Ein solcher Auftrag landet auch nicht jeden Tag auf dem Schreibtisch von Stefan Möhringer, geschäftsführender Gesellschafter der gleichnamigen Firma für Anlagenbau in Wiesentheid: der Bau von Europas größtem Sägewerk für unbesäumtes Qualitätsholz aus der Buche, und zwar schlüsselfertig.
Auftraggeber ist die Firma Cedar ltd., Vrbovsko, Kroatien, und wenn im Frühjahr 2019 die Schlüssel übergeben sind, haben Möhringer und seine 120 Mitarbeiter ein Sägewerk für eine Einschnittkapazität von etwa 200 000 Kubikmeter pro Jahr erschaffen.
Spezialist für Laubholz
Als Generalunternehmer liefert Möhringer den zum Sägewerk gehörenden Rundholzplatz mit Langholzaufgabe, Vermessung, Kappung und Sortierung der Stammabschnitte direkt mit. Das gesamte Auftragsvolumen liegt im unteren zweistelligen Millionenbereich.
Im neuen Sägewerk kommt eine Kombination aus mehreren Blockbandsägen, Horizontalbandsägen und Trennbandsägen zum Einsatz. Die Stapelung der unbesäumten Ware übernehmen die Stapelroboter aus dem Hause Möhringer. Unbesäumt bedeutet, dass die aufgeschnittenen Bretter und Bohlen noch die unregelmäßige Baumkante des Stammes aufweisen. Die gesamte Anlage arbeitet hochautomatisiert und wird mit modernen Scannern zur automatischen Qualitätsbeurteilung ausgerüstet.
Möhringer hat in den vergangenen zehn Jahren Automatisierungslösungen speziell für die Laubholzindustrie entwickelt und bietet Komplettlösungen vom Einschnitt, also der Anlieferung der gefällten Baumstämme, bis hin zum fertigen Paket. „Wir sind stolz, dass wir aus dem internationalen Bieterkreis als Lieferant ausgewählt wurden“, sagt Stefan Möhringer. „Wir haben in den vergangenen Jahren intensiv an zahlreichen Innovationen speziell für Laubholz gearbeitet, und das zahlt sich nun aus.“
Der Standort Vrbovsko in Kroatien liegt zwischen Zagreb und Rijeka im Mittelgebirge mit großen Laubholzvorkommen, insbesondere Buche. Dank eines eigenen Bahnanschlusses werden die Container vom Werk direkt auf Züge verladen und gelangen von dort aus schnell und umweltfreundlich zum Verladehafen. Laubholz aus Kroatien ist wegen seiner gleichmäßigen hellen Farbe in der ganzen Welt gefragt, unter anderem in Ägypten, Dubai, China, Vietnam und Indien.
Industrie 4.0
Im neuen Sägewerk wird Industrie 4.0 mit Großbuchstaben geschrieben. Bereits das Rundholz wird vom Computer dreidimensional vermessen und abhängig von Länge und Krümmung sowohl in optimale Längenabschnitte gekappt als auch nach Durchmesser, Länge und Qualität sortiert. Nach dem Einschnitt von drei Blockbandsägen durchläuft jedes einzelne Brett mehrere Qualitäts-Scanner, die Länge, Breite, Dicke und Nutzfläche sowie die Qualitätsgüte nach international üblichen Kriterien vollautomatisch erfassen. Jedes Brett erhält seine individuelle Kennung und wird zum passenden Brettstapel gesendet.
Anspruchsvolle Arbeitsplätze
Sieben Stapelroboter verteilen die Bretter auf 42 unterschiedliche Stapelplätze. Am Ende wird für jedes fertige Paket ein Protokoll erzeugt mit allen Daten für jedes einzelne Brett. So hat der Kunde jederzeit den Überblick über seinen Produktionsstand. „Schwere Handarbeit ist auch in Sägewerken längst Vergangenheit“, sagt Stefan Möhringer, „hier sind es nur ganz wenige, anspruchsvolle Bedienplätze, die den gesamten Fertigungsprozess steuern und überwachen.“
Faszinierende Herausforderung
Für die Mannschaft bei Möhringer ist dieses Projekt eine „faszinierende Herausforderung, etwas Einmaliges zu schaffen“, ist Stefan Möhringer sichtlich stolz. Projektleiter, Konstrukteure, Softwaretechniker und Mechaniker arbeiten Hand in Hand, damit die technischen Prozesse beherrscht und der Zeit- und Kostenplan eingehalten werden kann. Zahlreiche Zulieferer, die Absaugung, Schärfmaschinen und Werkzeuge liefern, müssen ebenfalls koordiniert werden, wenn im Oktober mit dem Bau begonnen wird.
Steckbrief Möhringer: Simon Möhringer Anlagenbau GmbH in Wiesentheid mit Werken in Wiesentheid und Feuerbach und einer Niederlassung in Moskau. 1885 gegründet, in vierter Generation geführt durch den geschäftsführenden Gesellschafter Ing. Stefan Möhringer. Beschäftigt sind 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; Produktprogramm: Holzverarbeitungsmaschinen, Automatisierung; Absatzmärkte: weltweit, 80 Prozent Exportquote; Eigene Ausbildung: Industriemechaniker, Mechatroniker, Produktdesigner, Industriekaufmann.