Es ist unfassbar, womit Polizisten manchmal konfrontiert werden. Eine dieser unglaublichen Szenen trug sich Mitte Dezember 2012 in Kitzingen zu. Ein polizeibekannter Mann sorgt mal wieder für Ärger. In einem Supermarkt will der 56-Jährige gegen 20 Uhr eine Flasche Schnaps mitgehen lassen. Er wird erwischt und flippt daraufhin völlig aus: Mit 2,1 Promille im Blut zieht er sich an der Kasse komplett aus und krakelt herum. Auch von der herbeigerufenen Polizei kann der Nackte kaum beruhigt werden.
Das Ende vom Lied: Der Störenfried landet in der Arrestzelle. Dort zieht er sich erneut aus, verstopft das Klo mit seinen Klamotten und sorgt für eine veritable Überschwemmung der Zelle. Und weil das noch nicht reichte, verunzierte der durchgeknallte Mann auch noch die Wände mit seinen Exkrementen. Der angerichtete Schaden liegt bei knapp 250 Euro.
Zur Rechenschaft gezogen wird der 56-Jährige, dem schon vor geraumer Zeit eine Persönlichkeits- sowie Impulskontrollstörung attestiert wurde, dafür zunächst nicht. Was an einer Art Flucht liegt: Der Mann wandert nach England aus, weil es dorthin seine getrennt von ihm lebende Frau mit dem gemeinsamen Kind verschlagen hat. An seiner Lebensführung ändert sich auch im Ausland nichts: Der Mann lebt auf der Straße, schlägt sich mehr schlecht als recht irgendwie durch. Er selber spricht von „Turbulenzen“ auf der Insel, will aber nicht – wie in Deutschland – strafrechtlich in Erscheinung getreten sein.
Gut zwei Jahre später. Der Auswanderer hat von England die Nase voll, es zieht ihn zurück in seine Heimatstadt. An der Grenze wartet eine böse Überraschung: Ende September wird der 56-Jährige bei der Einreise aus einem Bus geholt und festgenommen – wegen des Schnaps-Diebstahls und der Aktion in der Kitzinger Polizeiinspektion liegt ein Haftbefehl vor.
Direkt aus dem Gefängnis geht's nun vor den Kitzinger Strafrichter Bernhard Böhm. Der Angeklagte zeigt sich geständig. Als Grund für die Ausraster gibt er private Probleme an. Vor allem die Trennung von seinem Sohn warfen den Mann endgültig aus der Bahn. Er sei damals „praktisch nicht mehr nüchtern“ gewesen, erzählt er dem Gericht.
„Wenn ihm Dinge nicht passen, wird er auffällig.“
Die Staatsanwaltschaft über den Angeklagten
Der Mann, der schon einige Generationen von Strafrichtern kennenlernen durfte und es seit 1998 auf 17 Vorstrafen bringt, war bisher – auf fast wundersame Weise – immer wieder um Gefängnisstrafen herumgekommen. Auch für seine Aktion im Dezember 2012 wäre eigentlich Knast fällig gewesen: Der Arbeitslose stand bei seinem Nacktauftritt unter Bewährung, weil er ein paar Monate zuvor in einem Kreditinstitut gewütet hatte, nachdem sein Versuch gescheitert war, am Automaten Geld abzuheben.
Dass er nun – über den Umweg des Haftbefehls – erstmals länger hinter Gittern saß, scheint ihm bekommen zu sein: „Seit fünf Wochen“, so seine Aussage, sei er ohne Alkohol. Er wolle in Kitzingen „neu anfangen“. Die Staatsanwaltschaft glaubt ihm kein Wort: „Wenn ihm Dinge nicht passen, wird er auffällig“, so die Einschätzung. Der 56-Jährige, so das Plädoyer, soll fünf Monate hinter Gitter.
Während der Angeklagte ausführt, dass England wegen des legendären Weißbrotes „Strafe genug“ für ihn gewesen sei, startet Strafrichter Bernhard Böhm einen letzten Bewährungsversuch: Es setzt drei Monate Haft, die zu drei Jahren Bewährung ausgesetzt werden. Allerdings mit strengen Auflagen: Der 56-Jährige muss den angerichteten Schaden begleichen und 100 Sozialstunden leisten. Zudem hat er – was das größere Problem sein dürfte – jeglichen Alkoholkonsum zu unterlassen.