Auch wenn sie sich mehr erinnern möchte oder kann: Den 25. Juli 2019 wird eine 66-Jährige nicht vergessen. Innerhalb kurzer Zeit hat die Rentnerin am frühen Nachmittag des "unerträglich heißen Tages" mit ihrem Auto in Geiselwind zunächst einen Lastwagen gerammt. Nach einer Unfallflucht ist sie wenig später in ein Auto gefahren. Der Grund: fast 1,8 Promille Alkohol. Auf der Fahrt zur Blutentnahme kam es zu Beleidigungen. Jetzt holte sie sich die Rechnung am Amtsgericht in Kitzingen ab.
Es kam dick für die Frau, die bisher weder durch Straftaten noch durch Verkehrsvergehen aufgefallen ist: Strafrichterin Patricia Finkenberger verurteilte sie zu fünf Monaten Freiheitsstrafe. Als Ersttäterin erheilt sie Bewährung. Die Auflagen: Die Rentnerin muss 500 Euro zahlen und 80 Stunden gemeinnützige Arbeit verrichten. Die Fahrerlaubnis bleibt weitere 16 Monate weg. Ohne Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) wird sie den Führerschein nicht mehr sehen. Zudem hat die Richterin der Frau fünf Termine bei der Suchtberatung verordnet. Hinzu kommen rund 12 000 Euro an Unfallschäden, die die Frau begleichen muss, sowie die Kosten des Verfahrens.
Richterin glaubt Aussage zum Alkoholkonsum nicht
Das Urteil trifft eine Frau, die sich bis zuletzt auf einen Filmriss berief, ausgelöst durch einen Mix aus Alkohol und Medikamenten. "Ich kann mich an nichts erinnern", sagte sie immer und immer wieder als Beschuldigte, um dann doch einige Details anzugeben. Das Gericht überzeugte die Frau mit dem ganztägigen Gedächtnisverlust nicht. Auch nicht mit ihrer Aussage, dass sie keinen Alkohol trinke, höchstens mal ein Glas Rotwein. Das nahm ihr die Richterin angesichts ihres weitgehend kontrollierten Verhaltens mit fast 1,8 Promille nicht ab. Finkenberger hatte mehrfach versucht, der Frau wenigstens ein Teilgeständnis zu entlocken und Pluspunkte zu sammeln. Die Rentnerin blieb bei ihrer Version.
Filmriss hin oder her, nach mehrere Zeugen war einigermaßen klar, was da passiert ist: Die Frau hatte Streit mit ihrem Verlobten und danach getrunken. Was und wie viel, blieb unklar. Mit fast 1,8 Promille setzte sie sich ins Auto. "Ich wollte zum Friedhof und Blumen gießen", sagte sie. Weit kam sie nicht. Erst fuhr sie einem vorfahrtsberechtigten Laster in die Seite. Nach einigen Minuten, in denen sie "aufgelöst und aufgeregt" den Lasterfahrer als Verursacher anpöbelte, fuhr sie weiter. Sie kam nur um die Ecke. Dort stieß sie gegen ein Auto der Straßenmeisterei. Inzwischen war die Polizei vor Ort. Da die Frau eine deutliche Fahne hatte, musste sie blasen und dann mit zur Blutprobe. Das aber ging nicht ohne Fesseln. Im Polizeiauto gab es Beleidigungen: Das Wort "Streifenhörnchen" soll gefallen sein, aber auch die Ausdrücke "karrieregeile Bullen" und "Spinner".
Verteidigerin spricht von "einmaliger Entgleisung"
Damit hatte sie innerhalb kurzer Zeit drei Straftaten begangen. Fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung, unerlaubtes Entfernen vom Unfallort und Beleidigung. Der Staatsanwalt hatte dafür eine Geldstrafe von 7200 Euro (240 Tagessätze zu 30 Euro) gefordert. Die Verteidigerin sprach von "verminderter Schuldfähigkeit", einer "einmaligen Entgleisung", und hielt 80 Tagessätze für angemessen.
Kein Geständnis, ein hoher Schaden, gleich mehrere Straftaten, eine sehr späte Entschuldigung und renitentes Verhalten bis zum Schluss: Dafür reichte dem Gericht eine Geldstrafe nicht mehr. Es wurden eine Freiheitsstrafe, Bewährung und die Auflagen. Ein Verstoß dagegen und die Frau sitzt hinter Gitter.