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Castell: Ist das Religionsrecht für die religiöse Vielfalt gewappnet?

Castell

Ist das Religionsrecht für die religiöse Vielfalt gewappnet?

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    Prof. Dr. Rochus Leonhard bei einem Vortrag in der St. Johanniskirche Castell.
    Prof. Dr. Rochus Leonhard bei einem Vortrag in der St. Johanniskirche Castell. Foto: Hans Gernert

    Prof. Dr. Rochus Leonhardt von der Universität Leipzig hielt am Reformationstag einen Vortrag in der St. Johanniskirche Castell zum Thema: „Staat ohne Gott? – Zur religiösen Situation in Deutschland“. Im kommenden Jahr wird die Weimarer Verfassung 100 Jahre alt. Aus ihr hätten die Religionsartikel im Artikel 140 des Grundgesetzes überlebt. Laut einer Pressemitteilung fragte Leonhardt, ob dieses Religionsrecht noch zu unserer gegenwärtigen Lage passt und bejahte diese Frage am Ende seines Vortrags. Mit der Reformation sei die Glaubenseinheit irreversibel dahin gewesen.

    Doch der Grundsatz der Glaubenseinheit verschärfte sich demnach noch durch die Entstehung reiner konfessioneller Herrschaftsgebiete. Wahlfreiheit des Glaubens habe nur der Landesherr gehabt. Die Untertanen hätten nur das Recht gehabt, zu emigrieren, wenn ihnen die Konfession nicht passte. Erst 1919, mit dem Ende der Monarchie, habe auch das landesherrliche Kirchenregiment ein Ende gefunden. Staat und Kirche wurden getrennt. Der Staat erlegte sich eine weltanschauliche Neutralität auf und durfte sich nun mit keiner Religion mehr identifizieren. Nur so sei es möglich, dass alle Bürger Religionsfreiheit genießen können. Dieser Freiheitsaspekt sei im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland deutlicher ausgeprägt als in der Weimarer Verfassung. In Artikel 4 Grundgesetz werde die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und der Religion gewährt. Der säkulare Staat strebe nicht nach der Auflösung der Religion, sondern ermögliche die Pluralität (Vielfalt) der religiösen Gemeinschaften. Der Staat stehe den Religionen also nicht distanziert gegenüber, sondern fördere alle.

    Insofern sei das deutsche Religionsrecht für den gegenwärtigen religiösen Pluralismus gewappnet. Doch dieser ausreichende rechtliche Rahmen funktioniere nur, wenn er von allen bejaht und getragen würde. Leonhardt forderte in seinem Vortrag eine Leitkultur der Rechtstreue, die mehr sei als nur Rechtsgehorsam. Den Religionen selbst müsse es ein Anliegen sein, den Pluralismus zu achten, indem auch die anderen Religionen respektiert würden. Umgekehrt müssten der Staat und die Zivilgesellschaft deutlich machen, dass religiöse Intoleranz und religiös begründete Gewalt nicht mit dem staatlichen Religionsrecht vereinbar seien. Diese Aufgabe dürfe nicht den politisch Rechten überlassen werden.

    Den liturgischen Rahmen der Feierstunde gestaltete Dekan Günther Klöss-Schuster und der Bezirksposaunenchor des Dekanats Castell. Unter Leitung von Hermann Link füllte dieser den Kirchenraum mit festlichen Klängen. Anschließend waren die Gäste zu einem Empfang im Gemeindehaus eingeladen.

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