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MAINBERNHEIM: Kirchenglocken begrüßten den letzten Kriegsheimkehrer

MAINBERNHEIM

Kirchenglocken begrüßten den letzten Kriegsheimkehrer

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    Einweihung des Mahnmals  am Parkgelände an der B 8: Am Rednerpult steht Kreisvorsitzender Rolf Troll, rechts im Hintergrund ist der erste Vorsitzende des VdH Mainbernheim, Ernst Zehner, zu sehen.
    Einweihung des Mahnmals am Parkgelände an der B 8: Am Rednerpult steht Kreisvorsitzender Rolf Troll, rechts im Hintergrund ist der erste Vorsitzende des VdH Mainbernheim, Ernst Zehner, zu sehen. Foto: Archivfoto: Kurt Krauß

    Ein schlichter Muschelkalkstein steht neben dem mächtigen Kriegerdenkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs im Umfeld der evangelischen Stadtpfarrkirche in Mainbernheim. In diesen Gedenkstein ist die Inschrift „Wir mahnen“ und ein Stück stilisierten Stacheldrahts eingemeißelt. Er erinnert an die Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkriegs.

    Besonders die in den Straflagern der Sowjetunion Gefangenen hatten hinter dem Ural in Sibirien unter unsäglichen Bedingungen Schwerstarbeit zu leisten. Nach den Angaben der Internetforen waren circa drei Millionen deutsche und österreichische Soldaten zwischen den Jahren 1941 und 1945 in die Hände der Sowjetunion gefallen. Circa zwei Millionen von ihnen sahen die Heimat wieder, die letzten im Jahre 1955, nachdem Bundeskanzler Konrad Adenauer nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Sowjetunion die Ausreise der letzten 10 000 deutschen Kriegsgefangenen ausgehandelt hatte.

    Dass dieses Mahnmal von dem Ortsverein Mainbernheim des Verbandes der Heimkehrer (VdH), der sich die Hilfe der Eingliederung der Kriegsgefangenen und das Eintreten für Frieden und Freiheit zur Aufgabe gemacht hatte, unter dem ersten Vorsitzenden Ernst Zehner, der Mithilfe des Kreisvorsitzenden Rolf Troll, Marktbreit, und der Stadt Mainbernheim im Jahre 1962 errichtet wurde, ist besonders mit dem Schicksal des in Sibirien gefangengehaltenen Josef Brendel verbunden. Er stammte aus Düsseldorf und leistete in Erlangen seinen zweijährigen Wehrdienst ab. Dort lernte er seine spätere Ehefrau, die Mainbernheimerin Berta, geborene Schlossnagel, die dort in einem Haushalt angestellt war, kennen. Unmittelbar nach Ableistung des Wehrdienstes wurde der Artillerist Brendel eingezogen. Er erlebte den Zweiten Weltkrieg an verschiedenen Fronten. Im Osten geriet er in russische Gefangenschaft. Lange wusste seine Frau nichts über das Schicksal ihres Gatten. Erst im Jahre 1948 erreichte sie durch die Vermittlung des Roten Kreuzes die Nachricht, dass ihr Mann noch am Leben war.

    Nach dem Tod Josef Stalins (18. Dezember 1878 – 5. März 1953) keimte unter den „Pleni“ – so die Bezeichnung der Kriegsgefangenen in Russland – die Hoffnung auf baldige Rückkehr in die Heimat. Doch diese Hoffnung trog. Aber doch öffneten sich 1953 noch sich für einen Teil der Kriegsgefangenen, auch für Josef Brendel, das Tor zur Freiheit. Nach wochenlanger Zugfahrt in Viehwaggons durch die Weiten Russlands erreichten die Männer in Frankfurt an der Oder deutschen Boden. Nur wenige ließen sich in die Deutsche Demokratische Republik entlassen. Erst als er den Grenzübergang Herleshausen zur Bundesrepublik Deutschland hinter sich gelassen hatte, fühlte sich Brendel zu Hause.

    Seine Familie, die in Mainbernheim ansässig war, wurde von der Ankunft des Gatten und Vaters im Übergangslager Friedland benachrichtigt. Am 10. Oktober 1953 könne er in Würzburg in Empfang genommen werden. Ein Auto brachte das glücklich vereinte Paar nach Mainbernheim. In den Abendstunden dieses denkwürdigen Tages wurde der Spätheimkehrer Brendel unter dem Läuten der Kirchenglocken in einem Fackelzug vor das Wohnhaus in der Berggasse geleitet. Die bewegende Begrüßungszeremonie wurde vom Posaunenchor musikalisch umrahmt. Bürgermeister Gustav Stahlschmidt und Landrat Oskar Schad hießen Brendel offiziell willkommen. Die Mainbernheimer füllten die Berggasse bis hinunter zum Vierröhrenbrunnen. Nur eine kurze Spanne Lebens war dem Spätheimkehrer in der Heimat gegeben. Am 22. Juli 1964 ist er gestorben.

    Die Witwe pflegte das Mahnmal, zuerst einmal von einer Rosenrabatte umgeben auf einem Parkgelände an der Bundesstraße 8 aufgestellt, bis sie im Altenpflegezentrum Iphofen Aufnahme fand.

    Der Ortsverband der Heimkehrer löste sich nach dem Tode der Mitglieder auf. Kurt Kraus ist der letzte noch lebende Mainbernheimer Heimkehrer.

    „Den Lebenden zur Mahnung, den Kommenden zum Vorbild, den Toten zum Gedächtnis.“

    Inschrift auf dem Nordheimer Kriegerdenkmal

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