grund gefunden.“

    Die Quelle ist Nährboden für Fantasien

    Welch Nährboden für Fantasien. und gar wundersame Geschichten. So wie die, als einst ein Graf zu Castell ein rauschendes Fest in seinem Schloss gab. Betört von der Musik betraten plötzlich drei bildhübsche Jungfrauen den Saal. Die staunende Gästeschar bezog sie bald in die Tänze ein, und so nahte schnell das Morgengrauen. Den Jungfrauen wurde deshalb bang, sie stürmten Hals über Kopf hinaus, eilten mit ihren wehenden Gewändern hinab zur Quelle und stürzten sich dort ins das klare Wasser. Die Jünglinge des Ortes eilten hinterher, konnten das Schicksal aber nicht mehr abwenden.

    Als sie schließlich in das „Loch ohne Grund“ blickten, kam ihnen aus dem Wasser ein Blutstrom entgegen. Wie gesagt: Wenn der Mensch sich etwas nicht genau erklären kann, dann fängt er für gewöhnlich zu fantasieren an.

    Tipps und Fakten Lage: Das Gründleinsloch erreicht man mit dem Auto auf der Straße von Castell Richtung Greuth. 500 Meter nach dem Ortsende nach links Richtung Sportheim/Parkplatz/Kneippanlage abbiegen. Nach 100 Meter ist rechts ein geschotterter Parkplatz (auch für Wohnmobile), dahinter die Kneippanlage mit Bänken und Liegewiese. Ein Wanderschild am Parkplatz weist den Weg zur 300 Meter entfernten Karstquelle, die man über Trampelpfade erreicht. Wandern: Ein Besuch am Gründleinsloch kann ideal in eine Wanderung eingebettet werden. Der nahe Steigerwald ist dafür ja bekannt, und in und um Castell bieten sich allerlei Möglichkeiten. So führt der zwölf Kilometer lange Rundweg „TraumRunde Castell“ (Gehzeit: vier Stunden) am Gründleinsloch vorbei. Alle Tourdaten (mit GPS-Daten): www.wanderglueck-kitzingerland.de Infos im Rathaus Castell, Tel. (0 93 25) 601-60 www.castell-gemeinde.de aug

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden