Zum Pro und Contra-Artikel zur Schließung des Städtischen Museums vom 10. Juli erreichte die Redaktion folgende Zuschrift:
Sehr geehrter Herr Lenz,
als ich vor einigen Jahren einen Städtetrip nach London unternahm, besuchte ich auch das "Museum of London", das die Entwicklungsgeschichte der Stadt beschreibt, vom Siedlungsbeginn bis zur Gegenwart. Ein "Heimatmuseum" also, nur nicht das einer Kleinstadt, sondern das einer Metropole.
Besonders beeindruckt haben mich das Modell, an dem das große Feuer von 1666 dargestellt wurde (sein Ausgang, sein Fortgang über Tage hinweg etc.) und ein Schatz aus der Tudorzeit, der im Keller eines Hauses vergraben worden war und Jahrhunderte später bei Umbauarbeiten wiederentdeckt wurde.
Es ist wohl wahr, dass sich die Geschichte, welcher Stadt oder Gegend auch immer, nicht in ein paar Quadratmeter pressen lässt, wohl aber ihre Quintessenz und einige Gegenstände, die diese repräsentieren – siehe Paul-Eber Bibel in Kitzingen. Auch Alltagsgegenstände können diesen Zweck wunderbar erfüllen.
Doch zurück nach London: Ich konnte die Veränderungen, die das große Feuer in London verursacht hatte, nach dem Museumsbesuch mit ganz anderen Augen erkennen als ohne diese Information. Ich erlebte Geschichte danach wesentlich intensiver, so als ich St. Paul's Cathedral oder Westminster Abbey besuchte.
Bemerkenswert ist auch, dass der Eintritt in dieses Museum, sowie in alle öffentlichen Museen, außer den Sonderausstellungen frei war. Man lässt sich die Präsentation der Vergangenheit, auf die man stolz ist, gerne etwas kosten und zeigt sie allen, die sich dafür interessieren, ohne Geld zu verlangen.
Es stimmt natürlich auch, dass die Art und Weise, wie die Exponate präsentiert werden, der ständigen Veränderung unterliegen. Interaktionsmöglichkeiten für Groß und Klein waren in dem Museumskonzept, das nie im Stadtrat diskutiert wurde, durchaus enthalten.
Auch fanden in den Jahren seit 2007 immer wieder Ausstellungen statt, die ihren "Teaser" hatten. Nie werde ich die alchemistischen Versuche unter freiem Himmel zur Glauberausstellung vergessen. Oder ist es wirklich öde, dass die Anfänge der Embryonalforschung in Sickershausen stattfanden? Ich selbst war einmal von einem äußerst eleganten Fächer fasziniert und gleichzeitig verwundert, dass derartige Luxusgegenstände in Kitzingen benutzt worden sind.
Ein Stadtmuseum kann durchaus unterhaltsam sein und dadurch Menschen anziehen. Das kann und darf es aber nicht durchgängig sein, denn es zeigt den "Lebenslauf" einer Stadt und der ist nun einmal nicht durchgängig unterhaltsam.
Die Blendung der Kitzinger Bürger im Leidenhof, die Deportation der Juden in der Nazizeit, der Luftangriff auf Kitzingen waren menschengemachte Katastrophen, sie können nie unterhaltsam sein, sondern nur Lehrstück und Verpflichtung für die nachfolgenden Generationen. Das ist der Hauptzweck eines Museums.
Elvira Kahnt
97318 Kitzingen